kramerAngesichts der vorherigen 4 Niederlagen in Folge und der damit verbundenen Flut an Gegentoren hätten vermutlich viele Fans von Borussia Mönchengladbach und evtl. auch die Protagonisten selbst vor dem Spiel ein 1:1-Unentschieden in Hoffenheim als ein vielleicht nicht begeisterndes, aber doch irgendwie zufriedenstellendes Ergebnis angesehen, als versöhnlichen Abschluss einer ziemlich verkorksten Halbserie.

Nach dem Spiel, insbesondere angesichts des in der Nachspielzeit eingefangenen Ausgleichs, fühlt sich das Ergebnis natürlich anders an, eher als Niederlage. Und dennoch stimmt diese These vom versöhnlichen Abschluss einer ziemlich verkorksten Halbserie irgendwie.

Zugegeben, es war über weite Strecken nicht schön, was die Gladbacher Mannschaft in Sinsheim anbot. Zugegeben, man musste sich schon in der ersten Halbzeit sehr beim insbesondere in der Anfangsphase stark haltenden Sommer dafür bedanken, dass nicht erneut ein früher Rückstand passierte. Zugegeben, man musste in der ersten Halbzeit bei jedem Hoffenheimer Spielzug über die linke Abwehrseite der Gladbacher die Luft anhalten, weil dort die Abstände einfach zu groß waren und weil Netz immer zwei Gegenspieler hatte. Zugegeben, die gefühlt 30 Hoffenheimer Ecken vor allem in der zweiten Halbzeit zeigen deutlich, wer in diesem Spiel überlegen war, sie zeigen, dass es den Gladbachern in der zweiten Hälfte des Spiels fast gar nicht mehr gelang, den Ball irgendwie kontrolliert vom eigenen Tor wegzuhalten. Vermutlich war es das, was Christoph Kramer nach dem Spiel meinte, als er der eigenen Mannschaft absprach, Fußball gespielt zu haben. Und ja, am Ende wird es wohl niemanden („im Stadion“ hätte ich beinahe geschrieben, aber das war ja leer) gegeben haben, der den Hoffenheimer Ausgleich für unverdient hielt.  Wer also das Glas halbleer sehen möchte (oder leerer als halbleer), sieht in dem Spiel vom Samstag die nahtlose Fortsetzung des Niedergangs, lediglich mit einem etwas erträglicheren Ergebnis.  

seitenwahl 20211016 AJ7X5370Und doch empfinde ich die Kramersche Selbstkritik zwar wohltuend inmitten der üblichen Schönrednerei, aber andererseits auch fast schon überzogen. Denn waren noch ein paar andere Aspekte. Zuerst einmal: Zwar nicht gewonnen, aber eben auch nicht verloren. Nach so einer Horrorserie ist ein Punkt bei einem Champions-League-Kandidaten schon mal was wert. Darüber hinaus: Im gesamten Spiel waren – anders als in den letzen vier Partien – keinerlei gravierende Aussetzer zu beobachten, insbesondere nicht in der arg gebeutelten Defensive. Gefallen hat, dass mit der Rückkehr von Kramer und Stindl, ab der zweiten Halbzeit gilt das auch für Lainer (der am Anfang ein wenig Anlauf brauchte, um reinzukommen), deutlich mehr Struktur auf dem Platz zu sehen war als in den letzten Wochen. Signifikant war das vor allem im Aufbauspiel bei eigenem Ballbesitz. Wo noch in den letzten Spielen die hintere Reihe – meistens Ginter, Zakaria und Bensebaini – sich mangels Anspielstationen mit Sommer hilflos die Bälle hin- und herschieben musste, bis der Gegner ins Pressing ging, gab es in Hoffenheim zwei Anspielstationen mehr, weil Kramer und Stindl bereit waren die Wege zu machen, um sich den Ball hinten abzuholen. Deutlich auch, dass mit diesen beiden Spielern mehr der Ball läuft als mit dem Ball gelaufen wird.  Zuguterletzt hat sich das Team jedenfalls in einigen Phasen des Spiels auch wieder mal Chancen erarbeitet und eine von denen sogar verwertet.

Diese letzten Aspekte sowie die zu erwartende Rückkehr einiger derzeit verletzter oder erkrankter Spiele machen Mut für die Rückrunde. Dass es zum Auftakt gegen ein Team mit Gladbach-Trauma geht, muss kein Nachteil sein.