Wie im Vorjahr hat die Borussia am 21. Spieltag ein Heimspiel gegen RB Leipzig verloren. Unterbrach die damalige Niederlage nur kurz die “Honeymoon Period” zwischen Borussia und Dieter Hecking als man sich anschickte die Liga von hinten aufzurollen und auch in zwei Pokalwettbewerben für Furore zu sorgen (was dann – wie bei Flitterwochen üblich - leider irgendwann im Sande verlief), so ist sie dieses Mal eher Grund für ein gewisse Tristesse, da es nun schon das dritte verlorene Spiel im Jahr 2018 ist und bedeutet, dass die Borussia mit nur 7 Punkten aus den letzten 8 Bundesligaspielen weiter auf der Stelle tritt. Nachdem man vor einer Woche mit einem Sieg in Frankfurt zumindest zwischenzeitlich noch Tabellenzweiter hätte werden können, sieht man sich nun auf einem ziemlich unerotischem 8. Platz wieder.

Dieser Tabellenplatz allein sollte angesichts des elendigen Schneckenrennens um internationale Plätze nun nicht sofort Panik verursachen; auch jetzt sind des immer noch nur 4 Punkte Rückstand auf Platz 2. Sorge macht eher die Tendenz seit dem Sieg gegen Bayern mit nur 2 Siegen aus 9 Pflichtspielen. Auch wenn Hans Meyer medial eine Krise strikt leugnet, so wird man zumindest ein kleines Tief beim 15. der Rückrundentabelle attestieren dürfen.

Auf diesen Seiten der Wahl wurde zum Teil leicht obsessiv in den letzten Wochen der Mannschaft ein Mangel an männlichen Geschlechtsteilen unterstellt. Im Leipzig-Spiel konnte man sich über die Testosteron-Werte der Spieler nicht beschweren, eine Zweikampfquote von 61% zu 39%  ist  bemerkenswert und zeigt, dass das Team durchaus Willenskraft besitzt.

Und wenn wir schon mal mit den positiven Aspekten beginnen, so muss die gute Leistung von Tobias Sippel im Tor gewürdigt werden. Ohne ihn hätte Borussia am Samstag sehr gut auch mal wieder eine Klatsche kassieren können. Sollte sich Yannik Somers Genesung noch hinziehen, könnte hier durchaus ein brisante Konkurrenzsituation entstehen.

Wenden wir uns aber nun zu den Problemen des VFL hin. Eines davon saβ am Samstagabend auf der Tribüne des Borussiaparks und heisst Raffael. Viel wurde zu Saisonbeginn darüber diskutiert wie wichtig der Maestro überhaupt noch wäre. Das 3:1 in Hoffenheim war eines der besten Saisonspiele überhaupt und fand ohne den Brasilianer statt, und abgesehen vom gelegentlichen Doppelpack schien er nicht mehr so viel zum Gladbacher Spiel beizutragen wie dereinst im Mai oder im September oder sonstwelchem Monat, in dem Fuβball gespielt wird. Spätestens seit dem Derby in Köln ist aber klar, dass auch ein Raffael im Herbst seiner Karriere genau der Spieler ist, der den Unterschied zwischen passabel und gut machen kann. Längerfrisitg muss man in Mönchengladbach Wege entwickeln, sich von Raffael und seinen sich häufenden Wehwehchen unabhänig zu machen. An einem guten Tag können Hazard, Cuisance oder Grifo das hinbekommen aber auf Dauer ist der grosse alte Mann bislang nicht wirklich ersetzbar. Gerade gegen RB wurde seine Ballsicherheit und auch Torgefährlichkeit schmerzlich vermisst.

Man darf auch nicht vergessen , dass ausser Raffael auch solche Spieler wie Johnson, Traore, Wendt, Strobl usw fehlen. Seit Monaten sieht die erste Elf Gladbachs auf dem Paper immer ziemlich stark aus, aber man vergisst, dass dahinter oft wenig kommt. Und Borussia ist nun mal ein Verein der Spieler anzieht, die auf ihrem bestem Niveau auch bei lukrativeren Vereinen unterkommen könnten, aber nicht gut genug sind dieses Niveau dauerhaft zu zeigen. Hat man genug dieser Spieler, so macht das immer noch eine starke Mannschaft. In vergangenen Jahren lösten sich gute Phasen von Johnson, Traore, Hofmann, Hermann oder vorher auch Hahn gegenseitig ab, aber in letzter Zeit ist man froh, wenn nur irgendwer von denen fit ist.

Was gegen Leizpig aber am meisten vermisst wurde, ist Selbstvertrauen. Bei allem Engagement wirkten die Gäste zu jeder Zeit griffiger, wacher und positiver. Zwar mag man die Grosszahl an Zweikämpfen gewonnen zu haben aber nur selten resultierte solch ein gewonnener Zweikampf auch in anschließendem  Ballbesitz, sondern meist wurde der Angriff des Gegners nur kurzfristig gestört. Symbolisch für den Mangel an Mut waren diverse Szenen in denen Grifo sich in Schussposition hätte bringen können, aber die Aktion lieber abbrach um noch einmal nach hinten zu spielen oder auch eine Situation in der zweiten Halbzeit als Kramer im Mittelfeld von mehreren Leipzigern so bedrängt wurde, dass die einzig sinnvolle Lösung gewesen wäre den Ball nach vorn zu treiben und man dem Weltmeister förmlich die Verzweiflung darüber anmerkte, dass das Standardprogramm “Ball zurück zum Torwart” nicht abrufbar war. Auch die Art und Weise wie die zahlreichen Grosschancen in der zweiten Halbzeit vergeben wurden, offenbarte, dass die Mannschaft zur Zeit leicht gehemmt scheint.

Phasen wie diese haben die meisten Teams während einer Saison einmal und die Devise “Ruhe bewahren” ist in solchen Situationen typischerweise ratsam. In Borussias Fall fällt das einigen Anhängern allerdings schwer, da ihnen auch im ersten Saisondrittel, als der VFL noch gut punktete, die Spielweise der Mannschaft schon nicht behagte. Für eine akute Trainerdiskussion – wie von manchen Wutbürgern in sozialen Netzwerken gefordert – gibt es noch keinen Anlass. Sollte man allerdings zu Saisonende im Rennen um internationale Plätze von Mannschaften wie Frankfurt oder Augsburg geschlagen worden sein, so muss man das gesamte momentane Konstrukt der Borussia überdenken.