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Nachdem wir den Norden und den Süden Deutschlands weitgehend abgegrast haben, schauen wir uns heute die Vereine „dazwischen“ an: Hessen, Rheinhessen, Pfälzer und Nordbadener. Mindestens drei, wenn nicht gar alle vier hier vorgestellten Clubs dürften sich in dieser Saison in ähnlichen Tabellenregionen tummeln, wie unsere Borussia - es geht also um die direkte Konkurrenz im Tabellenmittelfeld.


1.FC Kaiserslautern

Die Bundesliga ist der Platz, wo der FCK meint „hinzugehören“. Verständlich, angesichts der Tradition und der zahlreichen Erfolge, die der Verein in durchaus unterschiedlichen Epochen gefeiert hat. Zieht man aber in Betracht, dass Kaiserslautern erst vor einem guten Jahr kurz vor dem Abstieg in die Drittklassigkeit stand, ist die Tatsache, dass der Betzenberg jetzt wieder Erstligastadion ist, keine Selbstverständlichkeit. Nach mit „turbulent“ noch euphemistisch beschriebenen Zeiten ist es wohl vor allem das Werk des nahezu zum Alleinherrscher avancierten Vorstandschef Stefan Kuntz, dass Kaiserslautern sich bekrabbelt hat und nun einen neuen Anlauf im gefühlten Zuhause Bundesliga nehmen kann.

Die Mannschaft, mit der der 1.FC Kaiserslautern die Zweite Liga in der vergangenen Saison über weite Strecken klar dominiert hat, ist nach dem Aufstieg nicht zusammengeblieben. Wichtige, ja für den Aufstieg entscheidende Spieler, haben den Klub verlassen: Erik Jendrisek, Sidney Sam und Georges Mandjeck spielen jetzt für nominell bessere Teams.

Dem gegenüber stehen gleich elf Neuzugänge. Mit vielen davon plant Trainer Marco Kurz wohl auch als Stammspieler. Mit dem Innnenverteidiger Jan  Simunek (zuletzt Wolfsburg) und dem dänischen Linksverteidiger Leon Jessen, dem vom FC Schalke ausgeliehenen tschechische Talent Jan Moravek, dem österreichischen Angreifer Erwin Hoffer und dem in Mainz glücklosen Algerier Chadli Amri sind gleich fünf Nationalspieler dabei. Dazu kommen die bundesligaerfahrenen Christian Tiffert, Stiven Rivic und der Ex-Borusse Oliver Kirch. Auch der bulgarische Stürmer Illjan Micanski und der von Bayer Leverkusen geliehene Nachwuchsspieler Thanos Petsos haben Ambitionen auf einen Stammplatz.

Im DFB-Pokal hatte der 1.FCK neben Borussia das schwerste Los gezogen. In Osnabrück vertraute Marco Kurz eher auf das aus der Vorsaison bewährte Personal, nur vier Neue standen in der Startelf, drei weitere kamen im Lauf der Partie hinzu. Erwin Hofer avancierte dabei zum Matchwinner und schoss die Pfälzer mit zwei Toren in der Verlängerung in die nächste Runde.

Vor dem Hintergrund des Totalumbruchs ist eine Prognose, wie sich der 1.FC Kaiserslautern in der Bundesliga behaupten wird, extrem schwer abzugeben. Nominell ist der Kader stark genug besetzt, um die Klasse zu halten. Höhere Ziele anzuvisieren, wagt in der Pfalz derzeit niemand. Entscheidend wird sein, wie schnell Marco Kurz aus den – teilweise ja nur für ein Jahr an den Club gebundenen – Spielern ein Team zu formen vermag. Dem Verein kritisch zugeneigte Beobachter sagen: Kurz hat das Zeug dazu. Ihnen folgend sollte Kaiserslautern ein Platz zwischen 13 und 15 zuzutrauen sein.

FSV Mainz 05

Den zweiten Bundesligisten aus Rheinland-Pfalz darf man ohne Floskelalarm und Gänsefüßchen als Überraschungsteam der vergangenen Saison bezeichnen. Auch Mitglieder der SEITENWAHL-Redaktion erwarteten von den Mainzern vor zwölf Monaten nichts anderes, als den sing- und lachlosen direkten Wiederabstieg. Zu schwach besetzt schien das Team, zu unerfahren der Trainer.
34 Bundesligaspiele später sind wir alle schlauer. Thomas Tuchel gilt als die Trainerenteckung der Saison und sein Team steckte zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise im Abstiegskampf.

Einen großen personellen Aderlass hat Mainz nicht zu beklagen, allerdings sind zumindest zwei eminent wichtige Spieler weg: der Abgang von Tim Hoogland zu Schalke stand schon seit der Winterpause fest, der Transfer von Stürmer Aristide Bancé kurz vor Saisonstart nach Dubai dagegen kam völlig überraschend. Die Planung in Mainz galt zu diesem Zeitpunkt als abgeschlossen.

Abzuwarten ist nun, ob der der FSV nun noch einmal auf dem Transfermarkt tätig wird. Im Angriff gibt es mit Sami Allagui einen ernsthaften Anwärter auf die Bancé-Position. Der tunesische Nationalspieler kam von Greuther Fürth nach Mainz. Ein weiterer Neuzugang für die Offensive ist  Haruna Babadinga, wobei der einmalige nigerianischen Nationalspieler kein Stoßstürmer wie Bancé ist. Der Ungar Adam Szalai dürfte erste Alternative zu Allagui sein, hat aber seine Torgefahr in der vergangenen Saison kaum nachgewiesen.

Zwei Neuzugänge versprechen die Qualität des Mainzer Spiels weiter zu steigern: Linksverteidiger Christian Fuchs gehörte zu den Leistungsträgern bei Absteiger VfL Bochum, das gleiche gilt für Lewis Holtby, einst bei Borussia in der Jugend aktiv, im „Besitz“ von Schalke 04 und eines der hoffnungsvollsten Talente im deutschen Fußball. Fuchs und Holtby sind allerdings nur auf Leihbasis in Mainz. Stammplatzpotenzial hat sicher auch Marco Caligiuri, den Tuchel für das defensive Mittelfeld geholt hat.

Trotz der personellen Kontinuität trauen viele Beobachter Mainz nicht zu, die Leistung der Vorsaison zu wiederholen. Vielfach sehen selbst- oder fremdernannte Experten die Rheinhessen im Abstiegskampf. Allein warum, bleibt schleierhaft. Das Fragezeichen im Sturm einmal beiseite gelassen, ist das Team sogar etwas stärker besetzt. Ein Einlaufen auf Platz 9-11 sollte möglich sein.

Eintracht Frankfurt


Fragt man bei Borussias Veranwortlichen in Sachen mittel- und langfristige Planung nach einem Vorbild in Deutschland, so wird neben Werder Bremen stets die Frankfurter Eintracht genannt.
Frankfurt hat vielen Widerständen zum Trotz auf eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung gesetzt, und scheint jetzt die Früchte dieser Strategie zu ernten. In der vergangenen Saison kratzten die Hessen zwischenzeitlich an den Europa-League-Plätzen, wenngleich sie durch eine Serie von fünf sieglosen Spielen zum Ende der Spielzeit noch auf den zehnten Tabellenplatz abrutschten.

Die kontinuierliche Entwicklung ging bei der Eintracht nicht einher mit personeller Kontinuität auf allen entscheidenden Posten. Vor der vergangenen Saison wechselte der Verein den Trainer. Friedhelm Funkel, der es vorher viermal geschafft hatte, die Frankfurter vor dem Abstieg zu bewahren, musste gehen. Der wenig glamouröse Funkel hatte bei den Fans ein schlechtes Standing, offenbar traute man ihm nicht mehr zu, als das Team – wenn auch erfolgreich – durch den Abstiegskampf zu coachen. Der neue Mann, Michael Skibbe, etablierte sich trotz einiger Scharmützel mit der Vereinsführung, die ihn in Transferfragen bremste und absolvierte eine insgesamt gesehen sehr erfolgreiche Spielzeit mit der Eintracht.

Im Sinne der kontinuierlichen Entwicklung träumen in Frankfurt nicht wenige davon, in der neuen Saison tatsächlich um die Plätze mitspielen zu können, die zur Teilnahme am internationalen Geschäft berechtigen. Nahrung erhalten solche Träume durch die Tranfers, die die Eintracht in der Sommerpause getätigt hat. Zwar verließen mit Christoph Spycher, Nikos Liberopoulos und Selim Teber drei Stammspieler den Verein. Mit Georgious Tzavelas und Theofanis Gekas wurden Spycher und Liberopoulos 1:1 ersetzt, aller Voraussicht nach ohne Qualitätsverlust. Im Mittelfeld stehen mit Rückkehrer Markus Steinhöfer und dem vom Lokalrivalen Kickers Offenbach gekommenen Sebastian Rode zwei hoffnungsvolle Talente neu zur Verfügung.

So ist der Eintracht zuzutrauen, die Leistung der Vorsaison zu wiederholen. Wertet man die Flaute zum Ende der Spielzeit als Ausrutscher ist eine Platzierung zwischen Platz acht und zehn realistisch.

TSG  Hoffenheim. Since 1899, believe us, please.

In Sinsheim geht der Versuch weiter, die Welt davon zu überzeugen, dass hier ein ganz normaler Bundesligaverein seiner Wege geht. Klein, ländlich, beschaulich (zwischen Neckarbischofsheim und Angelbachtal gelegen kann man doch nur ländlich und beschaulich sein), sympathisch und mit offensivem Fußball, so will der Verein in Hoffenheim gesehen werden. Bzw. so verfügt der allgewaltige Mäzen, dass der Verein zu sehen sei. Bei den eigenen Fans funktioniert das Experiment mit der normativen Kraft des Taktischen jedenfalls blendend.

Gerne erinnern wir uns an die Szene der letzten Saison, als die Kundschaft der TSG „wenn wir wollen, kaufen wir euch auf“ Hoffenheim den Angestellten der SpielbetriebsGmbH mitteilte, man ordne sie in die Kategore Scheiss Millionäre ein. Von den Medien als übliche Fanunruhen aufgegriffen (und „üblich“ ist ein großer Fortschritt auf dem Weg der Hoffenheimer zum üblich sein), sorgte der Vorgang bei den Fans aller anderer Bundesligisten ohne Wolfsburg und wenig Leverkusen für herzhaftes Gelächter. Der im 11Freunde-Almanach befragte Fan von Hoffenheim glaubt seinerseits „dass die Fans von 1899 Hoffenheim mehr Selbstbewusstsein errungen haben, weil sie sich nicht alles mehr von der Vereinsführung und den „Stars“ haben bieten lassen“. Juhu. Jetzt noch das Spiel gegen Freiburg zum Traditionsderby erklären und alles wird gut.

Sportlich verlief die Saison für die Nordbadener bekanntlich unergiebig, finanziell dazu in einem Rahmen, der drei viertel der Bundesligisten in die Insolvenz treiben würde. Die engagierten Talentförderer aus Sinsheim können sich in den Sand gesetzte 9 Mio (allein für Maicosuel und Zuculini) problemlos leisten und probieren es mit dem größtenteils gleichen Team noch einmal. Für Ralf Rangnick, der seit seiner Zeit als A-Jugend Trainer in Stuttgart nicht mehr so lange bei einem Club war, wird die Luft langsam dünner – er hat den Machtkampf mit Sportdirektor Schindelmeiser für sich entschieden, sich dazu öffentlich gegen Hopp durchgesetzt; das kann er jetzt nur mit Resultaten rechtfertigen. Fehlen die, fehlt bald er.

Vom versammelten Talent her hätte seine Mannschaft sicher die Voraussetzungen dazu, dass er den Club in ordentliche, sprich Europaleague-taugliche, Tabellenregionen führt. Dazu gehört aber eine genaue Analyse der Umstände, warum es z.B. letzte Saison dazu nicht gereicht hat. Die Ursache dafür könnte auch Rangnick selber sein, denn obwohl er im rein „technischen“ Bereich, also Taktik, Aufstellung, physische Vorbereitung ohne weiteres einer der besten Trainer in Deutschland ist, ist nur wenigen Trainern die menschliche Autorität für eine lange Zusammenarbeit mit einer Mannschaft gegeben. Noch hat Rangnick nicht bewiesen, dass er es mit, sagen wir, Hitzfeld oder Schaaf auf diesem Gebiet aufnehmen kann.

Der Saisonbeginn wird schon schwer genug, angesichts der verletzten Spieler, die Hoffenheim erst einmal fehlen werden. Es ist gut möglich, dass Rangnick im Oktober der Wind ins Gesicht bläst. Wenn dann irgendwann der erste Trainerwechsel der TSG Hoffenheim in der Bundesliga erfolgen sollte, kann man das auch als einen Schritt in Richtung normaler Bundesligist sehen. Die Zutaten "junge, talentierte, instabile Mannschaft plus Trainer unter Druck" rechtfertigen daher die Phrase "von Platz 4 bis Platz 14 ist alles möglich". Ein bisschen präziser landet die TSG Sinsheim-Hoffenheim auf den Plätzen 9-11.