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Schon kurz nach Spielende am späten Freitag Abend fiel es den direkt Beteiligten im Borussia-Park nicht schwer, das soeben erlebte einzuordnen. Man habe alles versucht, sei aber an einem übermächtigen Gegner gescheitert, der in dieser Saison außer Konkurrenz die Bundesliga dominiert. Sicher sei man enttäuscht, die 0:2-Niederlage aber letztlich kein Beinbruch, so die einhellige Meinung in der Mixed-Zone. Teile der Medien und Fans wollten es sich und der Mannschaft dann aber doch nicht ganz so einfach machen, sondern unterstellten, dass mit etwas mehr Mut und Engagement mehr möglich gewesen wäre als ein letztlich nie ernsthaft gefährdeter Bayern-Sieg.

Die implizite Unterstellung, Borussia habe nicht an ihre Chance geglaubt und sich zu früh ergeben, kann so nur zum Teil stehen gelassen werden. In den ersten Minuten war durchaus das Bemühen zu erkennen, von Beginn an engagiert und offensiv zu Werke zu gehen und die eigene Heimstärke auch gegen diesen Gegner in die Waagschale zu werfen. Es waren dann aber zwei defensive Unzulänglichkeiten, die den Bayern früh in die Karten spielten und Mario Götze zwei hochkarätige Möglichkeiten erlaubten, von denen er letztere schon nach 7 Minuten zum viel zu frühen 1:0 nutzte. Durch dieses Gegentor zeigte sich die Elf von Lucien Favre allzu sehr geschockt und in ihren negativen Erwartungen bestätigt. Nahezu 30 Minuten dauerte dieser Schockzustand an, ehe die Offensive endlich in Gang kam. Danach war der Mannschaft in punkto Bemühen kein allzu großer Vorwurf mehr zu machen. Es hat nur wenige Vereine gegeben, die in dieser Saison 4-5 solch hochkarätiger Chancen gegen den FC Bayern herausgespielt haben. Zumindest in den letzten 60 Minuten der Partie war die Leistung der Gladbacher nicht so viel schlechter als in einigen Spielen der Vorrunde und hätte gegen die meisten anderen Mannschafen in dieser Liga vermutlich zu einem Heimsieg gereicht.

Die weit verbreitete Fanmeinung, dass man sich nur genug anstrengen und aggressiv zu Werke gehen muss, um jedes Spiel gewinnen zu können, ist gerade im modernen Fußball eine allzu nostalgisch-naive Fußball-Romantik. Wenn der Gegner trotz mehrerer Ausfälle auf jeder Position (mit Ausnahme des Torwarts) individuell deutlich stärker besetzt ist, dann ist dies auch durch noch so großen Kampf oder gefressenes Gras nur sehr bedingt auszugleichen. Borussia wirkte im Vergleich zu den abgeklärten Bayern wie eine Schülermannschaft, die sich redlich mühte, sich aber ihrer Unterlegenheit mit jeder Spielminute immer mehr bewusst wurde. Fehler wie vor dem 0:1 sind die Folge individueller Qualitätsmängel, die von einem stärkeren Gegner regelmäßig ausgenutzt werden.

Im vergangenen Mai noch waren die Gladbacher in den ersten 10 Minuten furios gestartet und führen sehr früh mit 3:1. Scheinbar mühelos gelang es den Bayern anschließend aber schon bis zur 60. Minute, das Ergebnis umzudrehen und danach gemütlich über die Zeit zu bringen. Zum Start dieser Saison war Borussia nach dem 0:2-Rückstand genau das gelungen, was so viele sich gestern Abend erträumt hatten. Der überraschende 1:2-Anschlusstreffer gab zwischenzeitlich Hoffnung, dem Favoriten doch noch ein Bein stellen zu können. Es sollte aber nicht mehr als ein Strohhalm bleiben, den die Bayern in der 2.Hälfte mit dem bereits legendären Doppel-Handspiel endgültig abwürgten.

Auch die Spiele des FC Bayern aus der Hinrunde zeigen deutlich, dass der alte und neue deutsche Meister inzwischen eine Klasse erlangt hat, mit der er selbst schwierige Spielphasen überwinden kann. Um ihn in Bedrängnis zu bringen, bedarf es einer konzentrierten Top-Leistung und einer gehörigen Portion Glück. Beides konnte Borussia Freitag nicht in die Partie einbringen angesichts von zwei Pfostenschüssen und eines erneuten Handelfmeters. So eindeutig das Handspiel von Xhaka in dieser Situation gewesen ist, so müßig ist die Diskussion bei jedwedem Handspiel. Offensichtlich ist es der Wunsch von DFB und FIFA, eine jede Entscheidung des Schiedsrichters rechtfertigen kann. So wurde der Pfiff von Herrn Gagelmann zurecht nicht hinterfragt. Hätte er dem Schweizer allerdings eine fehlende Absicht unterstellt und sein Bemühen honoriert, den Arm eher zurückziehen als aufhalten zu wollen, so hätten sich gleichermaßen die Bayern über den ausbleibenden Pfiff nicht beschweren dürfen. Willkommen in der Welt der Willkür.

Dass Geld allein nicht ausreicht, um sich an der Spitze zu behaupten, beweisen zahlreiche schlecht geführte Vereine im In- und Ausland. Für die professionell geführten Top-Vereine zahlt es sich auf Dauer aber aus, wenn sie jedes Jahr 40-60 Mio. Euro allein aus der Champions League einnehmen. Sie können mit den regelmäßigen Geldströmen ihren Wettbewerbsvorteil mühelos nutzen, um sich vom Rest abzusetzen. Seitdem die UEFA die Champions League nicht mehr nur für die Meister, sondern auch für die Nächstplatzierten geöffnet hat, wurde die Büchse der Pandora geöffnet, die sich jetzt kaum noch wird schließen lassen. Faktisch wurde eine Europaliga geschaffen, die den internationalen Großvereinen ihre Ausnahmestellung garantiert und ihre Vormachtstellung Jahr für Jahr weiter ausbaut, die selbst von der UEFA kaum noch eingedämmt werden kann. Da diese selbst in diesem System gut verdient, besteht dort ohnehin kein allzu reges Interesse daran.

Lucien Favre drückte es korrekt aus, dass der Kontrast zwischen Arm und Reich immer weiter zunimmt und der Fußball hier nicht anders funktioniere als die reale Welt. Mit den Unmengen an Geld, das die Bayern Jahr für Jahr verdienen, können sie nicht nur problemlos mehrere Großtransfers in zweistelliger Millionenhöhe pro Transferperiode stemmen, sondern auch in anderen Bereichen ihre Wettbewerbsvorteile ausnutzen und z. B. die besten Jugendspieler, Manager oder Scouts verpflichten. Seit einigen Jahren haben die Bayern zudem aus ihren vergangenen Erfahrungen gelernt und verpflichten vornehmlich Spieler, die sich in einer der europäischen Topligen bereits konstant durchgesetzt haben. In Folge dessen verfügen sie nunmehr über einen Kader, der auch den Ausfall von einem halben Dutzend Weltklasse-Spieler problemlos kompensieren könnte. Noch vor 2 Jahren war die Abwesenheit von Franck Ribery ein wesentlicher Grund für den zweifachen Sieg von Borussia über die Bayern. Die Mannschaft aus Gladbach war bei jenem 3:1 im Januar 2012 nicht so viel besser als jene vom Freitag Abend. Die Topspieler Dante und Reus waren und sind nicht durch einzelne Akteure in gleicher Weise zu ersetzen. Dafür besticht das aktuelle Team durch größere Ausgeglichenheit und Breite. Viel entscheidender ist aber, dass die Bayern im Jahr 2013 einen Entwicklungsschritt vollzogen haben, der sie unstrittig zum derzeit besten Team der Welt werden ließ.

Die Niederlage zum Rückrundenauftakt ist daher tatsächlich kein Beinbruch, wenngleich die Erkenntnis, als Tabellendritter dem Tabellenführer dermaßen unterlegen zu sein, schmerzt. Viel wichtiger als ein evtl. mit viel Dusel und Topleistung realisierbarer Punktgewinn gegen die großen Bayern wären für die Endabrechnung aber ohnehin Siege in den schweren Partien der nächsten Wochen.