hoffenheim neuNach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt sahen einige Protagonisten auf Gladbacher Seite trotz der vierten Niederlage in Serie mit 4:17 Toren ermutigende Zeichen und Schritte in die richtige Richtung. Natürlich gehört das in gewisser Weise zur Stellenbeschreibung von Trainern, Sportdirektoren und Kommunikationsprofis wie Christoph Kramer, selbst in der demütigendsten Niederlage noch positive Aspekte zu finden, um die Situation nicht von vornherein aussichtslos erscheinen lassen zu müssen. Dennoch sind diese Statements irgendwie seltsam: Entweder ist man in Mönchengladbach tatsächlich neuerdings sehr bescheiden geworden in seinen Ansprüchen und empfindet eine 2:3-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt als das momentan optimal Erreichbare.  Oder man lebt in einer anderen Realität als ein Betrachter von außerhalb.

Zugegeben, die erste Halbzeit gegen Frankfurt war zwar nicht schön anzusehen, aber ordentlich. Man konnte das Bestreben erkennen, über eine stabile Defensive und geordnetes Auftreten Sicherheit zu gewinnen. Über eine schöne Kombination gelang sogar eine Führung. Dennoch war auch in der ersten Halbzeit klar erkennbar, wie fragil das Gebilde momentan ist.  Deutlich wird das z.B. daran, dass der am häufigsten ausgeführte Spielzug ein Hin- und Herschieben des Balles zwischen Sommer, Ginter, Bensebaini und Zakaria vor dem eigenen Strafraum war, gefolgt entweder von einem meist langem Ball auf die Flügel oder von Läufen mit Ball am Fuß ins dichtgestaffelte Mittelfeld der Frankfurter, die - Ausnahme Koné vor dem Führungstreffer - meist mit Ballverlusten endeten. Spielerisch war das gar nichts und auch wenn die Frankfurter in den ersten 40 Minuten der Partie keinen guten Zugriff hatten war auch da schon klar: Würden sie Zugriff gewinnen, ist es eine Frage der Zeit, bis das schiefgeht. Und sie gewannen Zugriff, begünstigt durch ein Lucio-Gedächtnis-Solo von Denis Zakaria, der der Eintracht kurz vor der Halbzeit den Ausgleich auf dem Silbertablett servierte.  

Zugegeben, in der letzten Phase des Spiels, ungefähr ab der Einwechslung von Kramer und  Thuram, lieferte das Team eine kämpferisch starke Leistung ab, konnte man wohl keinem absprechen, es versucht zu haben. Dass der Ausgleich nicht mehr gelang, lag aber anders als von manchem suggeriert nicht daran, dass Trapp im Frankfurter Tor so sensationell gehalten hätte. Ja, Trapp hat gut gehalten, bekam aber auch keinen Unhaltbaren auf sein Tor, sondern in erster Linie Bälle, die ein Bundesligatorwart der gehobenen Kategorie eben hält. Dass der Ausgleich nicht mehr gelang lag vielmehr daran, dass der Mannschaft die spielerischen Mittel fehlten, um aus der Überzahl Kapital zu schlagen. Bezeichnend (auch für gewisse Unwuchten in der Kaderzusammenstellung), dass nach der Auswechslung von Benes und nachdem Netz Krämpfe hatte, Patrick Herrmann ALLE Standards schießen darf bzw. eher muss, was nun wirklich nicht zu seinen Spezialfähigkeiten gehört.

seitenwahl 20211016 AJ7X5112Was man zwischen dem Ausgleichstreffer und der Schlussoffensive sah, schloss sich nahtlos an die Vorstellungen aus der Schlussphase in Köln sowie aus den Spielen gegen Freiburg und die SG Fuschl am See-Markranstädt an. Vogelwildes bis nicht existentes Abwehrverhalten gepaart mit wirrer Raumaufteilung im Mittelfeld und panischem Spiel nach vorn, bei dem im Grunde genommen niemand den Ball haben wollte. Hauptprotagonist dieses Auftrittes war Denis Zakaria, der es nicht bei der einen groben Fahrlässigkeit vor dem Ausgleich beließ, sondern auch beim dritten Tor die entscheidende Rolle spielte, als er sich nicht zwischen Vor- und Rückwärtsbewegung entscheiden konnte und so den entscheidenden Pass auf Kamada ermöglichte.

Was bedeutet das für das Spiel gegen Hoffenheim? Nichts Gutes, so kann man befürchten. Der sympathische Traditionsverein aus dem Kraichgau hat derzeit einen Lauf, steht als eine der Überraschungsmannschaften der Saison auf Platz 4 der Tabelle und ist von der Spielanlage her Gegnern wie Frankfurt, Fuschl oder Freiburg nicht unbedingt unähnlich. Das lässt ein Spiel erwarten, in dem Borussia Mönchengladbach sich nicht noch einmal Fehler wie in den letzten Spielen erlauben darf. Die Vorhersage einer Aufstellung ist natürlich immer ein Stück weit Kaffeesatzleserei. Aber sollte Elvedi wieder einsatzfähig sein, hat sich Zakaria, der seine Fahrlässigkeiten nicht abstellen kann, eine Denkpause mehr als verdient. Kramer und Thuram dagegen, die am Mittwoch ein deutlich belebendes Element waren, haben sich weitere Einsätze verdient.

Wer auch immer das am Samstag angehen darf – es bleibt die Hoffnung, dass es dieses Mal besser wird, auch wenn diese Hoffnung nicht durch rationale Argumente gestützt werden kann.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Borussia macht in diesem Spiel nur zwei krasse Fehler, deshalb geht es 2:2 aus. Da aber Stuttgart in Köln punktet und Augsburg in Fürth gewinnt, ist Rang 16 nur noch einen Punkt entfernt. Das Abstiegsgespenst sitzt wieder auf der Tribüne.

Michael Heinen: In Überzahl hat Borussia am Mittwoch angedeutet, dass sie evtl. doch bereit ist, den Kampf anzunehmen, um sich aus dieser Krise heraus zu manövrieren. Samstag wird sich zeigen, was das wert war. Ich fürchte, es wird nicht reichen, um die Verunsicherung zu lösen. Borussia verliert 1:4.

Christian Spoo: Dass Borussia auf dem richtigen Weg sei, ist eine Fehldiagnose des TV-Experten (Nebenberuf Fußballer). Das sieht Christoph Kramer nach dem 0:4 in Hoffenheim auch selbst ein.

Thomas Häcki: Es fällt mir kein Grund ein, der einer erneuten 1:4 Klatsche entgegen spricht. Das Ganze nimmt Frontzecksche Züge an.

Claus-Dieter Mayer: Die 4:2 Niederlage nach 2:0-Führung in Hoffenheim hat Tradition und beweist somit, dass Adi Huetter eine echte Vollraute ist.