paderborn neuVor einer Woche war die Welt in Mönchengladbach noch absolut in Ordnung, der Himmel voller Geigen. Der Sieg gegen Bayern München festigte die Tabellenführung, in der Europa League sah man der Qualifikation für die Zwischenrunde entgegen. Zwei durchwachsene Leistungen und zwei Last-Minute-Niederlagen später herrscht – so könnte man bei Lektüre der Medienberichte, aber auch so mancher Beiträge in Fanforen meinen – Weltuntergangsstimmung. Da ist von Krise die Rede, von ausgehender Kraft, von die Mannschaft verlassendem Glück, bei manchem spürt man die Angst vor einem Einbruch, wie er letzte Saison geschehen ist. Mancher hat sogar Angst vor Paderborn …

Einerseits sind alle diese Feststellungen nicht gänzlich falsch, insbesondere ist ein gewisser Kräfteverschleiß bei einzelnen Spielern unübersehbar. Andererseits ist das Echo auf die beiden Niederlagen der letzten Woche natürlich vorhersehbarer Ausdruck des besonders im Sport beliebten (medialen) Schwarz-Weiß-Denkens. Der Zweite ist der erste Verlierer, der Vierte verpasst eine Medaille etc. etc.

Bei aller Enttäuschung über die beiden Niederlagen – vor allem über das Ausscheiden aus der Europa League – hier sollte man einmal tief durchatmen, die Emotionen runterfahren und die Situation objektiv betrachten: Borussia Mönchengladbach ist nach 15 Spielen Tabellenzweiter, steht vor Bayern München und Borussia Dortmund und hat 6 Punkte Vorsprung auf Platz 7, wo für Gladbach Misserfolg anfangen würde. Nur derjenige, der aus der vorübergehenden Tabellenführung schließt, dass nun gefälligst alle Spiele gewonnen werden müssten, kann aus der momentan zu beobachtenden kleinen Delle eine Krise stricken.

Und so ist Borussia Mönchengladbach auch klarer Favorit gegen den SC Paderborn, seit dem Wochenende wieder Tabellenletzter der Bundesliga. Mit Paderborn geht eine Mannschaft der Namenlosen im Borussia-Park an den Start, der bereits vor dem Saisonbeginn die meisten Beobachter die Bundesligatauglichkeit abgesprochen hatten. Die bisherigen Ergebnisse zeigen auch, dass die Beobachter nicht so ganz falsch lagen, die bisherigen 9 Punkte resultieren aus 2 Siegen gegen Düsseldorf und in Bremen, dazu gelangen Unentschieden in Wolfsburg, in Dortmund und gegen Union Berlin. In spielerischer Hinsicht haben sich die Paderborner ein mutiges und offensives Auftreten auf die Fahnen geschrieben – das Motto lautet also eher: Wenn wir schon keine Chance haben, dann müssen wir uns auch nicht zum Klassenerhalt mauern. Dieser Mut führte für Paderborn zu starken Auftritten gegen alle Konkurrenten von Borussia Mönchengladbach um die Tabellenführung: Neben dem spektakulären 3:3 in Dortmund waren auch die beiden 2:3-Niederlagen gegen die Bayern und den derzeitigen Tabellenführer knapp und umkämpft. Dieses Muster – starke Auftritte gegen starke Gegner – sollte die Gladbacher vor jeder Überheblichkeit warnen. Gleichzeitig – siehe oben – besteht aber kein Anlass, dem kommenden Gegner mit allzugroßer Verunsicherung zu begegnen. Jeder einzelne Gladbacher Spieler ist qualitativ besser als sein jeweiliger Gegenspieler. Gelingt es, diese Qualität am Mittwoch auch nur halbwegs zu zeigen, kann das nur zu einem Sieg führen.

 

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Borussia kriecht ein bisschen auf dem Zahnfleisch. Aber die Qualität reicht trotzdem. Ein nicht sehr schönes Spiel endet 2:0 für Gladbach.

Thomas Häcki: Nach zwei Nackenschlägen taumelt die Borussia sichtlich. Nach dem 1:2 gegen Paderborn melden sich die, die es ja immer gewusst haben. Es wird Zeit für die Winterpause.

Michael Heinen: Es würde nicht überraschen, würde sich Borussia zum Ausklang dieser überragenden Halbserie wolfsberg-like vom Paderborner Angriffsfußball übertölpeln lassen. Aber es ist ja bald Weihnachten und da sollte man positivere Gedanken haben: Borussia siegt mühsam aber verdient mit 3:2.

Mike Lukanz: Machen wir es kurz: Wenn du zu Hause den Letzten der Tabelle nicht schlägst, die du selbst zwei Monate angeführt hast, erübrigen sich ohnehin sämtliche Diskussionen, die gerade zwischen Pessimisten und Optimisten geführt werden. Borussia gewinnt 2:0.

Christian Spoo: Es wird ein ungemütlicher Abend im Borussiapark. Mit wenig Spiel, viel Krampf und einem tristen 1:1.

Claus-Dieter Mayer: Der Borussia-Park ist bei weitem nicht voll an diesem Dezember-Mittwoch. Aber die, die gekommen sind, haben ein feines Gespür und peitschen die Mannschaft nach dem überraschenden Rückstand noch zu einem hartumkämpften 3:1. Das Unentschieden Leipzigs in Dortmund bedeutet, dass man mit einem Kantersieg in Berlin die Herbstmeisterschaft wieder in eigener Hand hat.