So enttäuschend das Ergebnis gegen Bremen am Ende aufgrund der Vielzahl an klaren Tormöglichkeiten gewesen ist. Von der Einstellung hat die Fohlenelf nachgewiesen, dass sie aus den schwachen letzten Spielen gelernt hat und im Saisonendspurt doch noch einmal gewillt ist, um den Einzug nach Europa zu kämpfen. Die zwischenzeitlich hervorragende Ausgangslage wurde inzwischen allerdings pulverisiert. Aus 10 Punkten Vorsprung vor Platz 5 sind 4 Zähler Rückstand geworden. Die 12 Punkte Vorsprung vor dem 7. Platz sind auf 4 zusammengeschmolzen. Ausgehend von einem Pokalsieg der Bayern oder Leipziger würde dieser 7. Platz übrigens immer noch reichen, um sich diesen Sommer über drei Runden mit insgesamt sechs Spielen doch noch für die Gruppenphase der Europa League qualifizieren zu können. Diese Tortur bliebe der Mannschaft erspart, wenn sie sich stattdessen Platz 5 oder 6 sichert. Das erklärte Ziel ist aber weiterhin, sich den Champions League-Platz zurückzuholen, den sie seit dem 4. Spieltag bis zum vorletzten Spieltag innehielten. Wie realistisch diese Ziele sind, haben wir in einer Analyse der Restprogramme aller um Europa kämpfenden Vereine analysiert.

RB Leipzig: 55 Punkte, +31 Tore

H – Wolfsburg, A – Gladbach, H – Freiburg, A – Mainz, H – München, A – Bremen

Neben 7 Punkten Vorsprung auf die Fohlenelf spricht das deutlich bessere Torverhältnis für Red Bull, die in dieser Saison ohnehin sehr konstant auftreten und zurecht Platz 3 einnehmen. Seit dem unglücklich verlorenen Rückrundenauftakt gegen Dortmund (0:1) haben sie kein Pflichtspiel mehr verloren. Besonders auf fremden Plätzen sind sie mit zuletzt 6 Siegen in Folge kaum zu bremsen, was mit Blick auf ihr nächstes Auswärtsspiel im Borussia-Park Sorgen hervorruft. Dort konnte Leipzig zudem bislang beide Spiele in ihrer noch kurzen Bundesliga-Geschichte gewinnen. Nicht nur deshalb erscheint Leipzig aktuell eine Nummer zu groß für Borussia. Die 11 Punkte, die sie noch benötigen, um sicher vor ihr zu bleiben, werden die Sachsen locker einfahren und damit in die Champions League einziehen.

Eintracht Frankfurt: 52 Punkte, +25 Tore

H – Augsburg, A – Wolfsburg, H – Hertha, A – Leverkusen, H – Mainz, A – Bayern

Die Eintracht hat quasi das umgedrehte Restprogramm der Borussia: vermeintliche Pflichtsiege zuhause, aber dafür schwierige Gegner auswärts. Seit 15 Pflichtspielen ist die Eintracht ungeschlagen und konnte gar 9 der letzten 10 Partien gewinnen. Es ist daher von mindestens 9 Heimpunkten auszugehen plus einigen Bonuspunkten auswärts. Unabhängig davon, wie sich Borussia in den letzten Partien schlägt, kann sie nur noch dann in die Champions League einziehen, wenn die Eintracht die Saison ähnlich schwach ausklingen lässt wie sie sie begonnen hat. Zwischen Spieltag 2 und 5 nahmen sich die Hessen nämlich ihre Mini-Krise und holten in diesem Zeitraum nur einen Punkt. Nach dem 1:3 in Mönchengladbach drehten sie aber auf, verloren anschließend nur noch drei Partien und verdienten sich damit den Champions-League-Platz, den sie jetzt auch nicht mehr hergeben werden. Realistisch sollte Frankfurt zwischen 62 und 64 Punkte holen.

VfL Wolfsburg: 45 Punkte, +5 Tore

A – Leipzig, H – Frankfurt, A – Hoffenheim, H – Nürnberg, A – Stuttgart, H – Augsburg

Die nächsten drei Spiele werden zeigen, wo der Weg für die Wölfe hinführt. Gegen die beiden Topmannschaften der Liga gab es zuletzt zwei Niederlagen, aber zumindest in Dortmund war diese unglücklich, sodass der Mannschaft auch gegen die direkte Konkurrenz um Europa der eine oder andere Punkt zuzutrauen ist. Die letzten drei Saisonspiele sind dann wiederum Pflichtsiege und selbst wenn sie sich gegen Hannover schwer taten, muss hier mit 9 Zählern gerechnet werden. Insgesamt sind den Wolfsburgern somit zwischen 56 und 58 Punkte zuzutrauen, wobei sie aller Voraussicht nach mit einem schlechterem Torverhältnis als Borussia abschließen werden.

TSG Hoffenheim: 44 Punkte, +19 Tore

H – Hertha, A – Schalke, H – Wolfsburg, A – Gladbach, H – Bremen, A – Mainz

Die letzten beiden Auftritte der TSG waren fulminant mit insgesamt 8:1 Toren. Nachdem sie zuvor viele Spiele nur Unentschieden gestalten konnten und damit wertvollen Boden auch auf Borussia verloren, scheint die Mannschaft der anderen Trainer-Lame Duck der Liga jetzt den Endspurt eingelegt zu haben. Dies dürfte sich mindestens in den nächsten beiden Wochen fortsetzen, wenn es gegen die derzeit indiskutablen Teams aus Berlin und Gelsenkirchen geht. Auch das übrige Programm erscheint nicht ganz so schwierig wie jenes der Borussia. Vorentscheidende Bedeutung wird daher dem direkten Duell zukommen, das Borussia unbedingt gewinnen sollte, um die Sinsheimer hinter sich zu lassen. Hoffenheim sollte am Ende ebenfalls irgendwo zwischen 56 und 58 Punkten im Ziel einlaufen, allerdings mit einem besseren Torverhältnis als Borussia.

Werder Bremen: 43 Punkte, +10 Tore

H – Freiburg, A – München, A – Düsseldorf, H – Dortmund, A – Hoffenheim, H – Leipzig

So sehr sich die Bremer am Sonntag über den glücklichen Punkt im Borussia-Park freuten. Die gleichzeitig verlorenen Punkte könnten ihnen am Ende noch weh tun. Das Restprogramm der Weser-Kicker spricht nämlich nicht gerade für sie. Schon in der Hinrunde schwächelten sie zum Finale hin, was angesichts der dortigen Gegner keine Überraschung darstellte. Nach dem zu erwartenden Pflichtsieg über Freiburg warten fast nur noch Großkaliber, darunter die Top 3 der Liga. Auch wenn sie zuletzt in Leverkusen sowie beim Pokalsieg in Dortmund andeuteten, gegen große Gegner mithalten zu können, ist schwer vorstellbar, dass Werder weit über die 50 Punkte-Marke hinauskommen wird. Am Ende könnten es zwischen 52 und 54 werden, was für einen ordentlichen 9. Platz reicht, aber kaum für Europa.

Bayer Leverkusen: 42 Punkte, +2 Tore

A – Stuttgart, H – Nürnberg, A – Augsburg, H – Frankfurt, H – Schalke, A – Hertha

Tabellarisch hat Bayer die schlechteste Ausgangslage, da sie die letzten drei Partien allesamt verloren haben. Das viel beschworene, aber statistisch widerlegte Momentum spricht also ebenso wie das Torverhältnis gegen sie. Das Restprogramm ist dagegen auf ihrer Seite. Wichtig wird es für die Werkself sein, in den bevorstehenden Spielen bei drei Abstiegskandidaten den Negativtrend mit möglichst 9 Zählern umzukehren. Wenn dies gelingt, ist Bayer doch noch ein heißer Kandidat zumindest für die Europa League, da mit der Eintracht nur noch ein wirklich schwieriger Gegner wartet. Die Pokalpartien gegen Krasnodar und Heidenheim belegen aber die Anfälligkeit der Bosz-Truppe auch gegen kleinere Gegner. Alles in allem sind von Bayer am Ende trotzdem zwischen 54 und 56 Punkte zu erwarten, wenn sie durch die jüngsten Partien nicht allzu stark aus der Bahn geworfen worden sind.

Borussia: 48 Punkte, +12 Tore

A – Hannover, H – Leipzig, A – Stuttgart, H – Hoffenheim, A – Nürnberg, H – Dortmund

Um die Rest-Chance auf den Einzug in die Champions League am Leben zu erhalten, benötigt Borussia realistisch betrachtet noch mindestens 13 Punkte – eher mehr. Für die Europa League werden voraussichtlich mindestens 57 Punkte benötigt. Kann Borussia die Einstellung aus dem Bremen-Spiel über die letzten 6 Partien bewahren, so sind 9 Auswärtspunkte realistisch. Gegen Leipzig wird es dagegen selbst in Topform schwer. Und auch gegen Hoffenheim und Dortmund wird die Fohlenelf nicht gerade haushoher Favorit sein. Für 59 bis 61 Punkte und damit für Platz 5 oder 6 sollte es bei einer Fortsetzung des Trends aus dem Bremen-Spiel dennoch reichen. Mehr als das ist aber selbst bei einem guten Saisonendspurt nur noch möglich, wenn die Eintracht allzu stark schwächelt.

Borussia tut gut daran, zunächst auf sich selbst zu schauen. Wenn sie glaubt, ein engagierter Auftritt allein reicht bereits, um sich aus der Krise zu befreien, kann es gegen Hannover ein böses Erwachen geben. Wird diese Partie nicht gewonnen, dann spricht sehr viel dafür, dass es im dritten Jahr in Folge kein europäisches Pflichtspiel im Borussia-Park geben wird – was angesichts der zwischenzeitlichen Ausgangslage ein peinliches Fiasko wäre. Sofern die Mannschaft von Dieter Hecking die Krise aber ab sofort hinter sich lassen kann, wird es mit der Europa League zumindest noch ein halbwegs versöhnliches Saisonfinale geben.