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Was Borussia in der vergangenen Saison erleben durfte, haben nun die Überraschungsmannschaften der abgelaufenen Bundesligaspielzeit vor sich: Eintracht Frankfurt und den SC Freiburg erwartet die ungewohnte Doppelbelastung aus Liga, DFB- und Europapokal. Im Fall Freiburg ist es ganz genau wie in Gladbach: die Mannschaft verlor nach einer sensationellen Spielzeit, die fast in die Champions-League geführt hätte, zahlreiche Leistungsträger. Ob die adäquat ersetzt wurden, wird sich erst in einigen Woche oder gar Monaten sagen lassen können. Frankfurt dagegen verlor keinen wichtigen Spieler und hat sich auf den ersten Blick sinnvoll verstärkt – mit Spielern, die die Liga kennen, teilweise aus Freiburg.


Die Badener hatten es bis zum letzten Spieltag in der Hand, die Champions-League-Qualifikation zu erreichen. Erst die Heimniederlage gegen den direkten Konkurrenten Schalke 04 machte diesen Traum zunichte – wobei in Freiburg wohl auch über die Teilnahme an der Europa-League niemand traurig sein wird. Vor der Saison hatte den SC niemand auf dem Zettel, wenn es um Kandidaten fürs internationale Geschäft ging.


Trotzdem hing der Haussegen in Freiburg gegen Ende der letzten Spielzeit nicht ganz gerade. Die Mannschaft ist auseinandergefallen. Fünf Stammspieler wechselten zu Ligakonkurrenten. Trainer Christian Streich schien ob dieser Tatsache zwischenzeitlich fast die Lust an seinem Job zu verlieren. Vielleicht nicht das Schlechteste, dass der Adressat des Trainerzorns, Sportdirektor Dirk Dufner, dem Breisgau ebenfalls den Rücken kehrte und in Hannover anheuerte. Dass  Dufnerr vielen Spielern Ausstiegsklauseln mit recht überschaubaren Ablösesummen in die Verträge geschrieben hatte, hatte den Trainer verärgert, denn der sah sich um die Früchte seiner Aufbauarbeit gebracht. So nachvollziehbar der Streichs Ärger ist, so unvermeidbar scheinen allerdings heutzutage solche Vertragskonstrukte. Keine Klausel, keine Unterschrift – dieser Logik müssen sich außer Bayern München vermutlich inzwischen alle Vereine beugen, natürlich auf unterschiedlichem Niveau. Freiburg kauft Kruse von St. Pauli, Gladbach kauft Kruse von Freiburg, Dortmund kauft Reus von Gladbach, Bayern kauft Götze von Dortmund – so ungefähr stellt sich die Nahrungskette im deutschen Fußball in diesen Tagen dar. Das kann man kritisieren, ändern kann man es nicht.


Im Fall Freiburg muss man konstatieren, dass die Dufner-Nachfolger Klemens Hartenbach und Jochen Saier alles getan haben, um die Abgänge halbwegs zu kompensieren: Flum, Rosenthal, Kruse, Caligiuri und Makiadi sind weg, es kommen Coquelin, Gelson Fernandes, Jullien, Pilar, Hanke und Mehmedi – außerdem einige hoffnungsvolle Nachwuchskräfte.


Immerhin konnte der SCF mit Torwart Oliver Baumann und Matthias Ginter  zwei umworbene Spieler halten. Der Keeper ist gerade den Fans von Borussia Mönchengladbach in unguter Erinnerung, wuchs er doch gleich mehrfach in den Duellen beider Vereine über sich hinaus.
Der Franzose Chrisopher Jullien wird die Abwehr der Freiburger ergänzen. Ob der 20-jährige Manndecker auf Anhieb den Sprung in die Stammelf schafft, ist nicht gesagt. Mit Ginter, Krnas und Diagne sind drei bewährte Kräfte weiter an Bord. Der junge Immanuel Höhn bewährte sich gegen Ende der letzten Saison ebenfalls in der Innenverteidigung  Auf den defensiven Außenpositionen gilt das gleiche: Sorg und Mujdza sind ebenso geblieben, wie der norwegische Nationalspieler Hedenstad, dem der Durchbruch in seinem ersten Freiburger Jahr noch verwehrt blieb.


Stark verändert stellt sich das Mittelfeld der Breisgauer dar, nachdem mit Cedric Makiadi und Johannes Flum die etatmäßigen Sechser nicht mehr da sind. Es bleibt Kapitän Julian Schuster, der auf der Position vor der Abwehr in der vergangenen Saison gute Spiele machte. Auch Ginter hat auf dieser Position seine Fähigkeiten schon unter Beweis gestellt. Neu sind zwei Spieler mit nicht unerheblicher internationaler Erfahrung. Der französische U-21-Nationalspieler Francis Coquelin. gehört Arsenal London und hat für die Gunners auch 21 Mal in der Premier League und sieben Mal in der Champions-League gespielt. Das Leihgeschäft mit Freiburg ist auf ein Jahr ausgelegt, eine Kaufoption für den 22jährigen konnte sich der Bundesligist nicht sichern. Kaufen konnte der SC den Schweizer Gelson Fernandez. Der 26jährige spielte schon in den Eliteklassen Frankreichs, Englands, Italiens, Portugals und der Schweiz.


Auch für die Offensive hat Freiburg Spieler mit reichlich internationalem Renommée geholt. Der Tscheche Vaclav Pilar könnte auf der linken Außenbahn einen Qualitätssprung bewirken, allerdings erholt sich der 24jährige immer noch von den Folgen des Kreuzbandrisses, der ihn als Spieler des VfL Wolfsburg die komplette abgelaufene Saison verpassen ließ. Der dribbelstarke Techniker wird frühestens Mitte der Hinrunde spielen können. Bis dahin muss Christian Streich auf den jungen Hendrik Zuck setzen oder aber – wie in der vergangenen Saison verschiedentlich gesehen – den eigentlich rechts verorteten Jonathan Schmid auf die andere Seite ziehen.
Auf der rechten Seite bietet sich neben Schmid auch der Rückkehrer Nicolas Höfer an, der in der zweiten Liga als Leihspieler bei Erzgebirge Aue Stammkraft auf dieser Position war. Auch der aus Fürth gekommene Felix Klaus kann dort spielen.
Im Angriff  hat Christian Streich zwei gut qualifizierte Kandidaten für die Rolle des „Neuneinhalbers“, also des hängenden Stürmers. Neben dem in Gladbach wohlbekannten Mike Hanke ist der Schweizer Nationalspieler Admir Mehmedi gekommen. Der 22jährige kommt von Dinamo Kiew, zunächst leihweise, wobei Freiburg in diesem Fall eine Kaufoption erwerben konnte. Er ist ein anderer Spielertyp als Hanke, gilt in Freiburg als Nachfolger des zu Borussia gewechselten Max Kruse. Ein echter Top- Stoßstürmer fehlt im Kader der Badener bisher. Felix Klaus, Karim Guédé oder auch Sebastian Freis kommen für den Angriff in Frage, wahrscheinlicher ist aber wohl eine Lösung mit Hanke und Mehmedi.


Wie Freiburg mit der Doppelbelastung nationaler und internationaler Wettbewerb zurechtkommen wird, ist kaum zu prognostizieren. Die Abgänge wurden ersetzt, wenn es gut läuft, ist die Qualität auf der einen oder anderen Position sogar höher, als zuvor. In der Breite ist der Kader aber mit Sicherheit nicht stärker geworden. Ein Abstiegskandiat ist der SC Freiburg nicht, ähnlich wie bei Borussia ein Jahr zuvor ist eine Platzierung um Platz neun herum ein realistisches Ziel. Damit dürfte im Breisgau auch jeder leben können. Unbescheidenheit gehört nicht zu den Eigenschaften des Vereins.


Auf Eintracht Frankfurt lässt sich dieser Satz wohl nicht anwenden, auch wenn die einstige Großmannssucht am Main unter der Ägide des Heribert Bruchhagen doch zusehends einem vernünftigen Realismus gewichen ist. Aber mit der Qualifikation für die Europa-League wachsen in Frankfurt auch die Ansprüche und ein Hauch „Zwietracht Zankfurt“ umweht den Verein auch in diesem Sommer. Das liegt nicht zuletzt am Erfolgstrainer der vergangenen Spielzeiten. Armin Veh zierte sich lange, seinen Vertrag bei der Eintracht zu verlängern. Die Tut-er’s-tut-er’s-nicht-Meldungen dominierten die Berichterstattung über den Club wochenlang. Als Veh dann tatsächlich für eine weitere Saison unterschrieben hatte, gab es Zoff um den frisch eingestellten Mediendirektor, dessen Nase dem Trainer nicht passte. Ein Zeichen der Macht, die Veh nach zwei sehr guten Frankfurter Jahren hat: der Mann musste gehen, noch bevor er seinen Job angetreten hatte. Kurz danach knarzte es zwischen Vorstandschef Bruchhagen und dem Trainer in Sachen Transfers. Arsenal-Stürmer Nicklas Bendtner wäre wohl gekommen, Bruchhagen entschied aber, dass der kapriziöse Däne nicht zum Verein passt. Veh sah das anders und monierte, dass Bruchhagen die Entscheidung öffentlich gemacht hatte. Nun wissen Borussen-Fans, dass man mit einem eigenwilliger Trainer, der auch schon mal mit den anderen Verantwortlichen über Kreuz liegt, durchaus Erfolge feiern und mindestens mittelfristig kontinuierlich arbeiten kann. Von daher sollte man die Kleinquerelen um Veh nicht überbewerten.


Deutlich Entscheidender für den Erfolg der Eintracht in der neuen Saison dürfte sein, dass der Verein keinen Leistungsträger abgeben musste. Im Gegenzug wurden zahlreiche Spieler geholt, die die Mannschaft in der Breite und in der Spitze verstärken könnten. Schwer zu prognostizieren ist dagegen, ob Spieler wie Alex Meier ihre außergewöhnliche Form über die Sommerpause hinaus konservieren konnten und ob Nachwuchsstars wie die beiden Sebastiane Jung und Rode Leistungslöchern, die wohl normal wären, ausweichen können.


Im Angriff fehlt Armin Veh nach dem geplatzten Bendtner-Transfer noch ein Top-Mann. In der Verlosung sind Vaclav Kadlec oder der in Hoffenheim gescheiterte Eren Derdiyok. Darüber hinaus hofft man bei der Eintracht, dass der Spanier Joselu die Hoffnungen, die er bei „1899“ Hoffenheim enttäuschte bei seiner zweiten Station in Deutschland erfüllen kann. Der großgewachsene frühere Real-Madrid-Nachwuchsmann war in Hoffenheim der Eiserne-Besen-Aktion des neuen Trainers Markus Gisdol zum Opfer gefallen. Aber auch wenn er in Frankfurt durchstarten sollte, ist kaum vorzustellen, dass seine Ankündigung, im Zweifelsfall nicht für die spanische sondern für die deutsche Nationalmannschaft spielen zu wollen, im Lauf dieser Saison wirklich Relevanz erhält. Srdan Lakic könnte sich in der neuen Saison wie schon in Wolfsburg und Hoffenheim als Edelreservist auf der Bank wiederfinden. Nach spektakulärem Einstand im vergangenen Winter wollte dem Kroaten auch in Frankfurt streckenweise nur wenig gelingen.
Neuzugang Jan Rosenthal erweitert die Optionen der Frankfurter im Offensivspiel. Im zentralen Mittelfeld kann der aus Freiburg verpflichtete Spieler ebenso eingesetzt werden, wie als hängende Spitze. Damit kann er ziemlich genau das, was auch den erfolgreichsten Frankfurter Torschütze der Vorsaison, Alex Meier, auszeichnet. Die Außenspieler Inui und Aigner werden ihre gute Saison bestätigen müssen, als Ergänzung wurde Stephan Schröck, der philippinische Nationalspieler, aus Hoffenheim geholt. Wie Joselu hatte er im Kraichgau Probleme und hofft auf einen Neustart gut 100km nördlich. Karim Matmour dagegen hat Frankfurt gen Kaiserslautern verlassen, wie auch der einstige Fürther Wunderstürmer Oliver Occean, für den die Bundesliga eine Nummer zu groß zu sein schien. Backup für die linke Außenbahn mit Hoffnung auf mehr ist außerdem der junge Sonny Kittel.


Im defensiven Mittelfeld hat der Frankfurter Kader nach dem Zugang von Johannes Flum eine bemerkenswerte Qualität: die Stammkräfte der vergangenen Saison, Rode und Schwegler, sind noch da, Martin Lanig ist ein solider Ergänzungsspieler. Auch Marco Russ ist ein Kandidat für die Sechs.
Russ kann auch Innenverteidiger spielen, anstelle der wohl zunächst gesetzten Bamba Anderson und Carlos Zambrano. Auch auf den defensiven Außenpositionen bleibt alles beim alten: Oczipka und Djapka sind die Kandidaten für links, Jung und Celozzi für rechts. Die Abwehr kette bleibt aber die Achillesferse der Eintracht.. Dass Armin Veh so nachdrücklich weitere Verstärkungen in der Offensive einfordert und in der Abwehr offenbar keinen großen Handlungsbedarf sieht, darf angesichts der Erfahrungen aus der vergangenen Saison und der Aussicht auf eine deutliche Mehrzahl an Spielen in der neuen, schon etwas verwundert zur Kenntnis genommen werden.
Ein Wort noch zur Torwart-Position. Stamm-Keeper Kevin Trapp ist wieder fit – auf dem Mannschaftsfoto der Frankfurter aber fehlt eine Konstante, die  fast 20 Jahre lang nicht wegzudenkten war. Der „ewige Oka“ Nikolov beendet seine Karriere in den USA. Anstelle seiner holte Frankfurt den Duisburger Keeper Felix Wiedwald.


Durch die Verbreiterung des Kaders dürfte Eintracht Frankfurt, vorausgesetzt die Spieler bleiben weitgehend gesund, für die anstehende Doppelbelastung gut gerüstet sein. Das Team ist homogen besetzt, es hängt nicht von einzelnen Spitzenspielern ab, fast jede Position ist doppelt mit nahezu gleichwertigen Spielern besetzt. In der Liga wird es für die Eintracht allemale für einen Platz im Mittelfeld reichen, wenn es noch einmal so gut läuft, wie in der Vorsaison, ist auch das erneute Erreichen des internationalen Geschäfts im Rahmen des Möglichen.