Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 80

"Wie konnten wir dieses Spiel verlieren?" Diese Frage stellen sich nach der gestrigen Partie in Sinsheim Spieler, Verantwortliche und Fans gleichermaßen. Borussia reist wie gewohnt mit hängenden Köpfen aus dem Kraichgau ab, dabei hatte die Mannschaft das Spiel im Grunde fast 90 Minuten lang in der Hand. Allein Zählbares sprang dabei kaum heraus. Konnte das Favre-Team in der vergangenen Saison oft gnadenlose Effizienz für sich verbuchen, war es gestern das genaue Gegenteil. Das Toreschießen schien 75 Minuten lang nicht gerade Priorität zu haben.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: 70 Prozent Ballbesitz für Borussia, mehr als doppelt soviele gespielte Pässe wie der Gegner und sogar eine positive Zweikampfbilanz für die Mannschaft von Lucien Favre. Trotzdem ging das Spiel verloren und - so absurd es klingt - nicht einmal unverdient. Bis zum Anschlusstor durch Branimir Hrgota schien Borussias Spiel kein Ziel zu haben. Man kombinierte sich ein ums andere Mal gefällig durch, ließ aber jeden Zug zum Tor vermissen. Hoffenheim schaffte es, den eigenen Strafraum weitgehend borussenfrei zu halten, stellte die entscheidenden Wege zu und beschränkte sich in der Offensive auf ganz seltene einzelne Akzente.

Borussias vier Offensivkräfte, unterstützt von einem durchaus vorwärts denkenden Granit Xhaka, vermochten sich in vorderer Front kaum in Szene zu setzen. Max Kruse gelang wenig, Raffael spielte gut, solange das Tor nicht in Reichweite war. Von Juan Arango war kaum etwas zu sehen, Patrick Herrmann war stets bemüht, aber glücklos. Unverständlich, dass Arango bei der vielleicht besten Gelegenheit im ersten Durchgang, einem Freistoß vom linken Strafraumeck, eigentlich wie gemalt für den Venezolaner, seinem Kumpel Raffael den Vortitt ließ, der den Ball vehement in die Mauer drosch.

Erst der favreuntypische Dreifachwechsel Mitte der zweiten Halbzeit weckte Borussia aus ihrem Offensivphlegma. Dabei war es offenbar mehr das Signal an und für sich, dass einen Ruck durch das Team gehen ließ, als die eingewechselten Offensivkräfte selbst. Der (auch von SEITENWAHL) oft geforderte Luuk de Jong blieb blass. Eine verunglückte Ballannahme und ein verunglückter Torschuss, mehr war vom Holländer nicht zu sehen. Während der Schlussoffensive lief de Jong mehr nebenher als mit und bestätigte die Annahme, dass er kein Joker ist. Die Impulse kamen vielmehr von zwei Spielern, die schon von Beginn an auf dem Platz gestanden hatten: Granit Xhaka und endlich auch Max Kruse schienen spätestens beim Anschlusstreffer bemerkt zu haben, dass Toreschießen durchaus nicht verboten ist und eigentlich auch eine feine Sache. Branimir Hrgota sollte dabei natürlich nicht vergessen werden: seinem sehenswerten Treffer ging eine wahre Energieleistung voraus, als er sich, fast unglaublich für ein "Hemd" wie ihn, durch die Hoffenheimer Abwehr tankte und den exzellenten Torwart Casteels überwand.

Die letzten Endes erfolglose Schlussoffensive soll aber nicht vergessen lassen, dass Borussia das Spiel ohne Not hergegeben hat. Für die ersten 70-75 Minuten gibt es keine Entschuldigung. Wer offenbar so wenig Lust hat, seine Überlegenheit in Zählbares umzumünzen, hat es nicht verdient, zu gewinnen.

Ein Muster an Effizienz dagegen war gestern der ungeliebte Gegner aus Hoffenheim. Trotz aller Unterlegenheit schaffte es das Team von Markus Gisdol in der ersten Halbzeit gleich viermal, brandgefährlich vor das Gladbacher Tor zu kommen. Der Pfosten und Marc-André ter Stegen verhinderten zunächst noch Schlimmeres, bevor Modeste den Führungstreffer erzielte. Dessen Entstehung sollten sich nicht nur Borussias Abwehrspieler zwecks Fehleranalyse noch einmal anschauen, sondern auch die Angreifer, um davon zu lernen. Zwei Mann greifen über den Flügel an, einer schafft es, gleich drei Verteidiger derart zu irritieren, dass sein Kollege mehr oder weniger ungehindert zur Grundlinie spazieren und flanken kann. Dass in der Mitte allerdings überhaupt jemand steht, der die Flanke abnehmen kann, dürfte bei Borussia eher nicht vorkommen. Dass dieser jemand so nachlässig angegangen wird, wie Modeste von Daems, erst recht nicht.

Überhaupt scheint es einfach zu sein, Borussias Abwehr mit schnellen Angriffen und gut getimten Pässen zu überwinden. Hoffenheim zeigte die Zielstrebigkeit, die Gladbach fehlte. Dass Kevin Volland ein anerkannt guter Stürmer ist, entschuldigt nicht die Zögerlichkeit, mit der Christoph Kramer vor dem 2:0 dem bei diesem Konter einzig verbliebenen Abwehrspieler Filip Daems zur Hilfe schlich.

Unmittelbar vor diesem mit Tempo, Witz und Willen vollendeten Konter und dem letzten Endes entscheidenden Tor ließ Raffael eine hundertprozentige Chance im Hoffenheimer Strafraum kläglich liegen. Sein Schuss wirkte nicht so, als solle er wirklich reingehen. So erzählt die 54. Minute im Grunde in Kurzform die Geschichte des ganzen Spiels.