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Mainz 05Durch einen verdienten und vor allem in der zweiten Hälfte ungefährdeten 3:0 Erfolg bei einer zugegebenermaßen wenig inspirierten Mainzer Mannschaft gelang  Borussia ein angemessener Abschluss der besten Gladbacher Saison seit 16 Jahren. In den vergangenen Tagen hätte man mit Blick auf die Personaldiskussionen in Presse und Umfeld fast schon den Eindruck gewinnen können, nicht der rheinische Nachbar aus Köln, sondern die Borussia stehe unmittelbar vor dem sportlichen Exodus. Während man in Müngersdorf den scheidenden Lukas Podolski in einer grotesk anmutenden Abschiedszeremonie frenetisch bejubelte, um in den folgenden 90 Minuten mit einer erneuten Minderleistung sang- und klanglos abzusteigen, sorgte allem voran die Diskussion um die Zukunft von Erfolgstrainer Favre für nackte Panik in Teilen der Gladbacher Anhängerschaft. Zudem blieben die ebenso erhofften wie geforderten Weltklasse-Neuzugänge bisher aus, sodass in Augen der größten Pessimisten unter den Fans praktisch schon jetzt alle Chancen verspielt wurden, um in der neuen Saison mit einer wettbewerbsfähigen Mannschaft aufzulaufen.

Der lockere Aufgalopp am neuen Bruchweg sorgte da für eine willkommene und versöhnliche Abwechslung. Zugleich mischten sich in der Trainerfrage auch wieder optimistischere Aussagen der Verantwortlichen in die wachsende Besorgnis. Wurde das RheinEnergie-Stadion im Anschluss an den Abpfiff von schwarzen Rauchschwaden und Tränen der FC-Fans dominiert, so darf man als Anhänger der Fohlen weiter auf weißen Rauch über dem Borussia-Park hoffen, sollte sich der Verein in den nächsten Tagen mit Lucien Favre über die Verlängerung, mindestens aber über eine klare  Fortsetzung seines bis 2013 datierten Vertrages einigen. Doch ganz unabhängig von den ausstehenden Entscheidungen zum Personal der kommenden Spielzeit verdienen die vergangenen anderthalb Fußballjahre am Niederrhein noch einmal allerhöchste Anerkennung.

 

Die großartige Leistung einer lediglich überdurchschnittlich besetzten Mannschaft, die sich mit dem Vertrauen in ein klares Konzept am Ende souverän den vierten Platz in der Bundesliga sichern konnte, kann auch von einem etwas holprigen Saisonende nicht wirklich geschmälert werden. Gegen Mainz 05 zeigten die Fohlen noch einmal einiges von ihrem geschickten Offensivspiel, durch das man über rund Zweidrittel der Saison für einen Großteil der Gegner unberechenbar blieb. Eine stabile Defensive, gepaart mit einem schnellen und zielstrebigen Umschaltspiel sollte und wird wohl auch in der neuen Saison die Grundlage der Spielphilosophie Borussias bilden.

 

Marco Reus machte dabei eindrucksvoll deutlich, warum man seine Qualität in der neuen Spielzeit – ganz unabhängig von der Wahl seines Nachfolgers – schmerzlich vermissen wird. Bei seinen Saisontreffern 17 und 18 vollendete er zwei sehenswerte Kombinationen aus dem Mittelfeld, das dritte Tor durch Igor De Camargo bereite er selber mustergültig vor. Mit Roman Neustädter, der Reus beim 2:0 auf die Reise geschickt hatte, geht zudem ein unerbittlicher Dauerläufer, dessen fehlende Konstanz im Offensivspiel man vielleicht weniger vermissen wird, sein Wert für die Stabilität des Mittelfeld aber nicht unterschätzt werden sollte. Gleichzeitig gab Tolga Cigerci  als einer seiner potentiellen Nachfolger auf der „Doppel-Sechs“ ein starkes Startelf-Debüt und auch Nachwuchstalent Julian Korb feierte auf dieser Position in den letzten knapp zwanzig Minuten seine Bundesliga-Premiere.

 

Neu-Bayer Dante wurde mit Ausnahme einer fragwürdigen Szene gegen Szalai, bei der ihm der Schiedsrichter wohlgesonnen einen Freistoß zusprach, und einer starken Rettungstat gegen Choupo-Moting (beide Szenen im ersten Durchgang) wenig gefordert. Über die Besetzung der Innenverteidigung ab dem kommenden Sommer kann bisher nur spekuliert werden, wahrscheinlich ist jedoch, dass Borussia einen neuen Mann für die Mitte unter Vertrag  nehmen wird, der das verbleibende Bollwerk aus Roel Brouwers und Martin Stranzl ergänzen soll. Hoffnung macht zudem der engagierte Auftritt Alexander Rings, der zwar etwas ungestüm auftrat, jedoch seinen Wert als schneller und flexibler Mittelfeld-Allrounder erneut andeuten konnte. Ohnehin wird es in der neuen Saison neben gezielten Neuverpflichtungen notwendig sein, die nicht wenigen aufstreben Talente im Kader der Borussia verstärkt zu fördern, um auch in der Breite den neuen, auch internationalen Anforderungen gerecht zu werden.

 

Damit führt bei aller Freude und Genugtuung über die erfolgreiche Saison nun für alle Verantwortlichen und Beobachter der Borussia definitiv kein Weg mehr an der Beschäftigung mit der bevorstehenden Saison vorbei – oder doch? Es würde kaum verwundern, wenn Lucien Favre selbst nach dem letzten Spieltag noch seine ganz eigenen, kurzfristigen Ziele verfolgen würde. Schließlich steht an diesem Donnerstag noch ein echter „Klassiker“ gegen einen deutschen Traditionsclub an. Wie heißt es in der Wikipedia über Borussias Freundschaftsspiel-Gegner aus Hanau: „Der 1. Hanauer Fußball-Club 1893, gegründet am 23. März 1893, ist der älteste hessische Fußball-Club. Der Verein war am 28. Januar 1900 eines der Gründungsmitglieder des Deutschen Fußball Bunds (DFB) und zählte in den ersten beiden Jahrzehnten seines Bestehens zu den besten süddeutschen Fußballmannschaften. […] In den 1990er Jahren rutschte der FC Hanau 93 bis in die Kreisliga A ab, in den letzten Jahren pendelte man zwischen Kreisoberliga und Gruppenliga.“

 

Womöglich wird man sich daher mit Vollzugsmeldungen noch gedulden müssen, bis das schwere Spiel gegen den Abstiegskandidaten der siebthöchsten deutschen Spielklasse überstanden ist. Ob dann Marco Reus und Marc-André ter Stegen noch auflaufen werden, die beide von Joachim Löw für den vorläufigen Kader der Nationalmannschaft für die EM in Polen und der Ukraine nominiert wurden, ist noch unklar. Am Freitag geht es für die beiden mit dem DfB-Tross nach Sardinien. Tony Jantschke konnte den Bundestrainer am Samstag offenbar nicht mehr nachhaltig von sich überzeugen und blieb trotz der Spekulationen einer großen deutschen Boulevard-Zeitung ebenso unberücksichtigt wie die zuvor gehandelten Mike Hanke und Patrick Herrmann. Für die Nicht-Nationalspieler in den Reihen Borussias beginnt am Freitag eine siebenwöchige Pause vom Profifußball.

 

Sportdirektor Max Eberl hingegen stehen wohl alles andere als erholsame Wochen bevor. Nicht nur muss er mit den verfügbaren Mitteln einen der bevorstehenden Dreifachbelastung durch Bundesliga, Pokal und europäischen Wettbewerb entsprechenden Kader zusammenstellen, sondern auch das andauernde Rätsel um den Vertrag des Trainers schnellstmöglich lösen.