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Was waren das noch für Zeiten, als Borussia Mönchengladbach am 7. Dezember vorigen Jahres mit 2:1 gegen Schalke 04 gewann. 31 Punkte aus 15 Spielen reichten für Platz 4 - bei Punktgleichheit mit den kriselnden Dortmundern. Bereits 5 Punkte betrug der Vorsprung auf den 5. aus Wolfsburg, gar 7 auf den königsblauen Rivalen aus dem Ruhrpott. Das 2:1 war der 6. Sieg in Folge, zuhause wurde bis dato gar jeder Gegner geschlagen. Die Defensive präsentierte sich nach diversen Umstellungen wieder als Bollwerk. Und vorne war darauf Verlass, dass einer der "Fantastischen 4" schon für die entscheidenden Tore sorgen wird. Unter diesen Vorzeichen leistete sich Favre sogar das Luxusproblem, einen 12-Millionen-Stürmer auf der Bank schmoren zu lassen, der gegen einen deutschen Nationalspieler sowie Borussias Spieler der Vorrunde keinen Stich machte. Kurzum: Die Welt war schön. Das Leben als Borussen-Fan sowieso.

Inzwischen sind mehr als 3 Monate und 6 weitere Bundesliga-Spiele vergangen, von denen dieselbe Borussia leider kein einziges mehr gewinnen konnte. In Mainz und Hannover wurde aus der Feldüberlegenheit nichts Zählbares gemacht. Gegen Wolfsburg und Bremen verspielte man in der Schlussphase leichtfertig den Sieg, so dass nur noch drei weitere Punkte auf dem Konto hinzugekommen sind. Die Defensive steht bei weitem nicht mehr so solide wie zuvor und leistet sich zu viele unnötige Fehlpässe. Die einst so fantastischen 4 lassen es an Phantasie ebenso missen wie an der vorherigen Effizienz. Der 12-Millionen-Stürmer wurde im Winter ersatzlos verkauft, so dass es an brauchbaren Alternativen mangelt, um die schwächelnden Offensivakteure zumindest etwas stärker unter Leistungsdruck zu setzen. Kurzum: Die Welt ist schlecht. Das Leben als Borussen-Fan sowieso.

Würde man das Sport1-Phrasenschwein füttern wollen, könnte man es aber auch einfach nur so formulieren: So ist Fußball. Wer nicht gerade Fan des FC Bayern München ist, der muss akzeptieren, dass es Phasen gibt, in denen es besser läuft und dann wieder solche, in denen die sprichwörtlichen Exkremente am Fuß kleben. Gerade Borussen-Fan müssen schon ein extremes Kurzzeitgedächtnis haben, wenn ihnen letzteres nicht bewusst sein sollte. Vielleicht rührt es aber gerade aus diesen leidvollen Erfahrungen der Vergangenheit, dass mit der aktuellen Situation so schwer umgegangen werden kann. Die letzten 3 Jahre unter Lucien Favre müssen einem Gladbach-Fan nach zuvor über 15 Jahren der sportlichen Tristesse wie ein wunderbarer Traum vorkommen. Endlich ist Borussia wieder wer. Die Auftritte in Europa in der Vorsaison und das überragende Auftreten in dieser Vorrunde haben ganz natürliche Begehrlichkeiten geweckt, die in diesen Wochen wieder verspielt zu werden drohen. So ist das Wehklagen und der Frust vieler Fans nur allzu gut zu verstehen.

Dennoch sollte bei nüchterner Analyse klar sein, dass jegliche Jammerei der Sachlage nicht dienlich ist. Zunächst einmal sind die oben dargestellten Fakten bei näherer Betrachtung nicht ganz so eindeutig wie sie klingen mögen. Schon in der so erfolgreichen Vorrunde war mitnichten alles golden, was die Borussen anpackten. Die letzten Heimsiege gegen Nürnberg, Freiburg und Schalke kamen allesamt nicht ganz unglücklich zustande und hatten nur noch wenig gemein mit dem spielerischen Glanz der 4:1-Heimserie zu Saisonbeginn. Die beiden Auswärtssiege in Hamburg und Stuttgart waren zwar souverän, aber nicht zuletzt diverser Unzulänglichkeiten der nicht ohne Grund akut abstiegsgefährdeten Gegner zuzuschreiben.

Ebenso ist nicht alles gar so schlecht, was in den letzten Wochen passiert ist. Nimmt man die statistisch kaum zu wertende Pleite gegen die eh unbesiegbaren Bayern aus der Wertung, so gab es de fakto ganze 2 ärgerliche Niederlagen, die zwar gegen den Tabellenzweiten und die heimstarken Hannoveraner zustande kamen, aber dennoch vermeidbar waren. Das Quentchen Glück, das vor einigen Monaten z. B. bei den Siegen über Nürnberg und Schalke im entscheidenden Moment Pate stand, ist aktuell den Gegnern hold. Es ist stark anzunehmen, dass hier die Psychologie keine unwesentliche Rolle einnimmt. Vor den beiden letzten Partien wurde den Spielern in sämtlichen - ob sozialen der unsozialen - Medien vorgerechnet, seit wie vielen Jahrzehnten sie gegen den bevorstehenden Gegner nicht gewinnen konnten und in was für einer gewaltigen Krise sie sich angeblich befinden. Entsprechend zögerlich und teilweise verunsichert tritt die Elf in den letzten Wochen auf.

Aber schon gegen Leverkusen war gegenüber dem trostlosen Spiel in Hannover eine deutliche Steigerung zu erkennen. In Bremen wiederum machte die Elf - gegen einen allerdings über weite Strecken desolaten und zweitklassigen Gegner - vieles richtig. Nach der frühen Führung behielt sie das Spielgeschehen gut im Griff und pflegte das in der Vorrunde so erfolgreiche Spiel des Ballbesitzes. Einziger Makel: Die Konter wurden in Halbzeit 1 allzu schlampig schon im Ansatz vergeben, so dass aus der spielerischen Überlegenheit zu wenig Zwingendes heraussprang.

Richtig kritisch waren in der Partie nur die ersten 10 Minuten nach dem Seitenwechsel, auf die sich der Mythos der sich zurückkämpfenden Werderaner vornehmlich begründet. Hier zeigten die Bremer tatsächlich, dass sie den Abstiegskampf angenommen hatten und hätten den Ausgleichstreffer mehr als verdient gehabt. Mit der ersten gefährlichen Konteraktion war es mit dieser Herrlichkeit aber vorbei und fortan bestimmte wieder allein Borussia das Geschehen. 75 Minuten Dominanz bei einem Auswärtsspiel sind zunächst einmal ein positives Faktum, das die Verantwortlichen zurecht hervorheben dürfen ohne dafür der Schönrednerei bezichtigt werden zu müssen.

Einziger Makel: Die Konter wurden in Halbzeit 2 zwar deutlich besser ausgespielt. In der letzten Aktion scheiterte man dann aber immer wieder am Pfosten, den eigenen Unzulänglichkeiten und einem hervorragend aufgelegten Torhüter Wolf. An dieser Stelle muss erneut das Phrasenschwein herhalten, dass dies in solch negativen Phasen regelmäßig passiert. Und es ist ebenso eine der fiesen Eigenheiten des Fußballs, dass am Ende dann der Gegner genau das tut, woran die eigene Mannschaft so vehement verzweifelte und zum aberwitzigen Ausgleich kommt.

Es wäre zu einfach, sich diesem Schicksal ohne Wehr zu ergeben. Die Erfahrung lehrt ebenso, dass solche Phasen fast immer von begrenzter Dauer sind. Die Mannschaft muss sich daraus jetzt herausziehen, wobei aber eine besonnene Analyse hilfreicher sein dürfte als blinder Aktionismus. Je nach persönlichem Empfinden wird von vielen eine Ruhepause für Spieler wie Kruse, Herrmann, Kramer oder Xhaka gefordert. In der Vorwoche galt Juan Arango als ein weiterer Kandidat. Dass dieser nunmehr von Branimir Hrgota mit ebenso geringem Erfolg vertreten wurde, zeigt, dass es weniger am Personal oder am System liegt, sondern an den fehlenden Prozentpunkten, die der Trainer in den kommenden Wochen wieder herauskitzeln muss.

Lucien Favre und Max Eberl tun genau richtig daran, die positiven Ansätze aus den letzten Partien herauszustreichen, auch wenn dies dem enttäuschten Fan wie eine Verkennung der viel negativer wahrgenommenen Realitäten vorkommt. Nichts ist in solchen Schwächephasen wichtiger, als den Spielern Schritt für Schritt wieder das nötige Selbstvertrauen zurückzugeben, das in den letzten Wochen ein wenig verloren gegangen ist.

Es ist höchst ärgerlich, dass in dieser schwachen Phase die Konkurrenz besonders stark auftritt. Der Traum von der Champions League, der an jenem 7.12.13 noch so greifbar erschien, ist nach jetzigem Stand nur noch sehr schwer zu erreichen. Doch zum einen zeigt genau dieses Beispiel, wie schnelllebig der Fußball ist und dass es in einigen Wochen schon wieder ganz anders aussehen kann. Zum zweiten muss sich eingestanden werden, dass eine Platzierung unter den besten 4 der Bundesliga nur dann möglich erscheint, wenn alles optimal läuft - so wie es in der Vorrunde der Fall gewesen ist. Unter normalen Umständen ist es kein Zufall, dass sich aktuell erneut genau die 4 Mannschaften - mit recht komfortablem Vorsprung - an der Spitze wiederfinden, die dort bereits im Vorjahr standen. Die Gelddruckmaschine Champions League gewährt neben den obligatorischen 20-60 Mio. Euro jährlich ein Höchstmaß an öffentlicher Aufmerk- und somit Werbewirksamkeit, was sich in entsprechenden Sponsorendeals gleichermaßen bemerkbar macht wie in der Anziehungskraft auf dem Spielermarkt.

Jammern über diese wettbewerbsfeindlichen Zustände hilft da nur sehr bedingt weiter. Der Verein muss vielmehr weiter seinen Weg gehen, aus den relativ beschränkten Möglichkeiten das Optimum herauszuholen und gerade in sportlich schwierigen Zeiten ruhig und besonnen weiter an der grundsätzlich bewährten Linie festzuhalten. Wenn dies gelingt, so stehen die Chancen gut, dass sich schon bald wieder eine erfreulichere Phase anschließt, in denen Spiele wie in Bremen nicht mehr so unnötig verschenkt werden, und dass im Ergebnis eine Platzierung auf den europäischen Rängen 5-7 erzielt werden kann. Sofern dieses ebenso realistische wie erstrebenswerte Ziel erreicht wird, sollte es dann auch keinen Borussen-Fan mehr geben, der ernsthaften Grund zum Jammern hat.