union berlin neuVor dem Spiel gegen Union Berlin ist in Mönchengladbach der Katzenjammer groß. Da ist zum einen die Niederlage in Leverkusen, die extrem auf die Stimmung drückt. Natürlich geht es dabei nicht um die Niederlage an sich – in Leverkusen kann man verlieren, das ist schließlich eine gute Mannschaft. Es sind die Begleitumstände und die Nachwirkungen der Niederlage, die extrem schmerzen. Angefangen beim Eigentor von Sommer über den verschossenen Elfmeter, die schweren Verletzungen von Lainer und Thuram, die leichten Blessuren von Plea und Bensebaini und zuguterletzt die Corona-Diagnose bei Ginter gibt es wohl selten ein Spiel, in dem so viel Negatives zusammenkam. Die andere Baustelle in Mönchengladbach ist das, was sich auf dem Transfermarkt tut oder besser gesagt nicht tut. Einerseits tritt offensichtlich der Verkaufsprozess beim wechselwilligen und vom Verein als Abgang eingeplanten Denis Zakaria extrem auf der Stelle. Solange hier Unklarheit herrscht, so die klare Aussage des Vereins, kann Borussia niemanden verpflichten. Andererseits werden Spieler, die man gerne halten möchte, insbesondere Matthias Ginter und Jonas Hofmann, wiederholt mit anderen Vereinen in Verbindung gebracht. Zwar mag man sich fragen, ob zwei Spieler, die aus Dortmund gerade deshalb nach Gladbach gewechselt sind, weil sie hier die Chance auf den Status als Stamm- und Führungsspieler haben, gut beraten wären, zu Vereinen der Kategorie Bayern oder Chelsea zu wechseln, wo sie mit Sicherheit nicht zu mehr eingeplant wären als den Backup für einen der zahlreichen Superstars zu geben. Wie viel auch immer an den Gerüchten dran sein mag - sicher ist, dass es Unruhe in den Verein bringt und dass sich unter den Fans gerade eine Art Weltuntergangsstimmung breit macht als sei die Saison trotz des guten Starts gegen Bayern München bereits hoffnungslos verdorben und als befände sich Borussia unabwendbar im Sinkflug, auf dem Gleis von Werder Bremen.

Da passt es ins Bild, dass am Sonntag mit Union Berlin auch noch ein Gegner zu bespielen ist, gegen den Borussia Mönchengladbach in den letzten beiden Jahren regelmäßig nicht allzu gut aussah. Die Ostberliner, die mit Andrich und Lenz (nur) zwei Schlüsselspieler verloren, sich andererseits mit Spielern wie Baumgartl, Khedira, Öztunali oder Voglsammer in der Breite ordentlich verstärkt  haben, sind mit zwei Unentschieden gegen Leverkusen und Hoffenheim in die Saison gestartet und haben sich nebenbei gegen den finnischen Vertreter aus Kupio noch ziemlich souverän für die European Conference League qualifiziert. Anders als bei Borussia sind mit Ausnahme des gesperrten Verteidigers Friedrich alle Mann an Bord. Die Spielweise von Union ist bekannt – hinten geht es robust und diszipliniert zu, vorne helfen Kruse und Awoniyi.

Für Elf vom Niederrhein wird es gegen diesen Gegner darauf ankommen, sich von dem Ballast der letzten Woche gedanklich zu befreien. Betrachtet man die Lage rational und unterstellt, dass sowohl Plea als auch Bensebaini einsatzfähig sein werden, wird Gladbach trotz der Verletzungen von Lainer und Thuram eine konkurrenzfähige Mannschaft auf den Platz bringen können. Für Lainer wird wohl Scally spielen, der nach der Euphorie gegen Bayern nun auch die andere Seite des Lebens in der Bundesliga erlebt hat, der aber zum einen Spiele braucht um sich zu akklimatisieren und zum anderen hoffentlich unbeeindruckt bleibt und weiter rasant lernt. Als Ersatz für Ginter könnten Jantschke oder Beyer zum Einsatz kommen, sollte sich Adi Hütter für eine Dreierkette entscheiden, könnte auch Zakaria ein Thema sein (wenn er denn dann noch da sein sollte).

Da Union Berlin sich von dem Status „Das sind Aufsteiger, gegen die muss man einfach gewinnen!“ schon ein gutes Stück entfernt hat, ist Borussia Mönchengladbach am Sonntag nicht unbedingt der große Favorit. Gelingt es aber, an die Leistung gegen Bayern München anzuknüpfen, kann man auch in Berlin was holen. Und dann ist hoffentlich auch die Weltuntergangsstimmung beendet und die Saison beginnt nach der Länderspielpause von Neuem.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl:  Borussia kommt besser ins Spiel als gegen Leverkusen und hat trotz der Verletzten noch genug Qualität. Es wird ein hitziges Spiel auf Augenhöhe, das Borussia mit 2:1 gewinnt.

Christian Spoo: Bei Borussia hat mal wieder Murphy die Legislative übernommen. Verletztenseuche, Transfermarkt-Laschetiade, das passt die 1:2-Niederlage in Köpenick perfekt ins Bild.

Michael Heinen: Schon am letzten Spieltag der Vorsaison hatte Union das bessere Ende für sich. Auch im direkten Duell ist es letztlich Max Kruse, der den 1:0-Sieg der Eisernen bewerkstelligt und damit Borussias Fehlstart perfekt macht.