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Der diesjährige SEITENWAHL-Bundesligacheck ist in Gruppen unterteilt, wie in den vergangenen Tagen nachzulesen war. Dennoch gibt es ein paar Vereine, die eine gesonderte Betrachtung verdienen: Dazu gehört natürlich auch und vor allem der 1.FC Köln. Spätestens seit dem legendären Pokalfinale 1973 in Düsseldorf zieht das Duell mit den Domstädtern die Gladbacher Fans in ihren Bann, für viele aus beiden Lagern ist es schlicht „Die Mutter aller Derbys". Grund genug für uns, den rheinischen Rivalen in einer Einzelbetrachtung unter die Lupe zu nehmen.

Zwei Statistiken sind mit dem Blick auf den 1.FC Köln erwähnenswert: Mit dem erreichten 12. Platz der vergangenen Saison schlossen die Kölner zum ersten Mal seit zwölf Jahren eine Bundesligasaison besser ab als Borussia. Und durch den Klassenerhalt des FC und Borussias können sich die Fans beider Vereine auf zwei weitere Derbys in der höchsten deutschen Spielklasse in Folge freuen. Auch dies fand zum letzten Mal in den Saisons 1996/97 und 1997/98 statt. Dazwischen begegneten sich die rheinischen Rivalen immer mal wieder, je nachdem, wer gerade auf- oder abgestiegen war.

Und diesen Sommer hätte alles so schön werden können: Wolfgang Overath ist da, Christoph Daum ebenso, und dann gelang es, den „Prinzen" Lukas Podolski mit einem finanziellen Kraftakt zurück nach Hause zu holen. Die Wiedervereinigung aller personifizierten feucht-kölschen Träume stand kurz bevor und in der Domstadt wurde bereits offen spekuliert, dass selbst Willy Millowitsch ob der geballten emotionalen Ekstase sein Grab verlassen würde, um wieder in seinem Theater an der Aachener Straße aufzutreten. Nun, Willy darf weiter in Frieden ruhen, denn Christoph Daum entschied sich kurzerhand, seinen „Verein des Herzens" zu verlassen, um bei einem weiteren „Verein des Herzens" (der zudem auch sein „Verein des Geldes" sein dürfte) anzuheuern. Daum ging zurück in die Türkei, weil er trotz der Verpflichtung Podolskis und mehrfach beteuerter Treueschwüre in den Wochen zuvor („Ich bleibe zu 100%!") die sportliche Perspektive bei Fenerbahce Istanbul höher einstufte. Nun, Beteuerungen von Christoph Daum haben seit jeher ganz eigene Wertigkeiten, aber das hatte sich bis Köln nicht herumgesprochen, sonst hätte man sich auch nicht auf den irrsinnigen Deal eingelassen, dem Trainer ein einseitiges, halbjähriges Kündigungsrecht einzuräumen.

Mit Zvomonir Soldo wurde nun relativ unspektakulär ein Nachfolger auf dem Trainerstuhl verpflichtet, der getrost als das komplette Gegenbild Daums bezeichnet werden kann. Dieser Reflex ist aus der menschlichen Beziehungswelt bekannt: Hatte ich ein furchtbares Erlebnis mit einer Blondine, wird die Nächste garantiert brünett. Wenn Michael Meier von einem „Paradigmenwechsel" im Zuge der Vorstellung Soldos spricht und dazu den vom FC ja ungewollten Abgang Daums hinzuzieht, könnte man der sportlichen Leitung durchaus Planungslosigkeit vorwerfen. Oder interpretieren, wie das Fazit der zweieinhalbjährigen Tätigkeit Daums in Köln bei der sportlichen Führung um Overath und Meier ausgefallen sein dürfte. Die fußballerische Entwicklung der Mannschaft war überschaubar, der Aufstieg gelang ein Jahr zuvor nur mit einem Kraftakt in den letzten Saisonspielen, in der vergangenen Saison profitierte man vom guten Saisonstart und vom allgemein schwachen Niveau des unteren Tableaus.

Unbestritten ist, dass der FC mit den Innenverteidigern Geromel / Mohamad, dem Portugiesen Petit vor der Abwehr und Milivoje Novakovic im Sturm über ein Gerüst verfügt, das gehobenen Bundesligaansprüchen genügt. Nun stoßen Lukas Podolski und Maniche hinzu, zwei große Namen, die die selten realistischen Erwartungen in der Domstadt in die Höhe treiben dürften. Dennoch bleibt es verwunderlich, dass die eigentlichen Schwachstellen im Team bislang nicht behoben wurden. Mit Brecko und Womé ist der 1.FC Köln auf der defensiven Außenbahn solide bestückt, doch dahinter kommt sehr wenig. Die mangelnde Kreativität und Torgefahr aus dem Mittelfeld war schon in der abgelaufenen Saison ein großes Problem, Vucicevic verließ den Club im Sommer, einzig Stürmer Novakovic traf deutlich über den Erwartungen ins gegnerische Tor und war damit die Lebensversicherung des dreimaligen deutschen Meisters. Die offenen Flirts mit KSC-Keeper Miller im Verlauf der Rückrunde dürfen zudem als Misstrauensbeweis gegenüber Stammtorwart und Publikumsliebling Mondragon verstanden werden. Der Kolumbianer zeigt mitunter große Spiele, doch die Zahl der Patzer nahm ebenso merklich zu.

Was ist also vom FC in dieser Saison zu erwarten? Schlagen Maniche und Podolski in dem Maße ein, wie es von Fans und Verantwortlichen erhofft wird, ist ein einstelliger Tabellenplatz durchaus realistisch. Bei einem guten Saisonstart kann dies im fußballverrückten Köln eine Eigendynamik entwickeln, die über die Saison trägt. Zvominir Soldo gilt als gewiefter Taktiker, steht zudem nicht so im Mittelpunkt wie sein Vorgänger. Viel wird davon abhängen, wie der FC das Experiment Podolski verkraftet, sportlich wie finanziell. Die Erwartungen, die in den jungen Stürmer gesetzt werden, kann dieser eigentlich nicht erfüllen. Er ist der Mittelpunkt im Team, der alleinige Star und Liebling der Massen und der Medien. Insofern kann der Transfer von Maniche auch als taktischer Schachzug verstanden werden, die Last des „Stars" der Mannschaft auf mindestens zwei Schultern zu verteilen. Doch reichen ein paar Namen, um das sonst mäßige Niveau des Kaders insgesamt zu heben? Selbst die in der Hinrunde gefeierten Petit und Geromel fielen in der eher schwachen Rückrunde (nur 17 Punkte) deutlich ab. Was, wenn Podolski mal eine über Wochen schwächere Phase durchläuft?

Der FC ist in dieser Saison die sprichwörtliche Wundertüte, insofern ist ein Prognose entsprechend schwierig. Das Potenzial ist vorhanden, um eine weitere ruhige Saison ohne Abstiegssorgen zu erleben. Mit der Achse Geromel-Mohamad-Petit-Maniche-Podolski-Novakovic sollte die Mannschaft im Laufe der Saison genügend Punkte sammeln können. Die Zusammensetzung des Kaders birgt aber auch Sprengstoff. Maniche hat einige berühmte Vereine in seiner Vita, doch die meisten Engagements endeten auch schnell wieder, wobei disziplinarische Gründe einige vorzeitige Vereinswechsel beschleunigt haben, zudem ist er seit April vereinslos. Podolski ist nicht nur der Liebling des Volkes, sondern mit weitem Abstand auch der bestbezahlte Spieler im Kader; hier besteht Neidgefahr, sollte die entsprechende Leistung ausbleiben. Nicht zuletzt bleibt abzuwarten, wie sich Soldo verhält, wenn die Stimmung am Geißbockheim umschlägt. Denn diese Ausschläge sind in Köln bekanntlich größer und heftiger als anderswo.

Am Ende wird der FC einen Platz im Mittelfeld der Tabelle erreichen. Interessanter als das sportliche Abschneiden wird sicherlich die Beobachtung der berüchtigten Kölner Medien, die sich spätestens mit der Verpflichtung Maniches die Hände gerieben haben dürften.

 

SEITENWAHL-Prognose

Mike Lukanz: Platz 9-13
Michael Heinen: Platz 10-12
Christian Spoo: Platz 9-11

Christoph Clausen: Platz 9-12

 

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SEITENWAHL Bundesliga-Check 2009/2010: Die Aufsteiger
SEITENWAHL Bundesliga-Check 2009/2010: Die Abstiegskämpfer