Über Pflichten wird momentan in der Öffentlichkeit so stark diskutiert wie noch nie zuvor. Für einen zivilisierten Menschen sollte es stets eine natürliche Pflicht zur Solidarität mit der Gesellschaft geben. Die Freiheit des einzelnen endet dort, wo das Allgemeinwohl sowie Gesundheit und Leben anderer bedroht werden. Da sich allerdings rund 15 % der erwachsenen Bevölkerung ohne rationalen oder sonst wie nachvollziehbaren Grund ihrer gesellschaftlichen Pflicht verweigern, wird die Politik entgegen aller bisheriger Beteuerungen schon bald keine andere Wahl mehr haben, als die Pflicht zur Impfung gegen das Corona-Virus gesetzlich vorzuschreiben.

Auch Borussia hat sich in den vergangenen Wochen so mancher vermeintlicher Pflicht „verweigert“ und z. B. in Augsburg oder Berlin unnötig Punkte liegen gelassen. Am Samstag wurde aber die Mutter aller Pflichtaufgaben in dieser Saison erfolgreich bewältigt. Das Heimspiel gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten aus Fürth wurde mit 4:0 gewonnen und war zu keinem Zeitpunkt gefährdet.

Der sich offenbarende Klassenunterschied ist zum einen mit der Schwäche der Gäste zu erklären, die in der 1. Bundesliga offensichtlich überfordert sind und im Grunde bereits jetzt ihre Planung für die kommende Zweitligasaison beginnen können. Andere Aufsteiger, wie Bielefeld, Union oder Bochum haben in den vergangenen Jahren vorgemacht, wie auch finanziell krass benachteiligte Vereine im Oberhaus bestehen können. Den Fürthern ist es leider nicht gelungen, diesem Beispiel zu folgen.

Zum anderen ist aber die Souveränität der Borussia zu loben, die das Spiel von der 1. Minute mit dem notwendigen Ernst angegangen sind und anders als vor drei Wochen gegen Bochum nach den ersten Toren weiter konzentriert zu Werke gingen. Positiv zudem, dass sich Florian Neuhaus, Alassane Plea und Lars Stindl gegenüber den letzten Wochen verbessert zeigten und zu den besten Spielern auf dem Platz gehörten.

Tabellarisch half der Sieg vornehmlich, sich im dichten Mittelfeld zu etablieren und den Anschluss an die europäischen Plätze nicht aus den Augen zu verlieren. Um in diese wieder vorzudringen, sind weitere Erfolge in den kommenden Wochen erforderlich. Mit zwei Siegen über den 1. FC Köln sowie den SC Freiburg – zum Glück zuhause – könnte die Hinrunde nach dem etwas holprigen Start doch noch einen gelungenen Verlauf nehmen. Dies ist umso wichtiger als dass diese Winterpause vermutlich spannender wird als die vorherigen.

Die im Sommer auslaufenden Verträge von Ginter und Zakaria könnten Max Eberl bei einem entsprechenden Angebot über einen Winterverkauf nachdenken lassen. Die aus Italien kolportierten fünf Millionen Euro, die der AS Rom angeblich für Zakaria anbieten möchte, können dabei allerhöchstens als Einstiegsgrundlage verstanden werden. Bei allen finanziellen Nöten durch die Corona-Krise sollte Borussia seine Top-Spieler nicht unter Wert verkaufen. Eine Rückrunde ohne den Schweizer würde die Wahrscheinlichkeit deutlich reduzieren, dass Borussia im kommenden Sommer ins internationale Geschäft zurückkehrt. Bei einem Angebot in zweistelliger Millionenhöhe wird es allerdings interessant, denn grundsätzlich kann es sich Borussia kaum leisten, im Sommer ggf. gleich zwei Stammkräfte ablösefrei zu verlieren, die einst mit Ablösen von > 30 Mio. € gehandelt wurden.

Hinzu kommt, dass gleich bei neun Spielern aus dem erweiterten Stamm im darauffolgenden Jahr 2023 der Vertrag ausläuft: Bei Sommer, Stindl, Kramer und Jantschke dürfte es Borussia in der eigenen Hand haben, ob die Verträge noch einmal verlängert werden. Thuram, Bensebaini, Plea, Hofmann und Embolo sollten sich dagegen attraktive Alternativoptionen bieten. Umso wichtiger wäre eine Teilnahme am europäischen Wettbewerb in der kommenden Saison, um den Spielern gute Argumente für einen Verbleib in Mönchengladbach bieten zu können und dies mit den daraus resultierenden Finanzmitteln zu untermauern.

Um sich die Chance auf Europa zu wahren, muss Borussia die kommenden Pflichtaufgaben genauso engagiert und ernsthaft angehen wie am vergangenen Samstag. Am Wochenende wartet eine Aufgabe, die für einen Borussen die allerwichtigste Pflicht zu sein hat und die keinesfalls lässig mit der Zweitbesetzung angegangen werden darf. In den letzten beiden Spielzeiten konnte Borussia ihr Derby in der Domstadt jeweils für sich entscheiden, wie sie sich auch historisch dieser lästigen Pflicht meist gut zu entledigen verstand: 25 Auswärtssiegen in Köln stehen nur 14 Niederlagen gegenüber.

Um am Samstag den 26. Erfolg einzufahren, muss Borussia endlich auch auswärts wieder so auftreten wie bislang in dieser Saison fast nur im Borussia-Park. Von sieben Partien auf fremden Plätzen war einzig jene in Wolfsburg ordentlich. Aber wo wäre es schöner und einfacher als in Köln, den zweiten Auswärtssieg einzufahren und damit pflichtbewusst das Allgemeinwohl aller Borussen-Fans zu steigern?!