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Erwartungen schaffen sich ihre eigene Realität. Dieser Mechanismus war am Freitag erneut zu besichtigen. So viel war im Vorfeld geschrieben wurden über Pep, den Gottgleichen, bei dessen Erscheinen sich die Grashalme verneigen und die Bälle vor Freude selbst aufpumpen. Da wollte sich ARD-Kommentar Gert Gottlob nicht lumpen lassen und lieferte über 90 Minuten hemmungslosen Unterwerfungsjournalismus zum Fremdschämen. „Weltklasse“ war jeder Flügelwechsel, jeder Pass, jeder gelungene Einwurf. Eilfertig sekundierte die Online-Redaktion der Sportschau, die nicht nur einen „souveränen Sieg“ der Bayern, sondern gar eine „Machtdemonstration“ gesehen haben wollte. Nur Mehmet Scholl wagte nach dem Spiel ganz leise zu fragen, ob Dominguez‘ Handspiel, das zum zweiten Münchner Elfmeter führte, nicht ein ebenfalls ahndungswürdiges Vergehen Arjen Robbens vorausgegangen sei.

Immerhin hatte am nächsten Tag die übertrieben antibajuwarischer Ressentiments unverdächtige Süddeutsche Zeitung ihre fünf Sinne noch beisammen und konstatierte nüchtern: Mehr Torchancen „als Barcelona, Juventus und Arsenal in der vergangenen Champions-League-Saison gegen die Münchner zusammen“ habe der Gegner aus Gladbach an diesem Abend gehabt.

In der Tat: Zwar wurde der einzige Gladbacher Treffer ohne Not durch einen Bayern fabriziert. Aber davor und danach erspielten sich die Borussen durch Raffael, Kruse, Herrmann und Kramer eine Fülle guter bis exzellenter Chancen. Deren schiere Zahl war ein Grund, warum bei den Gladbachern trotz der Niederlage so etwas wie Zufriedenheit herrschte. Die Art, wie sie zustande kamen, war ein weiterer: Das schnelle, präzise und variantenreiche Passspiel der Borussen weckte nicht nur die Hoffnung auf eine erfolgreiche Saison, sondern die Vorfreude auf eine attraktivere Spielweise. Schließlich lebte die Borussia in der letzten Saison vor allem von ihrer Effektivität. Ein Augenschmaus war ihr Spiel selten.

Genau umgekehrt war es am Freitag: Das Gladbacher Spiel machte über weite Strecken Spaß, richtig Spaß. Vor allem Kruse und Raffael verliehen dem Team einen Esprit, den man in der letzten Saison schmerzlich vermisste. An Effektivität im Abschluss aber mangelte es. Mal scheiterten die Borussen am glänzend aufgelegten Manuel Neuer, mal trafen sie statt des Tores den eigenen Mitspieler. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser spielstarken Offensive ein Knipser gut zu Gesicht stünde. Der Angreifer, der mit diesem Profil verpflichtet wurde, kam erst vier Minuten vor Schluss ins Spiel. Eine der spannendsten Fragen der Saison wird sein, ob Luuk de Jong, immerhin mit Patrick Herrmann erfolgreichster Gladbacher Torschütze der letzten Saison, diesmal in das neue Kombinationsspiel Favrescher Prägung integriert werden wird.

Mit Blick auf die Defensive liefert das Auftaktspiel wenig belastbare Erkenntnisse. Eine gute Nachricht ist, dass die Doppelsechs mit Granit Xhaka und Christoph Kramer gut harmonierte. Dabei präsentierte sich Neuzugang Kramer lauf- und zweikampfstark und bei gelegentlichen Vorstößen mutig. Durch diese beiden und durch ein deutlich aktiveres Pressing des gesamten Teams gelang es den Borussen vor allem in der Anfangsphase und der zweiten Halbzeit, den spielstarken zentralen Mittelfeldspielern der Bayern den Weg Richtung Strafraum zu versperren. Die schlechte Nachricht ist, dass die individuelle Qualität der Münchner dennoch zu zwei frühen Toren reichte und dass die Defensivordnung der Borussen danach eine gute Viertelstunde lang arg ins Wanken geriet. Wie sehr der Borussia 13/14 die Balance zwischen Risikofreude und defensiver Stabilität gelingen wird, darüber werden erst Gegner Aufschluss geben, deren Kader weniger überragend besetzt ist als der bayerische.