Dankenswerter Weise hat unser Kollege Mayer in der vergangenen Woche wissenschaftlich hergeleitet, dass die Tabelle insbesondere nach dem 11. Spieltag nicht lügt (Link). Die so festgestellte objektive Aussagekraft der Tabelle wird in meinen Augen bestätigt durch einen (subjektiven) Vergleich der aktuellen Tabelle mit den Erwartungen an die einzelnen Teams, die man den beliebten Saisonvorschauen entnehmen konnte: Mit Ausnahme des überraschend starken Aufsteigers Hannover lassen sich Erwartungen und Tabellenbild recht gut in Einklang bringen.

Das gilt auch für Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC, die am Samstag im Abendspiel in Berlin aufeinandertreffen. Hertha BSC rangiert mit 14 Punkten auf Platz 11 der Tabelle und präsentiert sich damit genau so, wie der Verein seit Jahren wahrgenommen wird: Unspektakulär im Tabellenmittelfeld. In der Europa-League sieht es ein wenig schlechter aus – die Berliner sind mit 4 Punkten Tabellenletzter und brauchen am kommenden Donnerstag in Bilbao (derzeit Dritter, überraschenderweise hinter Östersund und Luhansk) nichts anderes als einen Sieg, um überhaupt noch eine Chance auf Weiterkommen zu haben. In der Bundesliga präsentiert sich Hertha BSC neben Freiburg und Bremen als die Mannschaft mit den meisten Unentschieden. Spektakuläre Ergebnisse gibt es nicht zu vermelden – das 2:2 gegen Bayern München fiel in deren schwache Phase, die zum Rauswurf von Carlo Ancelotti führte.

Von einem Rauswurf ist wohl kaum ein Bundesligatrainer weiter entfernt als Pal Dardai. Seit 1997 im Verein hat der Ungar sowohl seine gesamte deutsche Profikarriere als auch nahezu die komplette Trainerlaufbahn in Berlin verbracht. Er gehört also gewissermaßen zum Inventar des Vereins. Dardai nennt in Interviews unter anderem Hans Meyer als Vorbild, ist aber auch bekennender Favre-Bewunderer. Die Wertschätzung ist wechselseitig: "Ich wusste, dass er einmal Trainer werden würde. Man konnte sich mit ihm gut über Fußball unterhalten. Er hat immer sehr gut verstanden, was ich als Trainer von ihm wollte.", sagt Favre über Dardai (Link). Das sieht man dem Spiel der Hertha bisweilen auch an – der Stil ist dem. was man von Favre-Mannschaften kennt, mitunter nicht unähnlich. Das Spiel am Samstag will Dardai natürlich mit seiner Mannschaft gewinnen – „Wir spielen auf Sieg!“ lautet das Zitat auf Hertha-Homepage. Für dieses Vorhaben muss Dardai auf Stark, Darida, Stocker und Schieber verzichten. Die beiden letztgenannten spielten in dieser Saison bisher keine große Rolle, Stark und Darida sind aber durchaus als Stammkräfte zu bezeichnen. Insbesondere der Ausfall von Darida im defensiven Mittelfeld dürfte eine deutliche Schwächung sein. Borussia wird auf eine Viererkette, zwei defensive und drei offensive Mittelfeldspieler sowie voraussichtlich mit Ibisevic auf einen zentralen Stürmer treffen. Torgefährlichster Hertha-Spieler ist übrigens bisher der Ex-Borusse Matthew Leckie mit vier Toren, der aber voraussichtlich erst einmal auf der Bank Platz nehmen wird. Demgegenüber ist Sinan Kurt bisher in dieser Saison noch ohne Einsatz und noch nicht einmal in der Regionalliga-Mannschaft der Hertha uneingeschränkt dabei.

Borussia abgesehen von den bekannten Langzeitverletzten auf den zuletzt bekannten Kader zurückgreifen. Insofern sind keine großen Änderungen zu erwarten. Angesichts der zuletzt nicht besonders guten Form von Oscar Wendt wurde zuletzt darüber spekuliert, dass Fabian Johnson als Linksverteidiger auflaufen könnte. Das ist sicherlich keine abwegige Vorstellung und für Johnson, der gerade mal wieder nach der richtigen Position im Kader sucht, eventuell eine Möglichkeit, sich weiter hinten in die Mannschaft zu spielen, wenn er vorne am Überangebot der Offensivspieler nicht vorbeikommt.

Borussia Mönchengladbach steht in der Auswärtstabelle deutlich besser da als in der Heimtabelle – von den einstigen Auswärtsdeppen ist also momentan nicht viel zu sehen, das macht Hoffnung. Punkte werden in Berlin auch unbedingt gebraucht, am besten derer drei. Die Inkonstanz des Spiels der Mannschaft in dieser Saison führt dazu, dass man nicht dazu kommt, sich ein gewisses Polster nach hinten zu verschaffen und auch nicht dazu, sich im Vorderfeld der Tabelle so richtig zu etablieren. Dadurch steht die Mannschaft stärker unter Ergebnisdruck, als dies eigentlich sein müsste – droht doch fast jede Woche von Neuem der Verlust des Anschlusses an die vorderen Ränge und der endgültige Sturz ins Mittelfeld. Immer dann, wenn dies der Fall war, hat uns die Mannschaft aber mit einem Sieg gnädig gestimmt. Hoffen wir, dass das auch in Berlin funktioniert und wenigstens in diesem Punkt Konstanz herrscht.

 

Denkbare Aufstellungen:

Hertha BSC: Jarstein - Pekarik, S. Langkamp, Rekik, Plattenhardt - Maier, Skjelbred - Weiser, Lazaro, Kalou – Ibisevic

Borussia: Sommer - Elvedi, Ginter, Vestergaard, Johnson - Kramer, Zakaria - Hazard, Grifo - Stindl, Raffael

 

Der SEITENWAHL-Tipp

Uwe Pirl: Entspräche der Saisonverlauf meinen Tipps, würde Borussia Deutscher Meister (mit Spoo dagegen stiegen wir ab). Irrational wie ich in Bezug auf Borussia bin, tippe ich auch in Berlin auf einen Sieg. Borussia gewinnt 2:1.

Michael Heinen: Auswärts ist Borussia eine Macht. Dies setzt sich auch in Berlin mit einem 2:1-Auswärtssieg fort.

Claus-Dieter Mayer: Berlin, Berlin...was wollen wir in Berlin...ach ja, 3 Punkte, aber es gibt nur ein ziemlich muedes 1:1

Christian Spoo: Die Berg- und Talfahrt geht weiter. Wer denkt, er habe ein neues Muster entdeckt - auswärts top, zuhause flop - muss neu überlegen, denn in Berlin gibt es eine 0:2-Niederlage nach uninspiriertem Auftritt.

Thomas Häcki: Zwei gute Halbzeiten in Hoffenheim. Zwei miserable gegen Mainz... und was kommt jetzt? Gegen Hertha spielen beide Mannschaften je eine Halbzeit gut und schlecht so dass man sich 2:2 trennt.