Durch das Unentschieden in Fürth ist eine Aufgabe zu einem guten Ende gekommen, deren Schwere sich nur aus einer längeren Perspektive heraus verstehen läßt. Würde man lediglich auf die kurzfristigen Fakten schauen, die da lauten, dass ein Urgestein der Fußball-Bundesliga nach zwei Jahren in der zweiten Liga den erneuten Aufstieg geschafft hat, so würde dies nahezu belanglos, zumindest aber wenig spektakulär klingen. Betrachtet man jedoch den Verein Borussia Mönchengladbach, wie er sich Anfang September 1999 dargestellt hat, so ergibt sich ein ganz anderes Bild:

Der Club, der früher der europäische Inbegriff attraktiven Angriffsfußballs und sportlichen Erfolgs (aber auch dramatischem sportlichen Scheiterns) gewesen war, bot sich als finanziell vor dem Ruin stehende Ansammlung von Problemen dar, zu denen insbesondere auch die Tatsache gehörte, dass die Mannschaft ein Sammelsurium von im Vergleich zu ihrer Leistung kraß überbezahlten, mental am Boden liegenden Dauerverlierern ohne Selbstbewußtsein war, deren sportlicher Abstieg aus der deutschen Eliteliga – vor dem Hintergrund ihres arg begrenzten Potentials – um Jahre überfällig gewesen und nun endlich eingetreten war, ohne dass man das lange Zeit drohende Fiasko von Vereinsseite überhaupt nur hatte wahrnehmen wollen. Borussia war die "Titanic" der Neunziger, und die ersten Spieltage in der zweiten Bundesliga erwiesen sich als die herausstehende Kante des Eisbergs, die das Zerstörungswerk krönte, während auf Deck noch die Band fröhlich vor sich hin spielte.

Nachdem der glücklose (um es wohlwollend auszudrücken) Rainer Bonhof nach dem 0:3 in Karlsruhe keine Zukunft mehr auf dem Trainerstuhl hatte, galt es einen Nachfolger zu finden. Über diese Person war schon des längeren spekuliert worden; unter den Fans liefen Wetten, und das Präsidium hatte ebenfalls schon vorgefühlt. Als Anhänger des Vereins rechnete man, geprägt durch die Entscheidungen der Vorjahre, mit dem Schlimmsten. Löw sagte ab, Augenthaler und Veh verschanzten sich hinter geltenden Verträgen, und so verkehrten in der Gerüchteküche die üblichen Verdächtigen (Ehrmantraut, Ristic, Magath), angereichert um die Herren Frank, Hegi und Vandereycken. Am Ende kam dann schließlich heraus – ein Mensch namens Meyer. Obwohl in weiten Kreisen nahezu unbekannt, war das Echo auf seine Verpflichtung erstaunlich positiv: Der Verein war so tief gesunken, dass man schon froh war, keinen Namen wie Bongartz vermeldet zu bekommen, sondern einfach jemanden, bezüglich dessen man sich noch eine vage Hoffnung auf sportlichen Erfolg einreden konnte.

Ich kann mich noch gut an meine damalige Reaktion erinnern: Zuerst war ich enttäuscht, weil ich mich vehement für Horst Ehrmantraut stark gemacht hatte (ich gebe unumwunden zu, dass ich über diese Meinung von damals heute nur noch milde lächeln kann). Dann aber war ich überrascht, dass sich jemand wie Hans Meyer dazu bereit fand, ein offensichtliches Himmelfahrtskommando zu übernehmen. Da ich als gebürtiger und überzeugter Wessi damals dennoch immerhin auf fünf Jahre Leben und Arbeiten in Sachsen zurückblicken konnte, war mir vage bekannt, welche Ehrerbietung Meyer in den Neuen Bundesländern genießt und welche sportlichen Erfolge er aufweisen konnte: dreimal DDR-Pokalsieger, viermal Vizemeister (wer weiß, wie politisch verzerrt der Meisterschaftskampf in der DDR-Oberliga stellenweise war, kann dies nur sehr hoch einschätzen) und nicht zuletzt Finalist im Europapokal der Pokalsieger mit Carl Zeiss Jena. Zudem hatte er bei Twente großen Erfolg gehabt und führte den niederländischen Provinzverein zweimal in den UEFA-Cup. Wieso kam so jemand trotz ungekündigter Stellung zu einem Verein, bei dem ein halbes Dutzend Vorgänger letztlich gescheitert war und der außer seiner Geschichte und seinen Fans nichts mehr hatte, worauf man sich etwas einbilden konnte?

Was immer die Gründe gewesen waren (insbesondere Differenzen mit der Vereinsführung von Twente wurden genannt), man kann froh sein, dass es sie gab. Schlägt man den Bogen zur Gegenwart, so kann man feststellen, dass der richtige Trainer an den richtigen Ort kam. Aus heutiger Sicht läßt sich zusammenfassen, dass in den letzten beiden Jahren zwar in der Öffentlichkeit weit unterschätzte Aufräumarbeiten seitens des Präsidiums und des Managements durchgeführt wurden und dass die Spieler Borussias nach und nach an die Grenzen ihres Leistungspotentials gegangen sind, dass aber der eigentliche Star des Vereins und der Architekt des sportlichen Aufstiegs schlechthin Hans Meyer heißt. Und nicht nur das: Meyer hat es auch geschafft, dass in den Zeiten sportlicher Zwischenkrisen sein Job niemals ernsthaft zur Disposition stand. Sicherlich hat seine Rolle als Publikumsliebling, die er sich schnell erworben hatte, hierzu beigetragen, hinreichend kann dies aber keinesfalls gewesen sein. Worin also liegen die Gründe für den Erfolg des inzwischen 58jährigen gebürtigen Brieseners (ein Ort im Sudetenland)?

Macht man sich ein nur oberflächliches Bild von Hans Meyer, so erscheint die Beantwortung dieser Frage weiter entfernt denn je: Meyer wirkt mit seinem grimmigen Ausdruck und seinem Topfhaarschnitt wie ein unfotogenes Fossil, das sich seit dreißig Jahren nicht verändert hat; am Spielfeldrand sieht er, zumal wenn er in einen dicken Schal eingemummt ist, aus wie eine bärbeißige Großmutter, die ihren Enkel, den sie brav beim Hausaufgabenmachen wähnte, gerade beim Kiffen erwischt hat. In Interviews schließlich ist er der Alptraum jedes modernen PR-Managers, scheint er Journalisten doch als Beilage zu den belegten Brötchen anzusehen, die er bei Gelegenheit gerne während Pressekonferenzen zu sich nimmt. Und dennoch – natürlich gibt es Gründe für seinen Erfolg, und dies sind nicht wenige.

Zuallererst ist natürlich die sportliche Komponente zu nennen. In einer Zeit, in der für "verdiente" Nationalspieler Schnellkurse für den Trainerschein angeboten werden (der kurze Weg zum Fußballehrer à la Andi Brehme: "Ich sag mal, sag ich, ich bin jetzt Teamchef, sag ich mal!"), wirkt seine profunde Ausbildung – ergänzt durch das pädagogische Element, schließlich war Meyers Beruf im "richtigen Leben" Lehrer) – geradezu einschüchternd. Handwerklich flickt ihm keiner ans Leder, und in der Tat ist Hans Meyer der erste Trainer bei Borussia zumindest seit Bernd Krauss, bei dem man als Fan nicht ständig das Gefühl hat, man möchte die Mannschaft lieber selbst aufstellen, sondern dessen Elf man sich anschaut, um sich dann mit dem Gedanken erwartungsvoll zurückzulehnen, dass der Mann sich schon etwas gedacht haben wird. Und tatsächlich: Die Elf zeigte unter Meyer nicht nur Konturen (so 1999/2000 durch ihr klares 4-3-3-System), sondern erweist sich inzwischen als sowohl mental stabilisiert genug, um Rückschläge kompensieren zu können, als auch als taktisch ausreichend variabel, um dem Gegner zunehmend das eigene Spiel aufzuzwingen.

Hinsichtlich der Mannschaft hat Meyer sein Konzept von Anfang an deutlich durchgezogen; wen er für leistungsschwach hielt, hat er ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Spieler aussortiert (Hagner, Reiter, Sopic). Auch große vergangene Verdienste waren in diesem Zusammenhang irrelevant (Polster, Klinkert). Gerade bezüglich letzterer Namen ist dieser Aussortierungsprozeß nicht ohne Kontroversen mit Verein und Fans abgelaufen, doch stand als oberste Maxime immer der Erfolg des Kollektivs, nicht der Glanz des Einzelnen. Dass Borussia mit einer gut besetzten Mannschaft aufsteigt, aus der aber kein Spieler herausragt, ist die Handschrift Hans Meyers. Sie steht in krassem Gegensatz zur ära Rüssmann, in der ein Team um ein, zwei Stars herumgebaut wurde, man letztlich aber an finanzielle Grenzen stieß, gleichzeitig durch die Transferpolitik enorme Risse im Mannschaftsgefüge entstehen ließ und am Ende spektakulär scheiterte.

Allerdings, und auch das gilt es bei allem Lob zu bedenken, wurden viele Stammspieler der jetzigen Aufstiegsmannschaft von Meyers Vorgängern geholt; genannt seien stellvertretend nur van Lent und Korzynietz, deren Verpflichtung das Werk von Bonhof ist. Es spricht für Hans Meyer – und das ist ein weiterer Erklärungsfaktor seiner überzeugenden Außenwirkung –, dass er anerkennt, welchen Anteil andere an seinem Erfolg haben. Im Gegensatz zum Usus der Branche hat sich Meyer nie als Aasgeier betätigt, der auf der Leiche seines Vorgängers herumgehackt hat. Vielmehr weist er immer wieder darauf hin, dass Bonhof im Gegensatz zu ihm nie eine richtige Chance gehabt habe, da er nicht nur in einem maroden Umfeld agieren mußte, sondern zudem nach dem Abstieg noch einen Transferüberschuß von zwölf Millionen DM erwirtschaften mußte, damit Borussia überhaupt die Zweitligalizenz bekam. Auch hinsichtlich der finanziellen Zwänge des Vereins ist Meyer kein blindwütig Fordernder, sondern er weiß, dass die Vereinsführung immer noch jede Mark zweimal umdrehen muß, bevor sie dann vielleicht ausgegeben wird.

Trotz aller Restriktionen aber hat Hans Meyer, aufbauend auf der Verfügungsmasse bei seinem Amtsantritt, den Kader Schritt für Schritt erweitert, immer drauf hinweisend, dass wirklich gute Spieler nicht finanzierbar sind. Mit seiner Transferpolitik hatte er oft Erfolg – angefangen mit seinem ersten Neuzugang 1999, Igor Demo –, aber die branchenüblichen Mißerfolge blieben nicht aus. Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass der Umbau der Mannschaft bislang gute Fortschritte gemacht hat und dass einige der von ihm verpflichteten Spieler besser sind als ihr derzeitiger Ruf (dies trifft vor allem auf Berthil ter Avest zu), dass der Kader aber nach wie vor zu klein und auf Schlüsselpositionen geradezu fahrlässig unterbesetzt ist, um bundesligatauglich zu sein. Dies ist dem Trainer ohne Zweifel bekannt und selbst ein Dorn im Auge. Es wird die nächste große Herausforderung sein, diese Mangelwirtschaft wenigstens in großen Teilen zu beheben.

Würden die bisher aufgeführten Erfolgsbausteine die ganze Persönlichkeit von Hans Meyer ausmachen, so wäre verständlich, warum ihm seitens des Vereins und der Fans mit Achtung begegnet wird, es wäre aber unverständlich, warum er insbesondere unter den Fans geradezu (zu) unkritischen Kultstatus besitzt. Dieser Kultstatus wird auch nicht erklärt durch die regelmäßige Betonung Meyers, das Gladbacher Publikum sei "phantastisch" – Borussenfans sind nicht korrupt und würden sich von solchen äußerungen seitens anderer Trainer nicht blenden lassen. Auch das donquichotteske Verhalten gegenüber den Medien bringt zwar immer wieder die Lacher auf Meyers Seite, erklärt seine Popularität aber auch nicht in genügendem Maße. Nein, die Gründe für diese Anerkennung seitens der Fans liegen im Charakter des Trainers, und dieser erschließt sich nicht auf den ersten Blick.

Beginnen wir diesbezüglich auf der persönlichen Ebene: Spricht man mit Hans Meyer, so merkt man, dass dieser seinen Gesprächspartner ernst nimmt, dass er einen Fan oder einen Journalisten, den er erstmals trifft, zuerst als Menschen sieht und sich ein Bild von seinem Gegenüber machen möchte. Meyer schaut seinem Gesprächspartner in die Augen und nimmt sich Zeit, auf gestellte Fragen einzugehen – es sei denn, man hat seine erste Chance vertan und ist durch den Test gefallen, dann sind die Antworten knapp und sarkastisch. Fans nimmt Meyer besonders ernst; so geht er beim Training vor einem Freundschaftsspiel auf die am Spielfeldrand versammelten Zuschauer zu, fragt besorgt, ob der Anfahrtsweg zum Spielort bekannt sei und erzählt Anekdoten aus der fünften thüringischen Landesliga, nach denen zwar niemand gefragt hatte, die aber so spannend sind wie ein Elfmeterschießen. Sieht man darüber hinaus, wie ich es beispielsweise beim Trainingslager im letzten Sommer im Frühstücksraum des Hotels zufällig erleben konnte, Hans Meyer als Familienmenschen, etwa jeden Morgen am Frühstückstisch mit dem Enkel auf dem Schoß, dann merkt man, dass hier jemand Prioritäten setzt, die dem herkömmlichen Klischee so gar nicht entsprechen wollen. Die Idylle war so ausgeprägt, dass man gar nicht näher hinschauen konnte und wollte, weil man sich als Eindringling ins Privatleben vorkam. Der "harte Hund" als völlig entspannter und ausgeglichener Mensch – dies ist beileibe kein Widerspruch.

Insbesondere ist es deshalb kein Widerspruch, weil das Klischee des "Generals", wie man ihn bei Enschede nannte, eine Fehleinschätzung ist. Auch ich bin dieser Fehleinschätzung unterlegen, habe ich doch beispielsweise die äußerung gegenüber Marcelo Pletsch, ihm könne man das Fußballspielen nicht mehr beibringen, als unangemessen und unprofessionell betrachtet. Wie man sich irren kann! Meyer geht es nicht um persönliche Beleidigungen, sondern um die – manchmal zu überspitzte – Beschreibung von Sachverhalten. Man muß stets die Inhalte, nicht aber die Verpackung analysieren, wenn man solche Aussagen verstehen will. Und so ist es dem Trainer verhaßt, wenn ein Spieler mit guten Anlagen nicht das Maximum aus sich herausholt, während bei ihm Spieler mit beschränkten, aber dennoch ordentlichen Fähigkeiten, die aber an ihr Limit gehen, einen Stein im Brett haben – nur werden diese Spieler eben verbal derart seziert, dass oberflächlichen Mißverständnissen eben Tür und Tor geöffnet sind.

Letztlich – und damit sind wir aus meiner Sicht beim Kern der Sache – ist es dieser Anspruch, jeden Menschen individuell wahrzunehmen und nach seinen Fähigkeiten und seinem Hintergrund sorgfältig zu beurteilen, was die Person Hans Meyer im wesentlichen ausmacht und was zu seiner Popularität beiträgt. Spieler verdienen gut und haben ihr Hobby zum Beruf gemacht, also sollen sie Leistung abliefern. Allüren werden nicht geduldet, denn die Persönlichkeitsbildung ist Teil des ausbilderischen Erziehungsprozesses; schießt ein Juniorennationalspieler wie Bernd Korzynietz beim Training den Ball in den Wald, dann muß er eben so lange suchen, bis er zerkratzt, aber mit Ball wieder erscheint. Sitzt eine Spielvariante nicht, dann wird sie eben geübt; herumreden um den heißen Brei, wenn es einen Mangel abzustellen gilt, wäre nur Zeitverschwendung. Die Fans geben ihr sauer verdientes Geld dem Verein und opfern Freizeit und Zusammensein mit der Familie, also sind sie zu respektieren und mit ihren Wünschen ernstzunehmen; da kann man auch schon einmal tolerant sein, wenn die Wünsche des Publikums ins Uferlose gehen, denn "Fans dürfen Träumen, Spieler nicht".

Und die Journalisten schließlich – diese tragen gerade in einer freiheitlichen Gesellschaft eine besondere Verantwortung, mit der Wahrheit sorgsam umzugehen und andere Leute nicht unfair bei ihrer Arbeit zu behindern. Hans Meyer ist kein Journalistenhasser, aber er hat nach eigener Aussage in der DDR hinlänglich erlebt, wie Journalisten die Wahrheit verfälschen, als dass er in einer Gesellschaft, in der lediglich der Markt, nicht aber die Partei die Zwänge ausübt, noch irgendwelche Toleranz gegenüber oberflächlicher oder verfälschender Berichterstattung aufbringen möchte. Erfrischend ist letztlich zudem, dass Meyer seine strengen Maßstäbe auch bei sich selber anlegt; die Tatsache, dass ihm nach der Wende eine Anstellung im Fußballwesten versagt geblieben ist, quittiert er nicht nach Art von Eduard Geyer mit Verschwörungstheorien gegen Ostdeutsche, sondern er sucht die Ursachen in seiner eigenen damaligen Naivität, dass er nämlich dachte, seine Qualitäten seien bekannt und er müsse nur auf einen guten Job warten. Sicherlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte, aber die selbstkritische Variante ist zweifelsfrei produktiver, weil sie zu mehr Leistung anspornt.

In einer Woche gegen Chemnitz schließt sich nun ein großer Kreis. Während Borussia am ersten Zweitligaspieltag 1999 nach Sachsen fuhr mit dem realitätsfernen Gefühl "Der Mythos gibt sich die Ehre!" und prompt auf die Nase fiel, wird sich im Heimspiel gegen Chemnitz ein Team aus der zweiten Liga verabschieden, das die Handschrift Hans Meyers trägt – selbstbewußt, aber nicht überheblich, kompetent, aber nicht Weltklasse, engagiert, aber nicht hektisch, auf den ersten Blick bieder, aber mit sehr viel Gehalt: Die Mannschaft ist der Spiegel ihres Trainers. Ob sie uns in der Bundesliga mit neuen Wesenszügen überraschen wird, oder ob sie sich einfach, still und leise, fortentwickelt? Letzteres ist zu hoffen und auch zu erwarten. Verein und Fans sollten nicht überrascht sein, wenn es denn auch so kommt.

Mit dem ersten Aufstieg der Borussia in die Bundesliga begann die Ära Weisweiler. Mit dem zweiten Aufstieg wird jedoch nicht die Ära Meyer beginnen, denn nach knapp zwei Jahren am Niederrhein und rund dreißig Jahren als Fußballtrainer hat Hans Meyer das Ende seiner Karriere auf den 30. Juni 2002 terminiert. Für den Familienmenschen Meyer ist die berufsbedingte Dauerabwesenheit von Frau, Kindern und Enkeln schon seit längerem ein Opfer, das er zunehmend unwilliger zu akzeptieren bereit ist. Zwar hat er seinen Ausstand schon einmal verschoben, ob er jedoch sein Karriereende über den Sommer 2002 hinaus nochmals verschiebt, darf stark bezweifelt werden – auszuschließen ist es aber nicht, sollte die nächste Saison sportlich hinreichend erfolgreich verlaufen, der Verein sich in angebrachter Weise um eine Vertragsverlängerung bemühen (wobei der finanzielle Faktor für die Entscheidung kaum ausschlaggebend sein wird) und die "phantastischen Fans" dem Gemütsmenschen aus dem Sudentenland den Abschied so schwer wie möglich machen. Was letztlich wird, kann man an dieser Stelle nicht prognostizieren, und auch wenn es jetzt nicht so aussieht, ist natürlich auch der Fall nicht auszuschließen, dass die Tretmühle Bundesliga auch in diesem Falle gar eine vorzeitige Trennung herbeiführen könnte. Meyers diesbezügliche Äußerung "Vielleicht ist man in Mönchengladbach ja in ein paar Monaten ganz froh, dass der Meyer den Verein nicht über das eine Jahr Vertrag hinaus belastet." ist insofern mehr als Koketterie; es ist die Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten der Branche – auch wenn momentan kein Gedanke ferner scheint als gerade dieser.

Immerhin, derartige Gedanken führen heute zu weit, denn nun ist die Zeit des Feierns, aber auch die Zeit zum Fertigzimmern einer bundesligatauglichen Mannschaft angebrochen. Genauso, wie niemand die Rückkehr Borussias in die Beletage des deutschen Fußballs als Selbstverständlichkeit nehmen darf, so sollten wir auch die uns bevorstehende weitere Zeit mit Hans Meyer als das sehen, was sie ist: ein glücklicher Umstand, ein angenehmes Zusammensein mit einem "Passanten", der seinen Weg – mit und ohne Borussia – weiter gehen wird und den wir auf einem kleinen Teilstück begleiten dürfen. Wir freuen uns auf den gemeinsamen Gang ins Fußball-Oberhaus!

Gruß LoBo