Nun haben wir - nach einem emotionalen und sicherlich tränenreichen Wochenende - die katastrophale Saison 1998/1999 endlich hinter uns. Für die Mannschaft um (T)Rainer Bonhof dauert es noch ein paar Tage, bis auch sie sich in den unverdienten Urlaub zurückziehen kann.

Das vergangene "Duell der Giganten" zwischen unserer Borussia und der anderen Borussia - an anderer Stelle wurde es schon zum "Final Chapter" erklärt - zeigte zum unbefriedigenden Abschluß dann auch eine Partie, die wieder einmal als Spiegel der gesamten Saison dienen könnte. Diese Formulierung ist eine seit Wochen andauernde Wiederholung, sie entspricht aber vollauf den Tatsachen. Ich möchte mich in keinster Weise hämisch oder gar zynisch über das Leistungspotential der Dortmunder Borussia auslassen - dies steht mir nicht zu.

Aber ich möchte doch zu bedenken geben, inwiefern diese Mannschaft in der Champions-League-Qualifikation bestehen möchte. Sie ist nicht einmal fähig, gegen einen der punktemäßig verdientesten Absteiger der Bundesliga-Geschichte ein ordentliches Spiel abzuliefern - geschweige denn diesen Gegner zu beherrschen. Aber dies ist nicht unser Bier, wir können mit der kämpferischen und spielerischen Einstellung unserer Borussia mehr als zufrieden sein. Daß es noch nicht einmal zu einem versöhnlichen Abschied gereicht hat, dies ist den bekannten Mängeln zuzuschreiben.

Der emotionale Höhepunkt war u.a. die Verabschiedung des scheidenden Borussen - Kapitäns Patrik Andersson, der nun endgültig für sechs Millionen DM zu Bayern München wechselt. Den Schweden, den man getrost als einen wirklich großen Borussen bezeichnen kann, werde ich aber an geeigneter Stelle in einem der nächsten Kommentare noch ausreichend huldigen.

Nach dem endgültigen Ende der Saison, mit einer ebenso sensationellen wie bemerkenswerten Rettung der Frankfurter Eintracht, steht nun bei unserer Borussia die Personalplanung im Vordergrund - denn an dem Kader für die (hoffentlich einzige) Zweitligasaison gilt es noch Hand anzulegen. Bevor ich jedoch meine Einschätzung zu den Zu- und Abgängen der letzten Tage abgebe, möchte ich noch auf die Jahreshauptversammlung der Borussia eingehen.

Die Jahreshauptversammlung war meiner Meinung nach eine überfällige Veranstaltung, um einen Abschluß und einen Neuanfang zu markieren. Sicherlich war es kaum zu erwarten, trotz aller Mißfallensbekundungen gegenüber der aktuellen und vergangenen Vereinspolitik, daß gravierende Entscheidungen getroffen werden. Ich denke, es war bei der breiten Mehrheit der Borussen nie ein Thema, daß Präsident Jacobs auf dieser Versammlung zurücktreten sollte - zumal sich seitens der geeigneten Nachfolgekandidaten (z.B. Günter Netzer) mal wieder keiner bereiterklärt hatte, diesen Posten zu übernehmen.

Allerdings war und ist es schon ein Thema gewesen, dem amtierenden Personen zu zeigen, daß eine derartige Politik keinesfalls auf breite Zustimmung basiert. Dieses schien den Borussia-Bossen auch ohne die Jahreshauptversammlung klar, wie anders ist ansonsten der vom Präsidenten avisierte Vertrauensbeweis zu deuten. Dieser, in der Satzung nicht vorgesehene, Weg eine Art Volksabstimmung über den Präsidenten abzuhalten, führte schließlich zu dem bekannt deutlichen Ergebnis.

Sicherlich könnte man Präsident Jacobs entgegnen, daß er aufgrund der Entwicklung unter seiner Präsidentschaft hätte zurücktreten müssen, jedoch muß man ihm auch zugestehen, daß in seiner Amtszeit begonnen wurde, mit dem Rüßmann-Filz aufzuräumen. Die Verbindlichkeiten, das 17-Millionen-Horrorszenario konnte auf 9,8 Millionen DM relativiert werden, sind größtenteils dem vorherigen Präsidium unter Herrn Drygalsky zuzurechnen, welches dem Ex-Manager allzu großen "Spielraum" zugestand. Umso verwunderlicher nahm ich zur Kenntnis, daß sich Ex-Präsident Drygalsky kritisch zu dem Verkauf von Deisler, Andersson und Pettersson geäußert hat. Er hat wohl gesagt, daß mit diesen Transfers das "Tafelsilber" der Borussia verkauft worden sei.

Dieser Ansicht kann ich nur zustimmen, jedoch sehe ich diese Aussage nicht als einen Kritikpunkt gegenüber der amtierenden Führung an. Hätte sich das Ex-Präsidium unter Herrn Drygalsky nicht allzu dilettantisch im Umgang mit dem Profifußball angestellt, so hätte es diese Notwendigkeit - Borussia benötigt den Großteil der Einnahmen zur Schuldentilgung - nicht gegeben. Das Tafelsilber wird ja zudem nicht aus Langeweile verkauft ; in allen drei Transfers ist die Absicht des Spielers, nicht in der zweiten Liga spielen zu wollen, der ausschlaggebende Punkt. Ein Deisler wäre nicht verkauft worden, wenn er selber nicht gewollt hätte.

So, nach diesem Kommentar zur Jahreshauptversammlung möchte ich nun zu den Transfergeschäften und Transfergerüchten der letzten Tage kommen. Neben dem Verkauf unseres Kapitäns und weiterer Lizenzspieler hat Borussia auch einen Neuzugang zu vermelden gehabt - den Münchener Torwart Bernd Meier.

Bernd Meier (27 Jahre, TSV 1860 München, Torwart, 300.000 DM) - der gebürtige Bayer unterschrieb in der letzten Woche einen Zweijahresvertrag. Die Richtigkeit der Entscheidung, den ehemaligen Stammtorhüter der Löwen zu verpflichten, darf angezweifelt werden. In den letzten Wochen war Borussia sehr stark mit dem Uerdinger Torhüter Achim Hollerieth, einem überdurchschnittlichen Zweitligakeeper, in Verbindung gebracht worden. Eine Verpflichtung erschien als sicher; umso erstaunlicher ist nun die Entscheidung zugunsten Meiers, der in der ablaufenden Saison nicht über die Position des Ersatztorhüters hinauskam.

Den letzten seiner 93 Bundesligaeinsätze bestritt Meier bereits in der Saison 1997/98, in welcher er kurzzeitig dem A-Nationalmannschaftskader angehörte. Ein eklatanter Fehler in einem Spiel gegen Bayern München - Meier "lud" Carsten Jancker förmlich zu einem Torerfolg ein - bedeutete nicht nur den zweifelhaften Bekanntheitsgrad des Keepers, sondern auch das vorläufige Ende seiner Bundesligakarriere. Bei Werner Lorant kam der "Elfmeterkiller" fortan nicht mehr zum Zuge.

Dementsprechend schwierig gestaltet sich eine Beurteilung. Einmal abgesehen von seinem bisherigen Reservistendasein hat Meier in seinen 93 Spielen durchaus zu überzeugen gewußt, jedoch unterliefen ihm zuweilen auch schon sehr schwerwiegende Fehler, die den Eindruck über Meier doch stark beeinträchtigen - einmal abgesehen von jenem Abwurfmalheur im Münchener Derby. Anzweifeln darf man auch seine Fähigkeit beruhigend auf seiner Vorderleute einzuwirken. Seine besten Spiele hat Meier dann gemacht, wenn vor ihm ein routinierter Libero (Trares) einer sattelfesten Abwehr den Ton angab - aber er bekam bislang immer dann Probleme, wenn er die Abwehr dirigieren sollte.

Diese Fähigkeit - die besonders Uwe Kamps auszeichnet - ging Meier bislang völlig ab. Stark ist Meier besonders auf der Linie und bei Standardsituationen, speziell bei Elfmetern. Etlichen gehaltenen Elfmetern verdankt Meier im übrigen auch seine Bundesligakarriere, denn dadurch gewann er einst das Lorantsche Vertrauen. Nicht unbedingt negativ auslegen muß man ihm seine Nichtberücksichtigung im Löwen-Team, denn wer die Führungsqualitäten des Herrn Lorant kennt, der weiß um die Schwierigkeiten eines Comebacks. Dennoch bleibt zu hoffen, daß erstens Uwe Kamps schnellstens wieder fit wird und Borussia sich doch noch zum Kauf von Achim Hollerieth entschließt. Tendenz : Nicht mehr als eine Ergänzung für die Reservebank.

Zu weiteren Zugängen ist es in den vergangenen Tagen nicht gekommen. Der heftig umworbene Hannoveraner Sebastian Kehl (19, Abwehr) hat um Entscheidungsaufschub gebeten. Der Wattenscheider Kapitän Markus "The Face" Feinbier (29, Angriff) hat sich, trotz heftigem Drängeln des (T)Rainers für einen Wechsel zur (ambitionierten) SpVgg Greuther Fürth entschieden und der Osnabrücker Torjäger Daniel Thioune hat durch die laufende Aufstiegrelegation mit seinem Verein derzeit auch nicht die Zeit, sich zu einem Wechsel zu äußern.

Wobei im Falle Thioune, glaubt man den Osnabrücker Zeitungen, schon alles klar sein soll. Der Spieler der Saison in der Regionalliga Nord (22 Tore in knapp 30 Pflichtspielen) soll für 800.000 DM demnächst zu unserer Borussia wechseln. Im Hinspiel der Aufstiegsrelegation zwischen Osnabrück und Chemnitz vom vergangenen Sonntag, konnte sich der interessierte Borusse über Thioune schon einmal ein Bild machen, auch wenn ein Spiel nicht für eine abschließende Beurteilung ausreichen kann. Mir ist dabei aufgefallen, daß er sehr beweglich ist, enorm schnell und kopfballstark. Zudem mangelt es ihm nicht an Defensivverständnis, denn mehrmals half er in der eigenen Hälfte aus.

Den Deutsch-Senegalesen als "kleinen Dahlin" zu bezeichnen, ist sicherlich stark übertrieben - dennoch hat er grob gesagt die gleichen Spielanlagen wie unser ehemaliger schwedischer Sturmtank. Schwächen sehe ich vor allem in der Konstanz (er hat schon mehrere Spiele "Ladehemmung") und in seiner Disziplin - hat er doch angeblich mehr Gelbe Karten in der Regionalliga kassiert als der Duisburger Hajto in der Bundesliga (und der hat 16 Gelbe Karten kassiert).

Wo ich gerade bei einem unserer (wahrscheinlichen) Angreifer der Saison 1999/200 bin. Ein klein wenig enttäuscht bin ich über Marco Villa, der sich für einen Wechsel in die erste österreichische Liga zum SV Ried entschieden hat. Da uns zudem Berkant Göktan verläßt - höchstwahrscheinlich geht er für zwei Jahre nach Bielefeld - sind wir quasi jegliche Jugend im Sturm los. Daß Borussia Göktan nicht mehr weiterverpflichten wollte/durfte fällt nicht so schwer ins Gewicht, aber Marco Villa hätte durchaus zu einem Stammspieler reifen können. Aber auch in seinem Fall zeigt sich, daß Berater nicht unbedingt positiven Einfluß auf Spieler haben können.

Der Wechsel nach Ried bedeutet insgesamt ein Rückschritt, denn das Niveau der österreichischen Eliteliga ist im allgemeinen eher flau. Der Wechsel könnte sich aber durchaus auch als richtig herausstellen (siehe Karriere des Oliver Bierhoff / Carsten Jancker). Eines ist jedenfalls sicher, in Ried (verfügt über den Jahresetat entsprechend eines ein mittelmäßigem deutschem Regionalligisten) hat Villa wohl einen unumstrittenen Stammplatz. Viel Glück kann man ihm dabei wirklich nur wünschen.

Jörgen Pettersson, der Dritte im Bunde, wechselt in der kommenden Saison für 4,5 Millionen DM zum 1.FC Kaiserslautern. Pettersson hätte bei einem Verbleib am Bökelberg bestimmt einen Stammplatz sicher gehabt und wäre ein Stützpfeiler des Wiederaufstiegs geworden. Jeder der sich jetzt darüber freut, daß der Schwede geht, sollte sich wirklich fragen lassen, inwiefern er gezeigte Leistungen honoriert. Sicher, in dieser Saison hat Pettersson gerade einmal sechs Tore geschossen, doch in den vorangegangenen zwei Spielzeiten schoß er immerhin 24 Tore, eine Zahl, die für einen Nachwuchsstürmer in der "besten Liga der Welt" geradezu sensationell ist.

Gescheitert ist Pettersson in dieser Saison zumeist an seinen eigenen Nerven, aber auch das überkritische Publikum trägt eine gewisse Mitschuld. Ungeachtet des "Beispiels" Juskowiak, der in Wolfsburg schier ungeahnte Vollstreckerqualitäten bewies, wurde Pettersson fortwährend an Stürmern wie Kirsten, Elber oder (dem Mönchengladbacher) Herrlich gemessen - ungeachtet seiner Fähigkeiten in einer katastrophalen Mannschaft. Auch ihm kann ich nur viel Glück wünschen, möge er seinen Kritikern in der neuen Saison beweisen, daß man ihm vor allem Rückendeckung schenken sollte.

Seinen Wechsel zu 1860 München hat kürzlich Stephan Paßlack bekanntgegeben. Diesen Entschluß faßte "Passi", weil 1860 im Gegensatz zur Borussia die "attraktivere" Mannschaft sei. Auch ihm möchte ich Glück wünschen, ebenso wie Dauerläufer Martin Schneider, der den Verein in Richtung Duisburg verläßt. Beide Spieler sind ablösefrei, aber gerade beim sensiblen Paßlack mutet dieser Wechsel doch ziemlich merkwürdig an. Paßlack hat sich stets über mangelndes Vertrauen beklagt und darüber, daß man ihm nicht genug geholfen habe, als er private Probleme hatte. Dieses Vertrauen und diese Rückendeckung sucht der liebe Stephan nun genau in dem Verein, dessen Trainer - wie oben schon angedeutet - eher durch Holzhacker-Methoden auffällt, als durch rücksichtsvolle Betreuung von Spielern. Wenn er da man nicht vom Regen in die Traufe kommt.

Merkwürdig harsch äußert sich Peter Wynhoff, wenn es um seinen bevorstehenden Wechsel geht. Er, der Borussia im letzten Jahr zu einem sehr ungüngstigen Zeitpunkt seine Kündigung per Gerichtsvollzieher zukommen ließ, erregt sich über die Verhandlungstaktik der Borussia, die gerne noch eine Ablösesumme für den einstigen Dauerläufer kassieren möchte. Wynhoff benutzt Worte wie "Verarschung", wenn es um die angeblich geforderten drei Millionen DM Ablöse geht, und droht seinerseits mit dem Absitzen seines Vertrages, sollte kein Transfer zustandekommen.

Nicht die ganz feine Art von jemandem, der dies eigentlich in der vergangenen Saison auch schon getan hat. Das Chaos, das Wynhoff im und um den Verein festgestellt haben will, ist bei aller Liebe nicht zu erkennen. Aber diese Erkenntnisse sind im Profigeschäft durchaus üblich, und dienen vor allem der Imagepflege solcher "Saubermänner" unter den Profispielern. Ich finde, Herr Wynhoff sollte zunächst vor seiner eigenen Haustüre kehren, bevor er dem Verein gegenüber so derbe nachkartet.

Zum Abschluß möchte ich dieses Mal erneut die noch ausstehenden Neuverpflichtungen ansprechen. Im allgemeinen benötigt Borussia vor allem noch Stürmer und einen Torhüter, gerne würde ich auch noch (neben Sebastian Kehl) einen Linksfuß am Bökelberg sehen, am besten einen routinierten Spieler als Alternative zu Marcel Ketelaer, dessen Verletzungsanfälligkeit bekannt ist. Der meine Erachtens noch zu verpflichtende Torhüter müßte Achim Hollerieth (KFC Uerdingen) heißen und im Sturm wäre neben Thioune sicher noch ein routinierter Zweitligastürmer angebracht.

Die Vergangenheit im Kopf, die Zukunft vor Augen und die Raute im Herzen

Maverick