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Auswärtsspiel gewonnen, Trainergeburtstag gefeiert, Selbstbewusstsein demonstriert: Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, dass die letzte Woche den Offiziellen und Anhängern von Borussia viel Anlass zum Meckern gab. Dass man zudem nicht nur über einen tollen vierten Tabellenplatz staunen kann, sondern – perspektivisch womöglich viel wichtiger – sogar einen 4-Punkte-Vorsprung auf Platz 7 erspielen konnte, darf die Borussen dabei umso mehr freuen. Selbst die einschlägige Presse kam nicht umher, eine Tendenz beim VfL zu bemerken – „Die besten hinter den Besten“ titelte Deutschlands größtes Sportmagazin und stimmte in den Chor einer Berichterstattung ein, die Borussia mit Attributen wie „Reife“, „Abgezocktheit“ und „Cleverness“ überhäufte. Doch bei aller Freude über das Ende der Auswärtsflaute: Ist man wirklich schon so weit?

Hoch gestanden – dann die Geschenke ausgepackt

Wenn sich selbst Lucien Favre nach einem Spiel ausnahmsweise rundum zufrieden zeigt, dann muss auf dem Platz schon einiges passiert sein. So lobte der Trainer an seinem Ehrentag nicht nur die beiden abgezockten und sehenswerten Tore durch Max Kruse in der Mitte der ersten und der zweiten Hälfte, sondern auch seine ganze Mannschaft, deren vorgerückte Defensive nicht zuletzt die Fehler in der jungen Hamburger Abwehr provoziert habe.

In der Tat stand Borussia von Beginn an sehr hoch, lief Torwart und Abwehrspieler des HSV konsequent an und versuchte bei eigenem Ballbesitz stets schnell umzuschalten. Ob dies allein die beiden Fehler des insgesamt verunsichert wirkenden Sobiech erklären mag, sei dahingestellt – doch wurde der Mannschaft dadurch positiv vor Augen geführt, dass sich eine mutige Spielweise auch auswärts lohnen kann.

Und so erklärt sich wohl auch ein wenig die überraschend kritiklose Analyse des Trainers: Das positive Ergebnis zählt, es gibt keinen Auswärtsfluch und auf diesem Spiel lässt sich für die nächsten Gastspiele aufbauen. Man agierte phasenweise clever und hatte den Gegner im Griff. Ob es aber auch ohne die beiden freundlichen HSV-Geschenke zu einem so vielkehligen Ständchen für den Trainer durch die Fans gekommen wäre?

Noch keine Heimspielform

Denn es darf nicht unerwähnt bleiben, dass dieses mutige aufgerückte Spiel vor allem in der ersten knappen halben Stunde der Partie stattfand, als man den Gegner tatsächlich kaum zur Entfaltung kommen ließ. Nachdem Patrick Herrmanns sehenswerter Schuss aus 17 Metern kurz nach dem Führungstreffer durch Kruse knapp am rechten Eck des Hamburger Tores vorbeiflog, änderte sich jedoch die Stoßrichtung des Spiels.

Die Gastgeber übernahmen nun – ohne dabei spielerisch zu glänzen – zunehmend die Kontrolle, das Spiel verlagerte sich in die Gladbacher Hälfte, wo Borussia vergleichsweise viele Flanken zuließ, meist geschlagen durch Marcell Jansen, den verlorenen Sohn. Zu Beginn der zweiten Hälfte geriet die Favre-Elf dann richtig unter Druck: Eine Eckenbilanz von 7:2 und 17:8 Torschüsse machen deutlich, dass der HSV durchaus den Weg nach vorne suchte und teilweise auch fand – und Borussia nicht nur bei den beiden Latten- bzw. Pfostentreffern durch Van der Vaart und Lasogga, sondern auch bei weiteren Versuchen von Beister, Calhanoglu und nochmal Lasogga einiges Glück und einen starken Torwart benötigte, um endlich den ersehnten Auswärtsdreier zu landen.

Bekannte Probleme – aber ein cooler Kruse

Was Borussia in dieser Spielsituation erneut zu fehlen schien, war die Körpersprache und Überzeugung der starken Heimauftritte dieser Saison. Besonders Arango und Xhaka brachten phasenweise wenige Bälle zum Mann und verloren sich in verspielten und teilweise unnötigen Aktionen, die Ballverluste und gefährliche Freistoßpositionen zur Folge hatten.

Die Pass- und Kombinationssicherheit des Borussia-Parks wurde vermisst, auch versuchte die Mannschaft immer wieder das Spiel in die Breite zu ziehen bzw. behalf sich mit vielen Rückpässen auf ter Stegen – obwohl schon früh im Spiel deutlich wurde, dass Hamburg besonders zwischen Doppelsechs und Innenverteidigung Abstimmungsschwächen offenbarte und Räume zum Dribbling ließ. Die Parallelen zum letzten Auswärtsspiel in Berlin wurden offensichtlich – mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass Borussia diesmal in Führung lag – und diese am Ende verteidigen konnte. Und weil Max Kruse vor dem Tor tatsächlich das zeigte, was die Sportpresse nun begeistert der gesamte Mannschaft zuschreibt: absolute Coolness.

Am Ende wirklich souverän

In den kritischen Phasen waren es vor allem beherzte Aktionen von Christoph Kramer und der erneut starken Innenverteidigung, die Borussia Entlastung verschafften und in Führung hielten. Er nach dem zweiten Kruse-Tor bekam man das Spiel wieder besser in den Griff, auch die Kreativabteilung taute wieder auf und spielte die nun häufiger auftretenden Kontersituationen konzentrierter zu Ende, sodass mit etwas Glück sogar ein höherer Sieg möglich gewesen wäre.

So konnte der Auswärtsdreier schließlich dank dreißig guter Anfangs- und knapp zwanzig souveräner Schlussminuten gesichert werden. Eine klare Steigerung zu den vorherigen Gastauftritten, auch wenn man die bekannten Schwächen auf fremden Platz nicht über die volle Spielzeit abstellen konnte. Gelingt es, in den kommenden Auswärtsspielen an die positiven Spielphasen anzuknüpfen, dann kann man durchaus von einer Mannschaft sprechen, die auch auswärts einen Gegner dauerhaft kontrollieren kann. Und trotzdem wird Lucien Favre dann wieder etwas zu kritisieren haben. Garantiert.