Bayer Leverkusen

Wo kommen sie her?

In irgendeinem Paralleluniversum oder vielleicht auch nur in Peter Boszs feuchteren Träumen ist es Leverkusen, welches am 13. Spieltag der Vorsaison im Spiel gegen die Bayern das Siegtor kurz vor Schluss erzielt, die Tabellenführung auf 4 Punkte ausbaut und einer Meisterschaft ohne Saison-Niederlage entgegenstrebt. In der wahren Welt jedoch ist die formidable Bayer-Serie von 12 Spielen ohne Niederlage (8 Siege, 4 Unentschieden) zum Start der Vorsaison längst vergessen. Nur noch 24 Punkte holte man in den restlichen 22 Spielen und dass es zum Schluss doch noch so eben zu Platz 6 und der Europa-League reichte, lag im Wesentlichen daran, dass die Konkurrenz aus Mönchengladbach eine ähnlich schlechte Rückrunde spielte. Der im Herbst noch gefeierte Peter Bosz war dementsprechend zum Schluss schon gar nicht mehr Trainer in Leverkusen, sondern wurde in den letzten 8 Saisonspielen durch den Interimstrainer Hannes Wolf ersetzt.

Was passierte bis zum Ende der Transferperiode?

Die Bender-Zwillinge konnten einem Traumangebot vom oberbayrischen Kreisligisten TSV Brannenburg nicht widerstehen, während Stürmer Leon Bailley inzwischen in der Premier League für Aston Villa spielt. Mit Wendell und Mitchell Weiser verließen gleich 2 Außenverteidiger den Verein. Ihre Positionen sind mit Frimpong (zur Winterpause gekommen) und Bakker nun in niederländischer Hand, während man für die Innenverteidung mit dem Ivorer Kossounou den teuersten Transfer des Sommers (23 Millionen laut Transfermarkt) vom FC Brügge holte. Ebenfalls Innenverteidiger ist der Ekuadorianer Piero Hincapie, der zuvor für Club Atletico Talleres in Argentinien spielte. Für das sowieso schon gut bestückte Mittelfeld holte man noch Robert Andrich von Union Berlin und für den Sturm noch den 21-jährigen Franzosen Amine Adli, der in der Vorsaison für den FC Toulouse immerhin 8 Treffer in der Ligue 2 erzielen konnte. Die womöglich wichtigste Veränderung gab es jedoch auf der Trainerbank. Nach 3 Meistertiteln mit den Young Boys Bern in Folge übernahm Gerardo Seoane (im Frühjahr auch immer mal wieder im Zusammenhang mit dem VFL genannt) das Traineramt. Der Schweizer, der auch einen spanischen Pass besitzt und 6 Sprachen spricht (laut Wikipedia) gilt als Verfechter eines offensiven Spielstils (die 8 Tore in den letzten beiden BL-Spielen unterstreichen das), soll aber flexibler sein als sein Vorgänger Peter Bosz. Ob das reicht, um als erster Bayer-Trainer seit Christoph Daum mindestens 3 Jahre im Amt zu bleiben, wird sich zeigen.

Wo gehen sie hin?

Wie eigentlich immer gelten die Leverkusener als einer der Anwärter auf einen Champions-League-Platz. Geklappt hat das in den vergangene 5 Spielzeiten aber nur einmal, immer wieder hatte man das Gefühl, dass der Kader eigentlich mehr hergeben sollte, als er es dann letztendlich tat. Ob das jetzt unter Seoane anders wird, ist eine der interessanten Fragen der Liga. Wenn der Schweizer es schaffen sollte das große Potenzial im Team abzurufen, können eigentlich nur der VFL Wolfsburg und (zumindest hoffte man das bis zum verkorksten Saisonstart) die Borussia verhindern, dass Leverkusen mindestens auf Platz 4 landet. Irgendwo zwischen Platz 3 und 6 wird Bayer also am Ende stehen.

Eintracht Frankfurt

Wo kommen sie her?

Die Stones hätten eigentlich immer nur die Beatles imitiert, erklärte John Lennon 1970 in einem legendären Interview dem Journalisten Jann Wenner (man vergleiche Norwegian Wood mit Paint it Black, All you need is love mit We love you oder Sgt. Pepper mit Thei Satanics Majesties Request und man erahnt, woher die Behauptung kommt). Ein bisschen so ist das auch mit der Borussia und Eintracht Frankfurt. Als Traditionsklub, der ohne Investoren oder Werks-Millionen sich in der oberen Etage der Liga etablieren konnte, ist Gladbach am Main seit Jahren DAS Vorbild. In der Vorsaison schien man ganz nahe daran zu sein den Gladbacher CL-Einzug des Vorjahres nachzumachen, bevor man Ende dann doch nur den eher peinlichen Trainerabgang verbunden mit Misserfolgsserie kopierte. Platz 5 war insgesamt immer noch ein großer Erfolg, aber wenn am Ende nur ein Sieg beim historisch schlechten Absteiger Schalke zum vierten Platz fehlt, hält sich die Freude verständlicherweise in Grenzen.

Was passierte bis zum Ende der Transferperiode?

Vieles. Mit dem Trainer, Geschäftsführer und Sportdirektor hat die Eintracht gleich einen kompletten Austausch bei den wohl drei-wichtigsten Positionen im Verein vornehmen müssen. Die Neubesetzungen Glasner, Krösche und Manga versprechen auf dem Papier zwar durchaus Kompetenz, aber gewisse Anlaufprobleme sind zu erwarten. Was den Kader angeht, so hat man mit Andre Silva seine Tormaschine nach Leipzig abgeben müssen. Die Hoffnung, dass Gonzalo Pacienca nach seinem Horrorjahr in Gelsenkirchen doch noch die Erwartungen erfüllen kann, die man vor einigen Jahren mal in ihn hatte ist eher gering, sodass man am letzten Tag der Transferperiode noch den Niederländer Sam Lammers von Atalanta Bergamo auslieh. Dessen Durchbruch-Saison (16 Tore in 31 Spielen) in Herenveen liegt nun auch schon mehr als 2 Jahre zurück. Angesichts der Tatsache, dass Luka Jovic nach seiner Leihe nun wieder bei Real Madrid spielt, könnte der Sturm also eine Schwachstelle für die Eintracht sein. Ansonsten machte man es wieder den Gladbachern nach: Es gab viel Palaver um Abgänge, die dann am Ende doch nicht stattfanden. Anders als bei der Borussia machten sich die Kandidaten Kostic (Streik) und Younes (unrealistische Gehaltsforderungen) aber durchaus unbeliebt im Verein, bei dem sie nun bleiben müssen.

Wo gehen sie hin?

Aufgrund des großen Umbruchs ist es unwahrscheinlich, dass die Eintracht an die gute Vorsaison anknüpfen kann, was die ersten Saisonspiele auch bestätigten. Andererseits ist Oliver Glasner ein Trainer mit sehr klaren Vorstellungen, dem es zuzutrauen ist die Eintracht schnell wieder zu stabilisieren. Zumindest in der Abwehr und im Mittelfeld ist die Stammelf weitestgehend zusammengeblieben, sodass die Eintracht weiterhin einen durchaus tauglichen Kader vorzuweisen hat. Einiges wird davon abhängen, wie man es schafft das zerschnittene Tuch zwischen dem Verein und Kostic/Younes wieder zu flicken. Insgesamt sollte es für einen sicheren Mittelfeldplatz irgendwo zwischen den Rängen 8-11 reichen.

VfB Stuttgart

Wo kommen sie her?

Alles andere als eine Saison Abstiegskampf wäre eine Überraschung. Mit dieser Stellungnahme beendete ein komplett ahnungsloser Seitenwahl-Redakteur (ich glaube, das war ich) den BL-Check des VfB Stuttgarts im Vorjahr. Genau diese Überraschung trat aber ein: Das Team von Matarazzo überzeugte mit attraktivem Fußball und erreichte zum Ende einen völlig verdienten neunten Tabellenplatz. Die Mannschaft ließ sich dabei auch nicht durch skurrilen Possen in der Führungsetage des Vereins aus dem Konzept bringen, wo Thomas Hitzlsperger mit einer etwas seltsamen Kandidatur für das Präsidentenamt, die er dann kurze Zeit später gleich wieder zurücknahm, für einige Unruhe gesorgt hatte.

Was passierte bis zum Ende der Transferperiode?

Georg Kobel wurde nach Dortmund verkauft, Nicolas Gonzalez nach Florenz und der Vertrag mit Kapitän Gonzalo Castro nicht verlängert. Der befürchtete komplette Ausverkauf fand allerdings nicht statt, was zum Teil auch daran liegt, dass der österreichische Torjäger Kalajdzic einem möglichen Wechsel fast schon Thuramesk mit einer schweren Schulterverletzung zuvorkam. Für das Tor kam Florian Müller aus Mainz dazu, die restlichen Einkäufe und Leihen kann man vermutlich mit „Hoffnung auf die Jugend“ betiteln, denn kein neuer Spieler überschreitet die 23 Jahre. Der zweitteuerste, der 18-jährige dänische Stürmer Wahid Faghir, bestätigt die Strategie, die wohl irgendwo zwischen finanzieller Notwendigkeit und neuer Vereinsphilosphie einzuordnen ist (es ist nicht so lange her, dass der VFB sich mit Vorliebe Altstars auf dem absinkenden Ast einkaufte).

Wo gehen sie hin?

Auch wenn Union Berlin im Vorjahr das Gegenteil bewies, ist das zweite Jahr für einen erfolgreichen Aufsteiger oft ein Schweres. Die Schwaben konnten zwar ihren vielversprechenden Kader bis auf die genannten Ausnahmen einigermaßen zusammenhalten, aber Schlüsselspieler wie Silas oder Kalajdzic werden wohl über weite Teile der Hinrunde fehlen und müssen danach auch erstmal wieder in die Form der Vorsaison kommen. Daher ist zu erwarten, dass der VFB nicht ganz so souverän durch die Spielzeit cruist wie in der Vorsaison. Die Qualität im Kader und auf der Trainerbank sollten aber für einen Platz im hinteren Tabellenmittel (Platz 10-13) gut genug sein.