union berlin neuWie oft und wie lange noch wollen uns „Mannschaft“ und Trainer eigentlich diese grausamen Vorstellungen gegen überschaubar begabte Gegner anbieten?!

Was gestern in Hannover passiert ist, ist der Tiefpunkt der Entwicklung des vergangenen Jahres. Es ist ein vorhersehbarer Tiefpunkt, obgleich man ja schon nach dem 0:6 gegen Freiburg gedacht hatte, dass es keinen tieferen Tiefpunkt mehr geben könne. Offensichtlich hat jedoch die Horrorserie vor dem Jahreswechsel nicht ausgereicht, um einigen der Protagonisten, die derzeit im Namen von Borussia Mönchengladbach auftreten, die Augen zu öffnen und den Ernst der Lage zu signalisieren.

1:4 gegen Köln. 0:6 gegen Freiburg, 1:4 gegen Fuschl am See, 2:3 gegen Frankfurt, 1:1 gegen Hoffenheim, 1:2 gegen Leverkusen, 2:3 gegen Viktoria Köln, 0:3 gegen Hannover. Das Ganze unterbrochen nur von einem Sieg gegen Bayern auf der letzten Rille, der auch noch ziemlich glücklich war. Diese Ergebnisse sind der Stoff, aus dem man Absteiger macht, so klar muss man das sagen. Und diese Botschaft müsste allmählich sowohl in der Mannschaft als auch bei den Verantwortlichen im Verein ankommen.

Hier geht im Moment viel mehr schief als die Frage, ob der Kader besser für eine Viererkette oder eine Dreierkette geeignet ist. Mannschaft, Trainer und Verein scheinen deutlich grundsätzlichere Probleme zu haben, Probleme, die man in einem bis Februar 2020 als gut geführt geltendem Verein wie Borussia Mönchengladbach eigentlich überwunden glaubte.

Wie bekommt man das in den Griff?

Bezogen auf die Mannschaft scheint es an der Zeit, einen deutlichen Strich zu ziehen. Spieler wie Zakaria, Thuram und Plea, die im Grunde offensiv zur Schau stellen, dass sie mit Borussia Mönchengladbach abgeschlossen haben und deren Leistungen gemessen an dem vorhandenen Potential einfach nur beschämend sind, haben in der derzeitigen Situation weder auf dem Platz noch im Kader etwas zu suchen. Ich nehme bei dieser Aufzählung bewusst Matthias Ginter aus, der zwar den Verein ebenfalls spätestens im Sommer verlassen wird, dem man aber auf keinen Fall mangelnden Einsatz vorwerfen kann und dem zuzutrauen ist, dass er sowohl als Spieler als auch als Charakter – so er denn länger als bis Ende Januar bleibt – der Mannschaft noch helfen kann. Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass es eine Gladbacher Mannschaft ohne die Genannten, jedoch mit Lainer, Jantschke und Kramer war, die den Sieg gegen Bayern München erkämpfte. Eben weil in diesem Spiel bei 11 Spielern (plus den Eingewechselten mit Ausnahme von Thuram) der Einsatz stimmte.

Bezogen auf den Trainer ist es an der Zeit, dass ein Konzept erkennbar wird, nach dem Adi Hütter Fußball spielen lassen will. Das, was sich im Moment auf dem Platz abspielt, erinnert an die Endzeit von Michael Frontzeck und André Schubert, also an Zeiten, in denen jegliche taktische Struktur verloren ging, in denen man den Spielern anmerkte, dass keine Automatismen existierten, keine abgestimmten Laufwege, keine vorbereiteten Lösungen für vorhersehbare Probleme. Wie schnell es möglich ist, mit einem Konzept und darauf abgestimmter Trainingsarbeit Ordnung in das Auftreten einer davor vogelwilden und im Grunde genommen abgeschriebenen Mannschaft zu bringen, hat Favre seinerzeit bei seinem Amtsantritt bewiesen. Zeit, dass Adi Hütter es ihm gleichtut.

Bezogen auf den Verein sollte ab sofort gelten, dass jegliche Nebengeräusche auszublenden sind. Themen wie die Beschäftigung der neuen Partnerin des Sportdirektors dürfen ebenso wenig passieren wie merkwürdige Auftritte auf Pressekonferenzen, die von der Körpersprache und der Art der Beantwortung von Fragen her an die Endzeit des derzeitigen Dortmunder Erfolgstrainers in Gladbach erinnern. Im Grunde sollten sich ab sofort alle ausschließlich darauf konzentrieren, dass die erfolgreichen 11 Jahre von Borussia Mönchengladbach nicht mit einem Abstieg enden.

Beginnen sollte man damit gegen Union Berlin. Union Berlin ist gewissermaßen das (momentane) Gegenteil von Borussia Mönchengladbach. Ein Verein, der weiß, wo er herkommt und der sich seiner Möglichkeiten (oder deren Grenzen) in wohltuender Weise bewusst ist. Ein Verein, für den momentan eine Mannschaft aufläuft, die diesen Namen wie wahrschenlich keine andere (vielleicht mit Ausnahme des SC Freiburg) im besten Sinne verdient. Eine Mannschaft, bei der jeder auf dem Platz weiß, was er zu tun hat und die mit Max Kruse einen zwar nicht mehr ganz austrainierten, aber dennoch extrem wertvollen Fußballer der Extraklasse in ihren Reihen hat. Eine Mannschaft, die genau deshalb steht wo sie steht und das verdient.

Und eine Mannschaft, die Borussia Mönchengladbach einmal mehr die derzeitige Misere vor Augen führen wird, wenn sich nicht schnellstens etwas ändert!

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Das Elend geht weiter. Alle Appelle helfen nichts. Das Team trudelt willenlos vor sich hin und ist auch gegen Union Berlin chancenlos. 0:3 – und Marvin Friedrich fragt sich, ob das so eine gute Idee war, nach Gladbach zu wechseln.

Michael Heinen: Nach dem Pokal ist die Verunsicherung wieder voll da. Ein engagierter Gegner wie Union dürfte dies gnadenlos ausnutzen. Durch die 1:4-Heimniederlage stehen Borussia unruhige Wochen bevor.

Christian Spoo: Union Berlin hat alles, was Borussia fehlt. Und gewinnt deswegen ungefährdet mit 4:0.