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Fangen wir positiv an: Borussia bot in Bremen einen engagierten Kampf gegen eine Mannschaft, die sich mit Händen und Füßen gegen den Abstieg wehrte. Die Elf von Marco Rose blieb ohne Gegentor und rückte wieder vor auf Tabellenplatz 4. Aufgrund der Ergebnisse auf den anderen Geisterplätzen profitierte der Champions-League-Anwärter letztlich sogar mehr von diesem 0:0 als der Tabellen-Vorletzte. Trotzdem werden nur die kühnsten Optimisten ein positives Fazit unter diese Partie setzen, dass im Vorneherein aus gutem Grund als Pflichtsieg eingestuft worden war.

Fakt ist nämlich: Der Punktgewinn vom Dienstagabend war für die Bremer erst der 22. im 27. Spiel nach zuletzt sieben Bundesliga-Heimniederlagen in Folge. Borussia brachte das Tor dieser äußerst defensivschwachen Mannschaft (59 Gegentore) nicht ein einziges Mal in ernsthafte Gefahr. Selbst die eklatanten Schwächen bei Standards, die Leverkusen in der vergangenen Woche deutlich offenbart hatte, konnten nicht einmal ausgenutzt werden. Borussias wenige Ecken und Freistöße verpufften allesamt wirkungslos. Der schwachen ersten Halbzeit gegen Bayer folgten somit zwei weitere, was insgesamt zu wenig ist für einen Verein mit höheren Ambitionen. Borussia wird sich in den kommenden Wochen deutlich steigern müssen, wenn sie den glücklich wiedererkämpften 4. Tabellenplatz bis zum Saisonende verteidigen möchte.

Dies umso mehr, als dass nach dem kommenden Spiel ein Auswärtsdoppelpack wartet, bei dem die Partie in München noch die machbarere Aufgabe darstellt. Bevor es zum alljährlichen „Prime“-Fußball im Breisgau kommt, wartet mit Union Berlin ein noch viel größerer Angstgegner, gegen den Borussia in seiner Vereinsgeschichte bislang jede Partie verloren hat. Fairerweise waren es nur zwei, denn nach der peinlichen Pokalpleite im Jahr 2001 sorgte Union Berlin zuletzt für Borussias größte Hinrunden-Enttäuschung. Der kleinere, aber sympathischere Hauptstadt-Klub ist allerdings derzeit weit von seiner Bestform entfernt und seit sechs Partien sieglos. Mit Robert Andrich ist ein Stammspieler im defensiven Mittelfeld gesperrt. Sebastian Polter dagegen war zuletzt schon nur noch als Joker eingeplant, ehe er nun suspendiert wurde, weil er sich weigerte seinen Vertrag zu verletzen.

Borussia ist trotz der jüngsten Ergebnisflaute weit von solcher Unruhe entfernt – und das ist auch gut so. Der Mannschaft sind nach ihren zuvor starken Leistungen zwei schwächere Partien in Folge zu verzeihen. Es wäre aber bitter, wenn sich dies zu einem Negativlauf entwickelt. Die besondere Geisterspielsituation darf da ebenso wenig ein Alibi liefern wie die Verletzungen, insbesondere von Denis Zakaria. Es steht außer Frage, dass der Schweizer mit seinen überragenden Qualitäten fehlt und nicht zu 100 % kompensiert werden kann. Der verbleibende Kader hat sich aber im bisherigen Saisonverlauf als stark genug erwiesen, um die bevorstehenden Aufgaben erfolgreich meistern zu können und sich besser zu präsentieren als in Bremen.

Auf der linken Abwehrseite könnte Ramy Bensebaini für Oscar Wendt in die Startelf zurückkehren. Bei einer Rückkehr zum 4-3-3 wäre Hofmann eine – nicht ganz positionsgetreue – Alternative für den gelbgesperrten Jantschke. Lainer würde dann wieder in die Viererkette zurückkehren und für eine offensivere Variante Platz machen. Es ist zu erwarten, dass Borussia von Anfang an wird deutlich machen wollen, dass sie auch vor rund 20.000 Pappkameraden Herr im Borussia-Park sind. Eine weitere Enttäuschung und selbst im derzeit so beschaulichen Mönchengladbach könnte etwas Unruhe einkehren angesichts der dann zu befürchtenden Aussicht, einmal mehr eine zuvor starke Saison auf der Zielgeraden einzutrüben. Anders als im Vorjahr machen Mannschaft und Trainer bislang aber den Eindruck, dass sie sich dieser Gefahren bewusst und bereit sind, sie kämpferisch anzugehen. Gelingt dies am Sonntag mit einem überzeugenden Heimerfolg über Union, werden die Fans zumindest fünf Tage lang vom ersten Bundesliga-Sieg in Freiburg seit 18 langen Jahren träumen dürfen.

Borussia: Sommer – Lainer, Ginter, Elvedi, Bensebaini – Kramer, Neuhaus – Stindl – Hofmann, Plea, Thuram

Union: Gikiewicz – Friedrich, Schlotterbeck, Subotic – Trimmel, Gentner, Prömel, Lenz – Malli, Andersson, Bülter

SEITENWAHL-TIPPS

Michael Heinen: Union wird sich genauso kämpferisch präsentieren wie Werder. Borussia spielt aber wieder stärker und gewinnt daher mit 3:1.

Mike Lukanz: Ich habe nach dem Bremen-Spiel die Rechnung aufgemacht, dass Borussia noch 15 von 18 Punkten holen wird. Weil sie diese holen muss. Nach dem Union-Spiel sind es noch 12, die fehlen: 2:0.

Christian Spoo: Pflichtsieg? Siehe Bremen. Heimvorteil: Siehe die komplette Bundesliga seit der Corona-Pause. Trotzdem erwürgt Borussia sich einen 1:0-Sieg in einem ansonsten vergessenswürdigen Spiel. 

Claus-Dieter Mayer: Die Borussia müht sich immer noch  in dieser schönen neuen Welt. Ein irgendwie hingekrümeltes 1:0 hält die Champions-League-Hoffnungen zumindest weiter hin am Leben.

Thomas Häcki: Machen wir es kurz: Werr um die Champions League mitspielen möchte (und nur das kann derzeit noch das Saisonziel sein), muss zu Hause gegen Union gewinnen. Zumal bei den Köpenickern derzeit weniger läuft, als noch vor der Viruswelle. Insofern 2:0.