augsburg neu

Einem Gladbach-Anhänger mitzuteilen, dass Augsburg für die Borussia in der Vergangenheit ein eher übles Pflaster war, ist in etwa so nötig wie geräucherten Fisch ins schottische Arbroath zu exportieren. Machen wir es daher kurz: Nur ein einziges seiner 10 Bundesligaspiele in der Kalle-Wirsch-Arena (oder wie immer das momentan heißt) konnte der VFL bislang gewinnen und wer nach jenem 3:2-Erfolg im Februar 2020 glaubte der Fluch sei nun gebrochen, musste sich bei der der 3:1 Niederlage in diesem Frühjahr eines Besseren belehren lassen. In einem ziemlich absurden Spiel dominierten die Fohlen damals den FCA über weite Phasen, ließen beste Chancen inklusive eines Elfmeters aus und verloren am Ende dann doch mit 3:1. Während dieses Spiel damals die 5. Liga-Niederlage in Folge bedeutete, kann man diesmal aber immerhin mit einem Sieg im Rücken zu den bayrischen Schwaben reisen.

Das 3:1 gegen Bielefeld hat in Mönchengladbach zwar nicht gerade Euphorie entfacht, aber immerhin für Erleichterung nach nur einem Punkt aus den drei Auftaktspielen gesorgt. Noch läuft längst nicht alles rund unter dem neuen Trainer beim VFL, aber schaut man mal nach Frankfurt oder Leipzig so ergeht das auch manch anderem Konkurrenten ähnlich. Gerade defensiv offenbarte man am Sonntag wieder Schwächen, aber es gab auch ein paar positive Erkenntnisse. Dazu zählen z.B. die beiden jungen Außenspieler Luca Netz und Joe Scally, wie auch die Akzente die Laszlo Benes und vor allem der ewige Patrick Herrmann nach ihren Einwechslungen setzen konnten. Mit den wiedergenesenen Embolo und Koné hat Adi Hütter jetzt wieder einige Alternativen zur Verfügung, muss allerdings auf Jonas Hofmann (muskuläre Probleme) und wohl immer noch auf Ramy Bensebaini verzichten. Eine interessante Frage dabei ist, ob Hütter wiederum mit Dreierkette beginnen wird. Dies war in Frankfurt seine favorisierte Start-Formation, die er aber in Gladbach erst gegen Bielefeld zum ersten Mal versuchte.

Einige Diskussion gab es zuletzt um Spielmacher Florian Neuhaus, der bislang in dieser Saison noch nicht überzeugen konnte und gegen Bielefeld mit seinem Fehlpass großen Anteil am zwischenzeitlichen Ausgleich der Arminia hatte. Bei allen Spekulationen, ob gescheiterte Wechselabsichten oder auch die bisherige Nicht-Beachtung durch den neuen Bundestrainer Hansi Flick Neuhaus negativ beeinflussen könnten, darf man nicht vergessen, dass der 24-jährige auch in den Vorjahren immer wieder schwächere Phasen hatte, in denen er eher unkonzentriert und überspielt wirkte. Aufgrund seiner risikofreudigen Spielweise sind solche Formschwankungen besonders auffällig, aber man sollte sie auch nicht überinterpretieren. Will die Borussia in diesem Jahr um internationale Plätze spielen, wird sie dafür einen Unterschied-Spieler wie Neuhaus brauchen, weswegen im Moment Geduld angebracht ist.

Der Gegner aus Augsburg geht noch ohne Saisonsieg in die Partie am Samstag und konnte auch erst ein einziges Tor in dieser Spielzeit erzielen. Gerade die beiden Heimspiele gegen Hoffenheim und Leverkusen gingen bislang gewaltig in die Hose: Beide Male musste man vier Tore zulassen. Allerdings täuschen in beiden Fällen die hohen Ergebnisse etwas über einen eher ausgeglichenen Spielverlauf hinweg: der FCA lag jeweils eine Viertelstunde vor Schluss nur mit einem Treffer hinten und ging erst in der Schlussphase unter. Besser schlug man sich bislang auswärts wo man sowohl in Frankfurt als auch bei Union Berlin torlose Unentschieden erstreiten konnte. Gerade in Berlin zeigten sich die Augsburger verbessert und hätten das Spiel mit etwas Glück sogar gewinnen können. Noch ist also etwas unklar, wohin die Reise für Augsburg in dieser Saison geht.

Trainer ist jetzt wieder Markus Weinzierl, an dessen Beispiel man schön belegen kann wie sich die Dinge im Fußball doch ändern. Galt Weinzierl vor 5 Jahren noch als einer der Hoffnungsträger unter den deutschen Trainern, bei dem man sich neugierig fragte „Kann er auch was Anderes als Augsburg?“ so scheint nach seinem erfolglosen Wirken in Schalke und Stuttgart eher die skeptische Frage „Kann er denn wenigstens noch Augsburg?“ angebracht. Beim FCA selbst wird man vermutlich nicht nur wegen seiner Erfolge in den Jahren 2012-2016 Geduld für ihn aufbringen, sondern er wird auch davon profitieren, dass verglichen mit seinem Vorgänger Heiko Handcreme Herrlich und dem grausamen Rumpel-Fußball, den dieser spielen ließ, jeder nicht komplett inkompetente Nachfolger wie Pep Guardiola wirken muss.

Mit Caliguiri, Hahn, Niederlechner, Finnbogason und auch Tobias Strobl haben die Augsburger einiges an Bundesliga-Erfahrung in ihrem Kader. Auf der anderen Seite haben all diese Leistungsträger den Zenit ihrer Karriere überschritten und sind auch (wie zuletzt Strobl) verletzungsanfällig. Immerhin konnte man im Sommer mit Niklas Dorsch und Arne Maier zwei jüngere aber schon erfahrenen Profis für Mittelfeld verpflichten. Auch wenn die 8 Gegentore etwas Anderes andeuten, so drückt der Schuh beim Weinzierl-Team vor allem im Sturm. 37 Treffer in den letzten 38 Bundesligaspielen zeigen, wie schwer man sich in der Offensive tut, was sicher auch mit dem bereits erwähnten Altern der einstigen Goalgetter zu tun hat.

Wie eigentlich jedes Jahr reist die Borussia also als Favorit nach Augsburg. Angesichts der folgenden Partien gegen Dortmund und beim jetzigen Tabellenführer in Wolfsburg wäre ein Sieg am Samstag immens wichtig für die Fohlen, um nicht schon frühzeitig die eigentlichen Saisonziele aus dem Auge zu verlieren. Man sollte sich allerdings nicht zu sehr vom vorletzten Tabellenplatz der Augsburger täuschen lassen: wie schon in der Vergangenheit hat der FCA eine durchaus bundesligataugliche Truppe beieinander, die unangenehm zu bespielen ist.

 

Seitenwahl-Tipps:

Claus-Dieter Mayer: Nach dem 2:2 in Augsburg will Adi Hütter zwar so manch positives gesehen haben, aber die Angst geht um, dass von nun an „Übergangssaisons“ nicht mehr Ausnahme, sondern Regel in Mönchengladbach sein werden.

Christian Spoo:  Die Brust ist wieder eingeschnürt. Borussia agiert wie bei Union Berlin und wird mit dem gleichen Ergebnis heimgeschickt. 2:1 - Augsburg lechelt.

Michael Heinen: Borussia dominiert die Partie, tut sich aber - wie fast immer in Augsburg - schwer. Am Ende reicht es dennoch zu einem mühsamen 2:1-Auswärtssieg.

Uwe Pirl: Augsburg ist nicht mehr das, was es mal war. Zurück in die Zukunft mit Markus Weinzierl entpuppt sich früh als keine gute Idee. Deshalb: Auch wenn Borussia nicht sehr überzeugend agiert, einen 2:0-Sieg gibt es trotzdem.

Thomas Häcki: Reden wir nicht drum herum. Wenn die Borussia ihre Ziele erreichen möchte, ist ein Sieg bei den Schwaben Pflicht. Bei allem anderen droht eine Negativspirale. Die Borussia schlägt ebenso verunsicherte Augsburger daher mit 3:2. Wie ist letztlich egal.