Bleiben oder nicht? Die Schilderungen, womit uns ein lokalpatriotischer Glasgower während der Fahrt unterhalten hatte, waren an Ohr und Herz meines Reisegefährten nicht spurlos vorübergegangen; ich meinesteils sehnte mich aber zurück nach Cannongate und der Highstreet von Edinburgh. Statt aller weiteren Antwort zeigte ich nur auf einige der dreihundert Fuß hohen Schornsteine, deren eben mehrere, wie erstarrte Dampfsäulen hoch in den Himmel stiegen. Der Schornstein ist das Wahrzeichen Glasgows. Dieser Hinweis genügte … (aus: Theodor Fontane; Jenseits des Tweed; Erstveröffentlichung 1860)

Anders als Theodor Fontane, der Glasgow auf seiner Reise durch Schottland 1858 nur zum Umsteigen nach Edinburgh nutzte und einen weiteren Aufenthalt zu vermeiden wusste, freut sich sowohl Borussia Mönchengladbach als auch der dazugehörige Anhang auf den Trip nach Glasgow – bedeutet doch das Duell gegen Celtic Glasgow ein Zusammentreffen mit einem der großen Namen der europäischen Fußballhistorie.

47 nationale Meistertitel (darunter alle Meisterschaften seit 2012), 36 Pokalsiege, 15 Ligapokalsiege, eine Endspielteilnahme (2003) im Uefa-Cup sowie ein Sieg (1967) und eine Endspielteilnahme (1970) im Europapokal der Landesmeister zeugen von einer großen Geschichte des 1887 von irisch-katholischen Einwanderern gegründeten Klubs.  Und doch liegen die letzten großen Erfolge lange zurück. National ist mit der Pleite und dem Zwangsabstieg der Rangers der große Rivale abhandengekommen, international ist man in den letzten Jahren regelmäßig am Einzug in die Gruppenphase der Champions League gescheitert (ausgenommen 2012/13, als immerhin das Achtelfinale erreicht wurde) und auch in der Europa League war häufig bereits in der Gruppenphase Endstation. Auch das ein Grund, warum in Mönchengladbach wenigstens in diesem Punkt Freude über die Auslosung herrschte: Celtic Glasgow wurde als äußerst attraktiver Gegner, der stimmungsvolle Spiele erwarten lässt, gleichzeitig aber als schlagbar im Rennen um den dritten Platz in der „Todesgruppe“ eingeschätzt.   

Diese Hoffnung hat auf Gladbacher Seite zuletzt einige Dämpfer erlitten. Zum einen ist Celtic anders als Borussia in der Gruppe nicht mehr punktlos, sondern konnte in einem Aufsehen erregenden Spiel gegen Manchester City ein 3:3-Unentschieden erreichen. In diesem Spiel wurde deutlich, dass Borussia eher nicht auf britisches Kick-and-Rush, sondern auf eine von der Handschrift des Trainers Brendan Rodgers geprägte, gut kombinierende Mannschaft treffen wird, die absolut konkurrenzfähig ist. Zum anderen kommt der vermeintlich schlagbare Gegner zum absolut falschen Zeitpunkt: Die Darbietungen der Borussen in den letzten Spielen lassen einen klaren Abwärtstrend erkennen. Darüber hinaus hat sich die Verletztenliste in Gladbach zuletzt mit Christensen und Johnson noch einmal verlängert. Durch den Ausfall der Letztgenannten sowie wahrscheinlich von Strobl, Raffael und Hazard (um nur die ausfallenden Stammkräfte aufzuzählen) stellt sich die Gladbacher Mannschaft fast von selbst auf.

Da zudem in der Champions League bei Punktgleichheit der direkte Vergleich zweier Mannschaften zählt, steht Borussia durch den Punktgewinn von Celtic gegen Manchester City unter einem gewissen Druck zu punkten.  

Was macht dennoch Hoffnung? Trotz der Misserfolge zuletzt verfügt Borussia auch ohne die Ausfälle über einen starken Kader, aus dem sich eine wettbewerbsfähige erste Elf aufstellen lässt. Die Mannschaft muss in erster Linie defensiv sicher stehen und dem Druck der vermutlich zu erwartenden Glasgower Anfangsoffensive und der lautstarken Kulisse trotzen. Ein so naives Auftreten wie zuletzt in Manchester darf sich dabei nicht wiederholen.  Gelingt dies, sollte es möglich sein, den Gegner mit schnellen Kontern zu ärgern.

Im Übrigen zeigt auch der Gegner Respekt vor Borussia. Brendan Rodgers lässt sich auf der Homepage wie folgt zitieren: This will be a very good side we are playing against. It’s certainly not the case of Manchester City being up there and we should then steamroller Borussia Monchengladbach - not at all. This will be an equally tough game in a different type of way. They have done very well and it shows the level they have been at in order to qualify for the Champions League.

Ein Wiedersehen wird es in Glasgow auch geben: Der Ersatztorwart von Celtic heißt Logan Bailly – da man in Schottland eher selten Klimaanlagen benötigt, ist Glasgow wahrscheinlich keine schlecht ausgewählte Location für ihn.

 

Denkbare Aufstellungen

Celtic: Gordon - Lustig, Kolo Touré, Sviatchenko, Tierney - S. Brown, Biton - Forrest, Rogic, S. Sinclair - Dembelé

Borussia: Sommer – Korb, Jantschke, Vestergaard, Wendt – Kramer, Dahoud – Traoré, Stindl, Herrmann – Hahn

 

Tipps der Seitenwahl-Redaktion:

Uwe Pirl: Borussia kehrt zur Viererkette zurück und kontert Celtic aus. 3:1 für Borussia.

Christian Spoo: Ein Punkt muss sein, um international zu überwintern. Nach der 1:3-Niederlage im Celtic Park sind die Überwinterungschancen nurmehr theoretisch.

Michael Heinen: Glasgow ist im heimischen Stadion sehr unbequem zu spielen. Dank Manchester ist Borussia aber vorgewarnt. Aufgrund ihrer mittlerweile schon fast legendären Auswärtsstärke erkämpft die Fohlenelf ein mühsames 2:2 und katapultiert sich damit in eine ordentliche Ausgangslage für Platz 3.

Claus-Dieter Mayer: Mit mir und dem Spoorakel im Stadion kann ja eigentlich nichts schief gehen: Borussia überrascht alle Kritiker mit einem 3:1 Sieg in der Höhle des schottischen Löwen.

Volkhard Patten: Auch ohne Christensen und Raffael reicht es für einen 3:1-Sieg in Glasgow.