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Aus durchaus nachvollziehbaren Gründen war die Berichterstattung im Anschluss an die Partie in Nürnberg vor allem von einem Thema geprägt: Die „List“ (wie es das größte deutsche Fußballmagazin in seinem Spielbericht nicht unpassender hätte ausdrücken können) des Club-Spielers Mike Frantz. Denn auch wenn der junge Offensivmann nur den Klang des Namens mit einem berüchtigten Abwehrspieler mit Frankfurter Vergangenheit gemein hat, so verbindet ihn mit seinem phonetischem Namensvetter offenbar doch eines: Der Hang zur Unsportlichkeit.

 

Es besteht kein Zweifel, dass seine Schwalbe den Verlauf des Spieles wesentlich prägte. So ist auch der vielfach geäußerte Unmut im Borussenlager mehr als verständlich. Vieles, was in den darauffolgenden 87 Minuten geschah, ist auf diese Schlüsselszene gleich zu Beginn zurückzuführen. Doch sollte es nicht den Blick darauf versperren, dass sich im Spiel der Borussia wieder einige jener Probleme auftaten, die schon in den vergangenen Wochen und Monaten für wenig Begeisterung an den Offensivbemühungen der Mannschaft sorgten. Über weite Strecken fehlten erneut Tempo und Passsicherheit, um auch einen Gegner wie den 1. FC Nürnberg dauerhaft in Bedrängnis zu bringen.

 

 

 

So zeichnete sich bereits nach wenigen Minuten ab, dass die von Lucien Favre aufgebotene Doppelsechs, bestehend aus Thorben Marx und Lukas Rupp, den verletzungsbedingten Ausfall Harvards Nordtveits nicht adäquat würde kompensieren können – und das mit einem frühen Rückstand im Nacken. Auch wenn man ihnen zu Gute halten muss, dass es dankbarere Aufgaben gibt, als Borussias konstantesten Spieler der letzten Monate zu ersetzen, wirkten beide auf ihre Weise mit der Aufgabe überfordert: Rupp - zuletzt ohne viel Spielpraxis - mit der für ihn recht ungewohnten Position, Marx mit der gewachsenen Verantwortung, sich stärker in das Offensivspiel der Mannschaft einschalten zu müssen. Eine zu hohe Fehlpassquote und zu wenig Tempo aus dem Zentrum waren die Folge.

 

 

 

Ohne einen starken Patrick Herrmann, der nicht nur aufgrund seines Treffers womöglich eine seiner besten Partien für die Borussia ablieferte, hätte man sich wohl schon bald fragen müssen, wer sich bei den Fohlen überhaupt für Torszenen verantwortlich fühlt. Cigerci und Arango, eigentlich als offensive Außen aufgeboten, ließen sich immer wieder auf die Halbpositionen fallen und drängten kaum in Richtung Sechzehner.  Zugleich rückten aber auch beide Außenverteidiger nicht konsequent nach - bei Toni Jantschke leider ein mittlerweile gewohntes Bild, für Oskar Wendt nach zuletzt starken Auftritten eher ungewöhnlich.

 

 

 

Dazu passen auch die erneuten Fragezeichen zur Rolle Luuk De Jongs im System der Borussia: Zwar wird nur ein allzu voreingenommener Beobachter die kontinuierlichen Fortschritte im läuferischen und technischen Bereich übersehen können, die bei der niederländische Sturmhoffnung in den Partien nach der Winterpause mehr und mehr sichtbar werden. Allein, die Tore fehlen auf dem Konto des teuersten Einkaufs der Vereinsgeschichte - nicht zuletzt ein Zeugnis davon, dass die Spielweise der Favre-Elf einen echten Mittelstürmer nach wie vor nicht begünstigt. Zwar bereitete De Jong den Anschlusstreffer durch Herrmann per Kopf vor und war an weiteren Chancen im Direktspiel maßgeblich beteiligt (Herrmann, Mlapa), doch er selbst konnte in Nürnberg nur einen einzigen Torabschluss verzeichnen. Zu häufig musste er sich Bälle tief im Mittelfeld erarbeiten, zu selten fanden Flanken den Weg in den gegnerischen Strafraum – der Bereich, in dem er vornehmlich zur Geltung kommen sollte.

 

 

 

Obwohl man es den Nürnbergern auf diese Weise relativ leicht machte, in der Defensive stets in Überzahl zu bleiben, gelang es dennoch, die ein oder andere gefährliche Aktion zu kreieren. Immer wenn der Borussia eine Passstafette gelang, wackelte schnell auch die Club-Abwehr. Allerdings blieb es viel zu häufig beim Konjunktiv. Das bekannte Problem, viel Ballbesitz zu haben, zugleich aber zu wenig Handlungsschnelligkeit und Passsicherheit, trat in der entscheidenden Phase wieder einmal offen zu Tage.

 

 

 

Als besonders enttäuschend muss dabei die Spielweise nach dem verdienten Anschlusstreffer bezeichnet werden – obwohl der Mannschaft noch über eine halbe Stunde Zeit blieb, agierte man mit zunehmender Spielzeit immer kopfloser. Mit gutem Pressing und ansprechendem Kurzpasspiel hatte man die Nürnberger in den ersten zehn Minuten nach der Pause in der eigenen Hälfte gebunden und im Mittelfeld die Kontrolle übernommen – statt diesen Weg konsequent weiterzugehen, verfiel man in der Schlussphase in Hektik und versuchte es fast nur noch mit riskanten Bällen in die Spitze, von denen kaum einer einen Abnehmer fand. Die Folge: Nur bei Standards kam Borussia noch in die Nähe des gegnerischen Tores, während Nürnberg das Spiel wieder mehr und mehr kontrollieren konnte.

 


 

So war die Preisgabe eines möglichen Punktgewinns sicher nicht an fehlender Einsatzbereitschaft festzumachen – es scheint zuweilen eher an einem Plan B zu fehlen, um einen Gegner bei Rückstand besonders unter Druck setzen zu können. Ein Phänomen, das schon in den letzten beiden Jahren hin und wieder festzustellen war. Als wenig hilfreich erwiesen sich sicherlich auch die vielen Veränderungen, die Lucien Favre während des Spiels notgedrungen durchführen musste. Der eingewechselte Mlapa, der zunächst für einigen Schwung sorgte, musste zehn Minuten vor Schluss mit Muskelfaserriss wieder ausgewechselt werden. Der wiedergenesene Alexander Ring durfte sich für angeschlagenen Marx auf der Sechserposition probieren, wo seit der Auswechslung Rupps nun Tolga Cigerci den zweite Mann gab. Insgesamt wohl einfach zu viele unvorhergesehene Vorfälle für eine Mannschaft, die sich noch sichtlich in der Entwicklung befindet – und sich nach wie vor an den veränderten Spielstil gewöhnen muss.

 

 

 

Für Trainer und Mannschaft bleibt weiterhin einiges zu tun, um am Ende der Saison erneut unter den ersten Sechs der Bundesliga landen zu können. Die Ausgangssituation dafür war vor Nürnberg blendend und bleibt trotz der Niederlage mehr als ordentlich – wenn man gegen die schweren Aufgaben der nächsten Wochen bestehen kann. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass im Monat Februar eine Vorentscheidung fallen wird, wo für Borussia die Reise hingeht: Leverkusen und Dortmund sind zu Gast, auswärts warten der HSV und Frankfurt, dazu stehen die beiden Europa-League-Partien gegen Lazio Rom an.


Andererseits: Haben wir Anhänger uns nicht jahrelang genau solche Aussichten gewünscht?