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Wie schon gute Tradition bei SEITENWAHL, wollen wir auch vor dieser Saison die 17 Konkurrenten Borussias und das Team unseres Herzens unter die Lupe nehmen. Wir wollen versuchen, die kommenden Gegner einzuschätzen und schlussendlich die Prognose wagen, wie Borussia selbst sich dort einreiht.

Los geht es heute mit den drei Aufsteigern. Borussias Anhänger sagen in diesen Tagen, wenn man sie fragt, was die kommende Saison wohl bringen lässt, fast unisono: Abstiegskampf, womöglich bis zum Schluss. Soviel Realismus war selten, sollte man meinen und ist fast geneigt, die Vernunft der Borussenanhänger zu loben. Leider wird – das zeigt die Erfahrung der vergangnen Jahre –ein Großteil der heute noch so nüchtern-realistischen Gladbachfans, wenn sich ihre Einschätzung zu bewahrheiten beginnt, schnell Zeter, Mordio und Frontzeckraus zu schreien beginnen.

Ohne den heute und in den kommenden Tagen folgenden Texten der SEITENWAHL-Redakteure vorzugreifen, sollte aber schon mit Tag 1 des Bundesliga-Checks klar sein: die wahren Konkurrenten, die Teams, an denen wir uns messen und mit denen wir um die Plätze 13-18 spielen werden, sind die, die wir zuerst vorstellen. Und dazu gehören die drei Aufsteiger, denen wir uns zum Auftakt unserer kleinen Reihe widmen.


1.FC Nürnberg


Der dritte Aufsteiger, erst durch die Relegation in die erste Bundesliga gerutscht, ist in der öffentlichen Wahrnehmung mitnichten Abstiegkandidat Nr.1. Eine famose Rückrunde in der Zweiten Liga und vor allem zwei überzeugende und abgebrühte Darbietungen in der Relegation gegen den chancenlosen Bundesliga-16. Energie Cottbus lassen viele Beobachter vom 1.FC Nürnberg als den womöglich stärksten Aufsteiger sprechen.

Ein mutmaßlich großes Plus des 1.FC Nürnberg ist, dass die Aufstiegsmannschaft fast komplett zusammengeblieben ist. Der einzige Stammspieler, der den Club verlassen hat, ist Stefan Reinartz, in der Rückrunde eine der Säulen in der Nürnberger Verteidigung. Der 20-jährige war von Bayer Leverkusen ausgeliehen und kehrt nach 16 durchweg mehr als ordentlichen Spielen an den Rhein zurück. Ansonsten dürfte das Gerüst, mit dem das Team sich wieder in der ersten Liga zu etablieren versucht, dasselbe sein, wie zuletzt eine Klasse tiefer.

Torwart Raphael Schäfer hat nach seinem unglücklichen Ausflug nach Stuttgart in Nürnberg zurück zu alter Stärke gefunden. In der Verteidigung baut Trainer Michael Oenning wieder auf Andreas Wolf. Der war mit zwei schweren Verletzungen (Kreuzbandriss, Meniskusschaden) der Pechvogel der vergangenen Saison, sein Ausfall machte die Ausleihe von Stefan Reinartz erst nötig. An seiner Seite ist Dominic Maroh wohl zunächst erste Wahl, auch der 22-jährige Deutsch-Slowake gehört zu den Entdeckungen der Vergangenen Saison. Linksverteidiger Pinola ist schon fast ein Club-Urgestein und eine der Führungsfiguren im Team, auf der rechten Seite stehen mit Dennis Diekmeier und Dominic Reinhardt zwei Kandidaten zur Auswahl. Ob die Nürnberger Abwehr, immerhin die mit Abstand beste der vergangenen Zweitligasaison, auch den Anforderungen in der ersten Liga gewachsen ist, wird nicht zuletzt davon abhängen, inwieweit Andreas Wolf wieder zur Form der Hans-Meyer-Jahre zurückfindet und die jungen Verteidiger Maroh und Diekmeier mit der für sie neuen Klasse zurechtkommen.

Das Mittelfeld ist der nominell am besten besetzte Mannschaftsteil der Nürnberger. Spieler wie der Ex-Gladbacher Peer Kluge, der Schweizer Nationalspieler Daniel Gygax und vor allem der frühere Bundesliga-Torschützenkönig Marek Mintal dürften mit dem Ligawechsel gut zurechtkommen. Dazu kommt mit Thomas Broich der einzige Neueinkauf, der deutlich ein Kandidat für die erste Elf sein sollte. Der Ex-Gladbacher, der beim 1.FC Köln keine Zukunft mehr hatte, könnte anders als zu Gladbacher Zeiten eher defensiv agieren und die Position vor der Abwehr einnehmen. Hinter diesen vieren stehen mit Jawhar Mnari, Juri Judt und Mike Frantz weitere, teils erfahrene, Mittelfeldspieler, die dafür sorgen, dass die Qualität auch bei Ausfall einer Stammkraft gewahrt bleibt.

Im Angriff dagegen ist der FCN eher unterdurchschnittlich besetzt. Stürmertore waren schon in der vergangenen Saison eher die Ausnahme, als die Regel. Am treffsichersten zeigten sich noch Issak Boakye und Christian Eigler. Beides sind Stürmer mit Bundesligaerfahrung, beide haben aber in ihrer jeweiligen Erstligazeit nicht eben durch eine eingebaute Torgarantie überzeugt. Dazu kommt in der neuen Saison Rückkehrer Angelos Charisteas, ein Stürmer, dessen Ruf nicht zuletzt dank seiner Rolle im griechischen Europameisterteam von 2004 besser ist, als das, was er in den vergangenen Spielzeiten in den Trikots von Nürnberg, Leverkusen, Rotter- und Amsterdam tatsächlich zeigen konnte. Die wahre Torgefahr beim FCN kommt vermutlich weiter aus dem offensiven Mittelfeld – in Person von Marek Mintal.

Eine Erwähnung wert ist sicher auch Trainer Michael Oenning. Der war vor seinem Amtsantritt zum 03. Spieltag der vergangenen Saison nur wenigen ein Begriff. Zu diesen wenigen zählen die Anhänger von Borussia Mönchengladbach, die sich an den Münsterländer noch aus seiner Zeit als Assistent von Holger Fach erinnern. In Nürnberg hat sich der 43-jährige schnell einen guten Namen gemacht. Die Medien werden sich mehr denn je auf den etwas unkonventionell daherkommenden Mann stürzen, dessen Eloquenz, Kulturbeflissenheit und Styling fast zwangsläufig Vergleiche mit Jürgen Klopp herausfordern. Inwieweit er ähnlich Klopp auch das Standing haben wird, sich im Falle des Misserfolgs vor seine Mannschaft zu werfen und mögliche Unruhe zu befrieden, wird mitentscheidend sein, ob er und sein Team sich in der ersten Liga etablieren können.

Die Strategie mit einer so gut wie unveränderten Mannschaft in die kommende Saison zu gehen, ist riskant, aber nicht aussichtslos. Ein Beispiel, wie man es nicht macht, sollte Oenning der Werdegang von Borussia zu Beginn der vergangenen Saison liefern. Gelingt der Sprung auf das höhere Niveau, ist dem FCN durchaus zuzutrauen, eine bessere Rolle zu spielen.

FSV Mainz 05

Auch beim zweiten Aufsteiger schwingt ein früherer Gladbacher Co-Trainer das Zepter. Jörn Andersen hat allerdings mehr Cheftrainer-Erfahrung als sein Nürnberger Kollege Oenning. In Oberhausen schon vor seiner Gladbacher Zeit zwischenzeitlich äußerst erfolgreich konnte der Norweger in der vergangenen Saison den Abstieg der Offenbacher Kickers nicht verhindern. Das schreckte die Mainzer nicht, Andersen eine der schwierigeren Aufgaben im deutschen Fußball zuzuweisen: die Nachfolge des in Mainz heiligengleich verehrten Jürgen Klopp anzutreten. Andersen wagte und gewann. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger führte er den FSV zurück in die erste Liga.

In dieser sieht sich Mainz schon vor dem Saisonstart mit einem großen Problem konfrontiert: Verletzungspech verfolgt die Rheinhessen in der Vorbereitung. Gleich zwei Neuzugänge, die das Team verstärken sollten, fallen zunächst verletzt aus: der Ex-Gladbacher Eugen Polanski und der aus St. Pauli geholte Linksfuß Filip Trojan. Auch die Angreifer Srdjan Baljak und Chadli Amri sind außer Gefecht.

So ruhen viele Hoffnungen auf dem Österreicher Andreas Ivanschitz. Der Last-Minute-Transfer des Nationalspielers ist Reaktion auf die Verletzung von Polanski, aber auch auf den Abgang des wohl besten Mainzers der vergangenen Saison, Markus Feulner. Ivanschitz ergänzt das Mittelfeld, in dem Andersen des weiteren auf erfahrene Spieler wie Miroslav Karhan und Milorad Pekovic zurückgreifen kann. Die Quantität im Mittelfeld ist in Mainz kein Problem: hinter den genannten stehen noch der neu verpflichtete ägyptische Nationalspieler Gamal Hamza für alle Offensivpositionen, für die Außenpositionen der Kolumbianer Ekin Soto und der in der vergangenen Saison teilweise recht erfrischend aufspielende Florian Heller sowie fürs defensive Mittelfeld der frühere Cottbusser Daniel Gunkel. Es wird entscheidend sein, inwieweit diese Spieler das für die erste Liga nötige Niveau halten können und vor allem inwieweit der als Führungsspieler vorgesehene Polanski in Mainz mehr zeigen kann, als in vielen Jahren im Trikot der Borussia. Immerhin sah Max Eberl von der dem Vernehmen nach durchaus möglichen Rückholaktion des Eigengewächses ab.

Im Angriff des FSV dürfte der einst von Gladbach verschmähte Aristide Bancé zunächst gesetzt sein. Der Mann aus Burkina Faso ist noch ohne Bundesligaerfahrung, ebenso wie der Equadorianer Felix Borja, der nach der Verletzung von Amri und Baljak zunächst neben Bancé auflaufen dürfte.

In der Verteidigung hat Mainz personell nichts geändert. Die Abwehr um Nikolce Noveski, Peter von der Heyden, Niko Bungert und Tim Hoogland hat in der vergangenen Saison 37 Gegentore zugelassen, nach Auskunft von Jörn Andersen waren das noch zu viele. Mit Zsolt Löw und dem früheren Borussen Bo Svensson stehen weitere international erfahrene Defensivspieler im Kader. Im Mainzer Tor geht der 35-jährige Dimo Wache in seine 15. Saison, allerdings hat der Verein mit Heinz Müller einen weiteren Torhüter verpflichtet, der den Anspruch hat, die Nummer eins zu sein. Müller ist vier Jahre jünger als sein Konkurrent, hat in der ersten Bundesliga noch kein Spiel gemacht, hat aber Erfahrung in der Zweiten Bundesliga, in Norwegen und in der Championship-Liga, der zweithöchsten Spielklasse in England.

Auf dem Papier ist Mainz klarer als der 1.FC Nürnberg ein Abstiegskandidat. Ein Team ohne große Erstligaerfahrung, dazu die vielen Verletzten – der FSV gehört definitiv zu den Mannschaften, die Borussia hinter sich lassen muss, will sie die Klasse zum zweiten Mal in Folge erhalten.

SC Freiburg

Zum Beispiel Julian Schuster: Für 150.000 Euro aus Stuttgart gekommen, avancierte der defensive Mittelfeldspieler nach Anlaufschwierigkeiten in Freiburg zu einer der überragenden Figuren. Seine Standardsituationen dürfte manch ein Bundesligist noch fürchten lernen.  Zum Beispiel Johannes Flum: Aus Pfullendorf zurückgekehrt und eigentlich für die Amateure vorgesehen, machte sich das Eigengewächs bald in der ersten Elf unverzichtbar. Auch den ehemaligen U21-Nationaltrainer Horst Hrubesch beeindruckte Flum nachhaltig, selbst wenn er bei der Europameisterschaft noch zusehen musste. Mit diesen beiden auf der Doppelsechs konnte es sich der SC sogar leisten, einen so bundesligaerfahren Akteur wie Ivica Banovic, in der vorletzten Saison noch unangefochtener Führungsspieler, nur zwölfmal von Beginn zu bringen.

Die Beispiele Schuster und Flum illustrieren das Konzept des Vereins, der statt auf Stareinkäufe auf die Entwicklung junger, unterbewerteter Spieler setzt, gern aus der Region. Man kennt derlei Rhetorik von einem anderen Bundesligisten aus Baden-Württemberg; im Gegensatz zum Hoffenheimer Finanzprotz aber setzt der SC es mit minimalen Mitteln um. So überschritt auch in dieser Saison das Freiburger Transfersaldo nur knapp die Millionengrenze, während ein Ralf Rangnick mit etwa dem Vierzehnfachen gewissermaßen bei Prada und Dior shoppen gehen durfte. Immerhin: Unter den Freiburger Neuzugängen findet sich mit Cédric Makiadi der letzte Topscorer und Torschützenkönig der zweiten Liga. Auf immerhin zwölf Tore kam Stefan Reisinger, den der SC ablösefrei aus Fürth holte. Mit beiden soll die Offensive noch variabler werden, obwohl sich die 60 Tore aus der letzten Saison auch so ansehnlich lesen. Für knapp die Hälfte davon zeichnete das Trio Idrissou, Bechmann und Jäger verantwortlich. Nimmt man den als Vorbereiter wichtigen Yacine Abdessaki hinzu, so bieten sich Trainer Dutt zahlreiche Varianten, in personeller wie taktischer Hinsicht.

Spärlicher sieht es in der Defensive aus. Dabei konnte sich die Viererkette der letzten Saison wirklich sehen lassen. Dass der als Innenverteidiger tadellose Heiko Butscher nach links versetzt wurde, damit Pavel Krmas und Ömer Toprak gemeinsam in der Zentrale spielen konnten, sagt eine Menge über deren Qualitäten aus. Rechts machte Daniel Schwaab mit unbändigem Offensivdrang und fünf Treffern auf sich aufmerksam. Schwaab aber wechselte unter etwas seltsamen Umständen nach Leverkusen; um seinen Platz rangeln sich nun die Neuerwerbungen Du-Ri Cha und Mensur Mujzda. Völlig unvorbereitet traf die Freiburger der schwere Kartunfall ihres jungen Shootingstars Toprak, der auf unbestimmte Zeit, im schlimmsten Fall sogar für immer keinen Profifußball wird spielen können. Gelingt hier keine überzeugende Nachverpflichtung, so könnte Butscher zwar problemlos wieder in die Mitte rücken. Links müsste man sich dann aber auf den jungen, aus Bern verpflichteten Felix Bastians verlassen. Northwich Victoria, Halifax Town, Gillingham FC, Chesterfield FC, Notts County, Milton Keynes Dons FC: An Bastians vorherigen Stationen lässt sich ablesen, welch kleine Brötchen man als Aufsteiger backen muss, wenn kein Milliardär den Verein zu seinem Spielzeug macht. Die eingespielte Mannschaft, der taktisch gewiefte Trainer und die realistischen Erwartungen der Vereinsführung geben zu vorsichtiger Hoffnung zwar Anlass. Angesichts geringen finanziellen Spielraums und zahlreicher Spieler ohne Bundesligaerfahrung aber wäre alles andere als ein langer Verbleib im Abstiegskampf eine Sensation.


Seitenwahl-Prognose

Christian Spoo:
Nürnberg Platz 12-14, Mainz Platz 18, Freiburg Platz 15-16
Mike Lukanz: Nürnberg Platz 11-13, Mainz Platz 16-18, Freiburg Platz 15-16
Michael Heinen: Nürnberg Platz 13-15, Mainz Platz 16-18, Freiburg Platz 15-17
Christoph Clausen: Nünberg Platz 11-15, Mainz Platz 14-17, Freiburg Platz 14-18