Nur drei Tage hat(te) Borussia Zeit sich von dem unglücklichen 1:1 gegen Schalke zu erholen. Dann wartet bereits der nächste Gegner, der von der DFL sogar noch einen Tag weniger zur Regeneration zur Verfügung gestellt bekommt. Man möge sich den Aufschrei vorstellen, wäre dies dem FC Bayern München zugemutet worden. Aber mit dem sympathischen Kleinklub aus dem Breisgau kann man es offensichtlich machen, ohne dass es die Öffentlichkeit sonderlich juckt. Es lebe die Chancengleichheit und der Wettbewerb in der Bundesliga. Dem derart geschundenen SC Freiburg wird am Dienstagabend aber immerhin ein hoch emotionales Erfolgserlebnis in den Knochen stecken, mit dem sie den 1.FC Köln endgültig zur Lachnummer der Nation degradiert haben. Zudem blickt der Klub auf eine beeindruckende Heimbilanz gegen Borussia zurück. Aus den letzten 7 Partien im Breisgau konnte die Fohlenelf nur einen einzigen Punkt mitnehmen. Der letzte Auswärtssieg datiert noch aus Zweitligazeiten im Jahr 2007.

Eine ähnliche Bilanz konnte Borussia zuletzt auch gegen den FC Schalke 04 vorweisen, die am Samstag wahrscheinlich fortgesetzt worden wäre, wenn Sascha Stegemann nicht einen rabenschwarzen Tag erwischt hätte. Seine korrekte Elfmeter-Entscheidung nahm er nach Blick auf die TV-Kameras fälschlicherweise zurück und versagte „Eisvogel“ Thorgan Hazard so die Chance auf ein ggf. vorentscheidendes 2:0. Dass er dabei auf eine Situation rund 10 Sekunden zuvor zurückblickte, ist ihm nach DFB-Vorgaben tatsächlich erlaubt. Überprüft werden darf durch den Video-Schiedsrichter auch die Entstehung zu einer spielentscheidenden Szene, solange wie die angreifende Mannschaft im Ballbesitz war. Über den Sinn dieser Regelung kann und muss man sogar streiten, da dies zu so absurden Situationen führen kann wie in den Niederlanden, wo ein Tor nachträglich abgepfiffen und zu einem Elfmeter auf der Gegenseite korrigiert wurde, weil dort eine knappe Minute zuvor ein Foulspiel vom VAR aufgedeckt wurde. Dies kann und darf nicht im Sinne des Spiels sein und bewirkt nur eine stetig schwindende Akzeptanz für den Videobeweis, der bei sinnvoller Umsetzung ein Gewinn für den Fußball ist.

Fernab davon, dass der geahndete Wendt-Rempler auch nach Einschätzung des DFB-Schiedsrichter-Bosses Lutz-Michael Fröhlich kein Grund für eine Annulierung des Elfmeters gewesen wäre. Die willkürlich wirkende, weil uneinheitliche Umsetzung ist ein ernsthaftes Problem, das den Schiedsrichtern nach 1 1/2jähriger Schulung nicht mehr passieren sollte. Hinzu kommt, dass selbst auf der offiziellen DFB-Seite zum Video-Assistenten kein Wort über diese Spezial-Regelung verloren wird. Wie wenig der DFB von Transparenz hält, hatte man zuletzt aber auch schon beim immer noch unaufgeklärten Kauf des Sommermärchens und bei der windigen Sonderregelung zum Grundlagenvertrag bewiesen, die den Amateurklubs mal eben 50 Mio. € pro Jahr vorenthält.

Nichts Neues aus Frankfurt also: Der DFB geriert sich weiter als ebenso korrupter wie unfähiger Haufen alter Pfründisten. So wie er den Videoentscheid bislang umsetzt, fällt es schwer ihn länger zu verteidigen, insbesondere gegenüber den Stadionfans, die bei den teils konfusen und langwierigen Entscheidungen der überforderten Referees bis Spielende vollkommen im Dunkeln gelassen werden. Es kann nicht sein, dass sich der Fan im Stadion auf seinem Handy darüber informieren muss, was auf dem Feld vor ihm soeben passiert ist. Deutlicher kann der DFB dem Fan aus der Kurve gar nicht den Mittelfinger entgegenstrecken und ihm verdeutlichen, dass er nur als zahlendes Klatschvieh für die Unterhaltung sorgen soll ohne dumme Fragen zu stellen. Was hindert den DFB daran zu verfügen, dass die Anwendung einer Video-Entscheidung per Lautsprecher-Durchsage kurz erklärt wird?

Bei aller notwendiger Kritik an der dilettantischen Umsetzung des neuen Instruments darf aber nicht übersehen werden, dass Borussia auch im letzten Heimspiel gegen Schalke vom Schiedsrichter gewaltig benachteiligt wurde – und dies ganz ohne Einsatz von TV-Bildern. Fehler gehören zum Fußball dazu. Ein sinnvoll eingesetzter Video-Assistent hilft lediglich, die Zahl dieser Fehler im Durchschnitt deutlich zu minimieren, was selbst in der bisherigen konfusen Saison schon gelungen ist. Es kann Dieter Hecking und Max Eberl also nur beizupflichten sein, das System nicht in Gänze in Frage zu stellen, sondern vielmehr auf eine deutliche Verbesserung der Umsetzung hinzuwirken.

Max Eberl ist ebenfalls Recht zu geben, dass der Punkt gegen Schalke 04 nicht nur wegen der widrigen Umstände als Erfolg zu werten ist. Borussia lieferte insgesamt ein sehr ordentliches Spiel ab und war über 90 Minuten die bessere Mannschaft. Dies ist nicht nur wegen des deutlich geringeren Etats keine Selbstverständlichkeit. In Freiburg werden die Vorzeichen allerdings andere sein, denn hier gebührt Borussia die Favoritenrolle – geht man rein nach der Qualität der Einzelspieler und nach den finanziellen wie spielerischen Möglichkeiten beider Klubs. Auch wenn die Verletztenliste lang ist, so ist das vorhandene Spielerpersonal qualitativ absolut hochwertig. Eng wird es erst auf der Ersatzbank, wo z. B. die Herren Bobadilla und Drmic einen Klassenunterschied ausmachen gegenüber dem Stammpersonal – und dies selbst trotz eines arg schwächelnden Raffael. Der Brasilianer hatte schon in der Vorsaison mit zahlreichen Blessuren und Formschwankungen angedeutet, dass sich seine Karriere so langsam dem Ende entgegenneigt. Es ist bedenklich, dass es dem oftmals zurecht hochgelobten Scouting der Gladbacher nicht gelungen ist, ein vielversprechendes Sturmtalent als Alternative aufzutun, das allermindestens in der Schlussphase einer Partie noch einmal für echte Belebung sorgen könnte.

So wird sich die Mannschaft von Dieter Hecking quasi von selbst aufstellen. Personell schwierig wird einzig die Besetzung der Rechtsverteidigerposition. Hier erwies Sascha Stegemann der Fohlenelf einen weiteren Bärendienst, indem er Nico Elvedi für eine ebenso brillante wie blitzsaubere Grätsche die 5. Gelbe Karte verpasste. Durch den zusätzlichen Ausfall von Tony Jantschke und Fabian Johnson verbleiben kaum noch sinnvolle Alternativen für diese Position. Vermutlich wird daher der ausgeliehene Reece Oxford zu seinem Startelfdebüt kommen. Eine Alternative bestünde darin, Zakaria in die Viererkette zurückzuziehen, wo er in der Jugend bereits regelmäßig gespielt hat und dafür Michael Cuisance im zentralen Mittelfeld einzusetzen.

Auch bei den Freiburgern ist trotz der geringen Regenerationszeit mit wenigen Wechseln beim zuletzt erfolgreichen Team zu rechnen. Abwehrspieler Philipp Lienhart wird verletzt ausfallen und könnte von Söyüncü ersetzt werden, sofern dieser seine muskulären Probleme rechtzeitig auskuriert hat. Besonderes Augenmerk wird auf Nils Petersen liegen, der sich zuletzt nicht nur in Köln in bestechender Form präsentierte.

 

Freiburg: Schwolow – Stenzel, Koch, Söyüncü, Günter – Ravet, Höfler, Haberer, Kleindienst, Terrazzino – Petersen

Borussia: Sommer – Oxford, Ginter, Vestergaard, Wendt – Hazard, Kramer, Zakaria, Grifo – Stindl, Raffael

 

SEITENWAHL-TIPPS

 

Michael Heinen: Zu einem Sieg reicht es in Freiburg wieder einmal nicht. Immerhin kommt Borussia aber zu einem 1:1, was zumindest Max Eberl anschließend als Erfolg werten wird.

Christian Spoo: In der badischen Öko-Spießer-Metropole schätzt man Ordnung, Sauberkeit und Verlässlichkeit. Deswegen macht der SCF wie immer, wenn es gegen Borussia geht, ein ordentliches Spiel und behält mit dem 2:0-Sieg eine ziemlich saubere Heimbilanz gegen diesen Gegner.

Claus-Dieter Mayer: Als die Borussia zuletzt ein Erstligaspiel in Freiburg gewann, standen Max Eberl und Steffen Korell noch auf dem Platz, Gerhard Schröder war Bundeskanzler und der Ipod war gerade ein paar Monate alt. Nach dem 1:1 im Breisgau bleibt diese peinliche Sieglos-Serie auch für ein weiteres Jahr bestehen.