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Das Spiel lief schlecht. Zu pomadig, zu ratlos präsentierte sich die Borussia. Auf den Rängen war bereits ein unzufriedenes Raunen zu vernehmen. Erste, vereinzelte Pfiffe halten durch das Stadion. Dann eine Grätsche im Mittelfeld. Übermotiviert. Unnötig. Ein Pfiff. Eine gelbe Karte. Und ein mit hochrotem Kopf wütend gestikulierender Tiger im Borussen-Shirt. Ein wirklich unnötiges Foul? Nein. Hier stand jemand, der gewinnen wollte. Der wachrütteln wollte.

Jemand der ein Zeichen gesetzt hatte. Und jeder im Stadion hatte es gesehen. Ein Ruck ging durch die Mannschaft, die sich fortan bissiger präsentierte und sich dem Misserfolg entgegenstemmte. Der Funke sprang über. Erst auf die Mannschaft, dann auf das Publikum. In der Folge sah man ein anderes Spiel. Man darf über die Person Stefan Effenberg geteilter Meinung sein. Auch er garantierte keinen Erfolg, spielte oft pomadig. Aber er war ein Typ, der Siegeswillen verkörperte. Der Zeichen setzen konnte und zuweilen seine Mannschaft mitriss auf dem Weg zum Erfolg. Einen solchen Typ sucht man bei der Borussia derzeit vergebens. Effenberg zu glorifizieren wäre nun doch ein wenig weit hergeholt. Unvergessen ist seine letzte Saison, in der die Borussia auch mit ihm fast abgestiegen war. Unvergessen ist aber auch die Aufholjagd, mit der dieser Abstieg noch abgewendet wurde und die ihren krönenden Abschluss in einem 2:0 Auswärtssieg in Wolfsburg fand. Ausgerechnet in Wolfsburg, wo die Borussia letzten Samstag ihre Europapokalträume wohl begraben durfte. Dabei hatte das Spiel gut begonnen. Bereits in den ersten fünf Minuten erspielten sich die Rheinländer nicht weniger als drei Großchancen. Wolfsburg wirkte in Folge des zielstrebigen Gladbacher Angriffsspiel verunsichert, planlos, ratlos. Die Defensive glich einem Torso, die nächste Chance schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Die Konsequenz wäre nun gewesen, den Druck aufrecht zu erhalten und die Bissigkeit aus dem Augsburg-Spiel auch in Wolfsburg zu verkörpern. Doch unerklärlicherweise geschah genau dies nicht. Stattdessen verfiel die Mannschaft in das Phlegma der vorangegangenen Auswärtspartien. Wolfsburg bekam den Raum und die Zeit, sich zu stabilisieren und das Schicksal nahm seinen Lauf. Stuttgart 2.0 statt Fortsetzung der Augsburg-Leistung.

Ein bisschen wirkte das Spiel wie eine Persiflage auf den Wolf und die drei kleinen Schweinchen. Die Schweinchen sangen munter „Wer hat Angst vor dem bösen Wolf?“, dann pusteten sie kräftig gegen die Hütte des Wolfes um dann gemeinsam die eigenen Behausungen zum Einsturz zu bringen. Zuerst traf Roel Brouwers ins eigene Tor, dann lies Andre ter Stegen einen haltbaren Ball passieren. Schließlich bereitete die gesamte Mannschaft im Verbund das dritte Gegentor vor. Dem Wolf blieb am Schluss nichts anderes übrig, als die Schweinchen zu verspeisen. Es wäre allerdings unfair, den beiden genannten Spielern die Schuld hierfür zu geben. Brouwers spielte eine solide Partie und ter Stegen unterlief beim zweiten Gegentor der einzige Fehler. Es war vielmehr die gesamte Mannschaft, welche wiederholt durch eine unerklärliche Passivität und durch eine hohe Ungenauigkeit in den Abspielen den Gegner aufbaute und zur Entfaltung kommen ließ. Erschreckend war, dass die Körpersprache keinerlei Aufbäumen zeigte. Ratlosigkeit schien sich spätestens beim zweiten Gegentreffer breit zu machen, die in solchen Situationen nötige Bissigkeit kam zeitweise völlig abhanden. Fast wirkte es, als suche die Mannschaft den Typ, der das unnötige Foul im Mittelfeld provoziert und die Mannschaft wachrüttelt. Doch dieser Typ stand nicht auf dem Platz.

Stattdessen fiel es Lucien Favre nach dem Spiel offensichtlich schwer, die für ihn gewöhnliche Contenance zu waren. Sichtlich enttäuscht war der Schweizer vom Auftritt seiner Mannschaft. Er habe viel positive Dinge gesehen, aber auch konkrete Sachen für die Zukunft festgestellt. Ob diese konkreten Sachen personeller Natur sind, ließ er offen. Fest steht aber, dass in Mönchengladbach momentan nicht das abgerufen wird, was möglich erscheint. Und das liegt nur zum Teil an der Qualität des Kaders. Sicherlich ist beispielsweise ein Juan Arango derzeit nicht in der Lage, auch nur ansatzweise an seiner Form aus der Hinrunde anzuknüpfen. Auch bleibt festzuhalten, dass Tony Jantschke in einem Formtief steckt. Vier der letzten fünf Gegentreffer entstanden über seiner Seite und er war zumindest mittelbar an ihnen beteiligt. Doch spielten Arango und Jantschke auch gegen Augsburg. Das zeitweise Versagen ist also kollektiv und nicht auf einzelne Personen beschränkt. Warum dies so ist, wird Favre somit genau analysieren müssen. Sich nur auf einen Charakterkopf zu verlassen, wäre gefährlich, wie ebenfalls das Beispiel Effenberg zeigt. Aber die Mannschaft benötigt dringend einen Ausweg, um sich zukünftig aus ihrer Ratlosigkeit zu befreien.

Vom Europapokal darf sich die Borussia nun verabschieden. Natürlich ist die Qualifikation rein sportlich noch möglich. Auch die Mitkonkurrenten haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Der gestrige Auftritt gibt aber wenig Anlass auf Hoffnung. Man darf die Spiele in Freiburg, Stuttgart und Wolfsburg verlieren. Es ist auch nicht dramatisch, die Qualifikation zu verpassen. Das Erreichen der internationalen Plätze konnte nach den personellen Abgängen zu Saisonbeginn nicht ernsthaft erwartet werden und dient somit nicht als Gradmesser für den Erfolg der Borussia. Zudem erarbeiteten sich die Fohlen viel Respekt über ihre internationalen Auftritte. Der von vielen prophezeite Absturz fand zu keiner Zeit statt. Nein, auch Platz sieben oder acht macht diese Saison nicht zu einem Misserfolg. Der fade Beigeschmack entsteht viel mehr über die Art und Weise, wie sich die Mannschaft nach Rückschlägen in den letzten Wochen präsentiert.  Dabei wird niemand ernsthaft behaupten, dass das Team den Erfolg nicht wolle. Der Wille hierzu sollte jedoch zumindest sichtbar sein.  Kämpfen und rennen geht immer, hat Christian Ziege einmal gesagt. Es wäre zu begrüßen, dass die Borussia sich dies in den letzten Spielen wieder mehr zu Herzen nimmt. Denn sonst wird vieles, was an dieser Spielzeit gut war unnötig überdeckt.