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Borussia verspielt bei einem direkten Konkurrenten wichtige Zähler im Kampf um das internationale Geschäft. Spielerisch deutet man nicht ansatzweise an, dass die Mannschaft genau dort hingehört. Gefährlich vor das gegnerische Tor kommt man nur durch eine einzige, passable Einzelaktion.

Anlass genug, um sich gewaltig über den Auftritt in Freiburg zu ärgern – und doch will sich echter Furor irgendwie nicht  breitmachen. Mehr scheint unter den aktuellen Vorzeichen einfach nicht drin zu sein.

Man könnte sich an dieser Stelle über die schwachen Leistungen der Einzelspieler beklagen. Über ein zentrales Mittelfeld, dass nur in Ausnahmefällen am Offensivspiel teilnimmt. Über einen überforderten Oscar Wendt im linken Mittelfeld. Über einen Torwart, der im Spiel mit dem Ball einen deutlichen Hang zur Selbstüberschätzung zeigt. Über einen unsichtbaren Amin Younes oder einen abgemeldeten Luuk de Jong. Und nicht zuletzt über die Feststellung, dass man im Vergleich zu einem Gegner wie Freiburg Mann für Mann einen Funken weniger spritzig, weniger hungrig und weniger sicher am Ball wirkt.

Aber das alles ist nicht neu. Es ist Ausdruck einer Borussia, die seit dem Herbst des vergangenen Jahres von ihrem Trainer strikte, taktische Disziplin verordnet bekam. Eine Disziplin, die mutiges Offensivspiel, nicht zuletzt erkennbar durch ein aktives Nachrücken der Außenverteidigung und der Doppelsechs, nur in wenigen Spielphasen vorsieht. Eine Disziplin, mit der man einerseits die Defensive wieder stabilisieren und zu den internationalen Plätzen aufschließen konnte, die aber gleichzeitig wenig Platz für die spielerische Entwicklung der Mannschaft zu lassen scheint.

Diktierte Zurückhaltung

Besonders in Auswärtspartien ist das Konzept der Borussia nach wie vor darauf ausgelegt, hinten den Laden dicht zu halten und vorne durch wenige Nadelstiche zum Erfolg zu kommen. Und wer weiß, hätte Patrick Herrmann seine sehenswerte Einzelleistung in der 53. Minute nicht mit Lattentreffer, sondern mit Torerfolg abgeschlossen, hätte das Konzept mal wieder aufgehen können.

Bis dahin trat Borussia offensiv fast gar nicht in Erscheinung, die Angriffsreihe des VfL sah sich in der Freiburger Hälfte stets mit einer großen Überzahl von Gegenspielern konfrontiert. Erst im Anschluss an Herrmanns Chance folgten knappe 15 Minuten, in denen man insgesamt etwas höher stand und den Eindruck erweckte, selbst die Initiative ergreifen zu wollen. Hauptsächlich festzumachen vor allem daran, dass mit Harvard Nordtveit ein Vertreter der Mittelfeldzentrale leicht überraschend entschied, den gar nicht mal so engen Raum vor dem Freiburger Strafraum nicht mehr als Sperrzone zu betrachten. So ergaben sich zumindest in dieser kurzen Phase so etwas wie ein Kombinationsspiel, bei dem aber wie so häufig die letzte Konsequenz fehlte.

Das die bis dahin beste Kombination der Favre-Elf nur die Ouvertüre zum Freiburger Führungstreffer bot, ist dabei bezeichnend. Weniger, dass der durch seine Gesichtsmaske spürbar beeinträchtigte Martin Stranzl die gegnerische Überzahl mit seiner missglückten Abwehraktion an der Mittellinie mit provozierte, sondern das Borussia ausgerechnet dafür bestraft wurde, nun nicht mehr ganz so defensiv zu agieren. Müssen sich die Verfechter der Zement-Taktik also bestätigt fühlen?

Wohl kaum, denn die darauffolgenden zwanzig Minuten bewiesen noch einmal aufs Deutlichste, voran es der Mannschaft am meisten fehlt: Es ist nach wie vor der „Plan B“, die Fähigkeit, umzuschalten, und mit Leidenschaft und Druck auf ein Tor zu drängen. Tugenden, die keine überragende, individuelle Klasse verlangen. Aber eben auch Tugenden, die im derzeitigen Mannschaftskonzept nicht verlangt werden – wie sie schon zu Zeiten von Reus und Dante nicht vorgesehen waren.

Allein, die individuelle Klasse und Kaltschnäuzigkeit konnte dies in der vergangenen Saison vielfach überdecken. Heute fehlen der Mannschaft Sicherheit und Selbstvertrauen im Kombinationsspiel, um nur durch eine Strategie der Nadelstiche erfolgreich zu sein. Und so wirkt das Ganze dann häufig wie das bloße Verwalten einer bevorstehenden Niederlage, vermissen nicht nur die Anhänger, sondern auch der hochdekorierte Vizepräsident die Leidenschaft.

"Sie waren besser. Punkt."

Lucien Favre erklärt die Niederlage kurz und knapp mit der in allen Bereichen höheren Qualität eines Gegners aus dem beschaulichen Breisgau, der mit einem Bruchteil des Gladbacher Etats über die gesamte Saison hinweg spielerisch überzeugen kann. Da dies nur bedingt mit der individuellen Klasse der Einzelspieler erklärbar sein kann, ist diese deutliche Feststellung des Trainers wohl nicht zuletzt auch eine kritische Frage an sich selbst.

Vielfach fällt nicht ganz zu Unrecht der Begriff der „Übergangssaison“. Das trotz einer durchaus zugestandenen Transformation der Mannschaft eine Europa League-Teilnahme nach wie vor realistisch ist, hat man vornehmlich den ebenso schwankenden Auftritten der Konkurrenz zu verdanken.

Doch ein Übergang bietet auch immer die Chance für Experimente und die Gelegenheit, sich über die zukünftige Spielweise einer Mannschaft Gedanken zu machen. Dem Vernehmen nach geschieht dies sehr eifrig im Rahmen vieler Besprechungen im Hintergrund – doch im Wettkampfalltag scheint man sich mit Blick auf Aufstellung, Einwechslungen und taktischer Ausrichtung für dieses Jahr mit den bekannten Problemen abgefunden zu haben.

Es hat ein wenig den Anschein, als wolle sich Borussia in den letzten sieben Spielen noch irgendwie über die Ziellinie schleppen – und am liebsten sogar eine, die die Teilnahme an den internationalen Plätzen markiert. Ob es in dieser Form reicht, bleibt abzuwarten.