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Deutschlands geballte Fußballkompetenz war sich einig. Gegen die übermächtigen „20-Tore-Bayern“ wurde den zuletzt etwas schwächelnden Gladbachern nicht der Hauch einer Chance eingeräumt. Wie schon so oft in dieser Saison wurden aber sämtliche Experten einmal mehr durch eine beeindruckende Leistung der Borussia widerlegt. Zum dritten Mal in Folge konnte der FC Bayern München die Elf von Lucien Favre nicht knacken. Einzig der tragische Verlauf des Elfmeterschießens entschied eine Partie zweier gleichwertiger Mannschaften, die beide erhobenen Hauptes auf einen hochklassigen Pokalfight zurückblicken dürfen.


Die Gäste mögen von zwei starken Mannschaften noch die etwas stärkere gewesen sein und ohne Zweifel erarbeiteten sie sich die größere Zahl an hochkarätigen Torchancen. Dies schmälert aber nicht die Leistung der vermeintlich so unterlegenen Gastgeber an diesem Abend. Borussias Defensivverbund blieb gegen die hochkarätige Offensive der Bayern – mit zwei deutschen Nationalstürmern sowie zwei der besten Außenspieler der Welt – über 120 Minuten eindeutiger Punktsieger. Geniale Spieler wie Ribery und Robben, die sich momentan in absoluter Bestform präsentieren, lassen sich niemals zu 100% ausschalten. Tony Jantschke und Filip Daems kamen der Perfektion aber sehr nahe. Bedenkt man zudem, dass sie diese Leistung innerhalb des vergangenen Jahres in beeindruckender Regelmäßigkeit abrufen, so gibt es in der Bundesliga aktuell kaum einen Außenverteidiger, der an ihre Defensivleistungen heranreicht. Es überrascht daher, dass Jantschke noch nicht ins direkte Blickfeld des Bundestrainers gerückt ist, der seit Monaten händeringend einen geeigneten rechten Außenverteidiger sucht. Es wäre eine Verhöhnung des Leistungsprinzips, wenn anstelle von Jantschke allen Ernstes ein Spieler wie Dennis Aogo in die Ukraine reisen dürfte.

 

Nicht weniger imposant war der Auftritt von Abwehrchef Dante, der mit bedingungslosem Einsatz, klugen Spieleröffnungen und vorbildlichem Führungsverhalten allen Kritikern verdeutlichte, noch immer 100% für Borussia zu geben. Auch wenn die Indizien stark für einen Wechsel zum FC Bayern zur neuen Saison sprechen, kann ihm niemand ernsthaft unterstellen, den Elfmeter absichtlich matthäus-like über das Tor geschossen zu haben. Vorwerfen kann man ihm höchstens, die besondere Drucksituation, in der er sich zweifelsohne befunden hat, unterschätzt zu haben. Es wäre der einfachere – und wohl auch klügere – Weg gewesen, auf eine Teilnahme am Elfmeterschießen zu verzichten. Dante sieht sich aber zurecht als Führungsspieler und wollte auch in dieser schweren Situation als Vorbild vorneweg gehen, was bei aller berechtigter Kritik als ehrenwertes Motiv anerkannt werden sollte.

 

Ganz besonders bitter ist es, dass mit diesem Fehlschuss die widerwärtige Boulevard-Kampagne ihr gewünschtes Ziel erreicht hat. Man braucht keinen besonderen Hang zur Paranoia zu entwickeln, um sich vorzustellen, dass es beim FC Bayern den einen oder anderen Mitarbeiter gibt, der gewisse Meldungen und Gerüchte bewusst in der örtlichen Presse streut. Als Borussia vor einem knappen Monat den FC Schalke 04 überrollt hatte und sich anschickte, den Bayern im Meisterschaftskampf ernsthaft gefährlich zu werden, erschien pünktlich am Tag des Auswärtsspiels in Kaiserslautern jener Artikel, nach dem Dantes Wechsel bereits damals festgestanden haben sollte. In der Folgezeit wurde dies zwar von Spieler, Berater und Verein mehrfach glaubhaft dementiert, was eine Vielzahl journalistischer Zweitverwerter aber nicht daran hinderte, die Ursprungsmeldung weiter zu verbreiten. Eigene Recherchen anzustellen, wird im heutigen Journalismus weitgehend als lästiges Übel angesehen. Als die WZ z. B. vermeldete, Dante habe bereits sein Haus verkauft, wurde dies direkt von mehreren – teils als seriös geltenden – Journalisten weiter verbreitet, obwohl sich mit einem Anruf hätte klarstellen lassen, dass der Brasilianer in Wirklichkeit zur Miete wohnt.

 

Doch die Informationsfunktion tritt in den Medien dieser Tage immer weiter in den Hintergrund. Wichtig ist nicht, was stimmt, sondern was sich für den Leser stimmig anhört. So war es keine Überraschung, dass Anfang der Woche – also kurz vor dem direkten Pokalduell – erneut die bayerische Medienmaschinerie angeworfen wurde, die eine Vertragsunterschrift und offizielle Bekanntgabe des Wechsels direkt nach Spielende ankündigte. Nach jetzigem Kenntnisstand war dies eine Fehlmeldung, die aber dennoch ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben scheint.

 

In der Borussen-Offensive war wieder einmal Marco Reus eine der treibenden Kräfte, der bei zwei Großchancen an Manuel Neuer scheiterte. Trotzdem scheint er sein Formtief der vergangenen Wochen überwunden zu haben, wenngleich ihm nicht mehr alles so optimal gelingt wie es über weite Strecken der Vorrunde und zu Beginn der Rückserie der Fall war. Es sind meist nur wenige Zentimeter, um die seine Pässe und Torschüsse unpräziser ausfallen, aber in einigen Situationen können diese über Tor oder Fehlschuss entscheiden.

 

Mit Manuel Neuer hatte er dieses Mal aber auch den Nationaltorhüter zum Gegner, der genau wie sein Gegenüber Marc-André ter Stegen eine Klasseleistung ablieferte. Gerade in Eins-zu-Eins-Situationen sind die beiden alleine schon durch ihre starke Präsenz anderen Torhütern wie Leno oder Zieler weit voraus. Dass Neuer am Ende einen schwach geschossenen Elfmeter parieren konnte und ter Stegen gegen die weitaus platzierteren Strafstöße chancenlos blieb, ist reine Glückssache und rechtfertigt keinesfalls eine bessere Bewertung des Müncheners – zumal Borussias Nr. 1 während der 120 Minuten weitaus häufiger mit guten Paraden gefordert wurde.

 

Alles in allem lässt sich bei aller Tragik einiges Positive aus dem Pokal-Aus mitnehmen. Die Defensive verharrt auf gewohnt hohem Niveau, Marco Reus kommt wieder besser in Form, Patrick Herrmann ist wieder fit und schien durch seine Verletzung nicht ernsthaft gehandicapt. Es besteht also überhaupt kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Und es besteht ebenso kein Grund zur Annahme, dieses tragische Ausscheiden könnte die Mannschaft für die Saisonendphase aus der Bahn werfen. Im vergangenen Jahr hatte Borussia einige schwierige Situationen zu meistern. Nach den Niederlagen gegen Kaiserslautern und in Mainz schien voriges Jahr der Abstieg bereits jeweils besiegelt. In der Vorrunde wurde eine Phase von 4 Pflichtspielen ohne Sieg ebenso mit einer Siegesserie beantwortet wie zuletzt den 3 schwächeren Auftritten ein eindrucksvoller Erfolg in Leverkusen folgte. Die Mannschaft von Lucien Favre hat ihren Charakter also mehr als einmal unter Beweis gestellt und es ist fest davon auszugehen, dass es ihr in den kommenden Wochen ein weiteres Mal gelingen wird.