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Wer einen Kantersieg erwartet hatte, hat den SEITENWAHL-Vorbericht nicht gelesen. Ja, oft in dieser Saison herrschte beim HSV das Prinzip Scheunentor. Beim ersten Gegentor fiel die Defensive gern mal in sich zusammen: fünf Gegentore gegen Hoffenheim, sechs gegen Dortmund, fünf gegen Leverkusen. In den letzten sieben Pflichtspielen vor Mirko Slomkas Amtsübernahme kassierten die Hamburger nicht einmal weniger als drei Gegentore. Aber: Die Schließung des Scheunentores ist Slomkas größte Hamburger Errungenschaft bis jetzt. Das Gladbach-Spiel war das siebte unter seiner Leitung. In den sechs davor hatte die einstmalige Schießbude nie mehr als ein Gegentor eingesteckt.

Es war also zu erwarten, dass der HSV abwartend agieren, diszipliniert die taktische Ordnung halten und den Borussen durch gallige Zweikampfführung auf die Nerven gehen würde. So gesehen ist ein 3:1, zumal nach Rückstand, als Ergebnis aller Ehren wert. Ein bisschen weniger einschläfernd hätte es aber gern sein dürfen. In der ersten halben Stunde fühlte man sich wie im Wartezimmer zur Ewigkeit. Beide Mannschaften vor allem darauf aus, nur ja keinen Fehler zu machen, im Spielaufbau teils ideenlos, teils fehlerhaft: Wenn sich zwei gut geordnete Systeme egalisieren, mag das für Taktikfüchse ein Leckerbissen sein. Für die Zuschauer ist es eine Qual. Für etwas Erregung brauchte es einen zweiten Ball auf dem Platz oder ein dummes Handspiel.

Lucien Favre sah lähmende Angst als Grund für den seltsam anämischen Auftritt seines Teams. Auch die Besetzung des defensiven Mittelfelds trug ihren Teil dazu bei. Man fragt sich, wie miserabel sich Granit Xhaka im Training präsentieren muss, wenn er selbst in solch einer Partie nicht einmal eingewechselt wird. Das Gladbacher Zentrum hätte spielerische Ideen so dringend gebraucht wie das täglich Brot. Immerhin: Dem 2:1 – einem jener raren Momente, in denen Gladbacher Spielwitz aufblitzte, ging ein schöner Pass Christoph Kramers voraus. Ansonsten leiste das Duo Kramer – Nordtveit zwar wertvolle Dienste beider Frustration der Hamburger Offensivbemühungen, Kreatives aber war ihre Sache selten. Von den Gladbacher Innenverteidigern erwartet man derlei gar nicht, weswegen Stranzls starker Steilpass auf Arango kurz vor der Pause positiv überraschte, aber doch Ausnahme blieb.

Wenn sich dazu  auf dem einen Flügel Herrmann sich so oft festrennt oder im entscheidenden Moment dem Gegner den Ball in die Füße spielt und auf dem anderen Arango ungeahnte technische Patzer produziert, dann ist das Gladbacher Spiel zu leicht auszurechnen. Dann muss Raffael, wie so oft, als Hauptverantwortlicher für spielerische Impulse aus dem Zentrum agieren. Dann aber ist Borussia nicht nur stark von der Tagesform dieses einen, zweifellos begnadeten Spielers abhängig, sondern trägt dieser Spieler auch eine Last, die in einer variablen Mannschaft auf mehrere Schultern verteilt wäre. Weil auch das Hamburger Spiel Torsicherung höher gewichtete als das Wagnis, kam es nicht von ungefähr, dass drei der vier Tore aus Standardsituationen entsprangen.

Unmittelbar nach dem Spiel gab Borussia die Verpflichtung André Hahns bekannt. Mit ihm, Johnson und wohl auch Traore könnte in der Tat mehr Dynamik auf den Flügeln gewonnen werden und mehr Konkurrenzkampf im Kader entstehen. Dem oft zu zentrumslastigen Spiel der Borussia kann das nur gut tun. Für dauerhaft höhere Ziele bräuchte es aber auch im Spielaufbau durch die Mitte kreative Belebung. Bei entsprechender Entwicklung Xhakas könnte der Blutspender intern gefunden wird. Sonst wird einiges davon abhängen, ob sich unter den Neuzugängen für die kommende Saison entweder ein Innenverteidiger oder ein defensiver Mittelfeldspieler mit ausgeprägten Qualitäten im Spielaufbau findet.