Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 81
Die SEITENWAHL-Redaktion trauert um Robert Enke. Unser Mitgefühl gilt vor allem seiner Familie, an erster Stelle seiner Frau und seiner Tochter. Wir werden Robert allzeit als Teil unseres Vereins Borussia Mönchengladbach in unseren Gedanken bewahren.

Anstelle eines formalen Nachrufs veröffentlichen wir einen persönlich gehaltenen Text, stellvertretend für die SEITENWAHL-Redaktion. Der dieswöchige SEITENwechsel entfällt.

Eigentlich sollte ich gerade den wöchentlichen SEITENwechsel verfassen: einen launigen, in Teilen heiteren, in jedem Fall unbeschwerten Text, der helfen soll, die Zeit zwischen Abpfiff und nächstem Anpfiff zu überbrücken. Ich sitze auch an meinem Schreibtisch, doch mein Herz ist schwer, und ich bin traurig. Ich möchte nichts Launiges, Heiteres, Unbeschwertes schreiben. Robert Enke ist tot.

Die Überlegungen gehen hin und her, soll man überhaupt etwas schreiben oder nicht? Im Prinzip ist es einfach: Niemand braucht unnütze Zeilen, Stunden nach dem Ereignis wimmelt es bereits überall davon. Viele sind sprachlos, reden aber viel; sind betroffen, leben aber weiter wie bisher; sprechen von einer Tragödie, benutzen dieses Wort aber im Dutzend. Und dennoch: Schreiben ist das, was wir regelmäßig tun. Wäre nichts zu schreiben jetzt nicht ein Mangel an Respekt?

Ich habe seit gestern viel gearbeitet, war von früh an heute morgen in Sitzungen und habe entgegen meiner Gewohnheit zwischendurch nicht mal ins Internet geschaut. Heute vormittag erhielt ich dann einen Anruf: Du weißt es ja eh schon, Robert Enke ist tot. Nein, weiß ich nicht... Ob ich überrascht sei? Nein, sage ich, bin ich nicht, nach dieser Vorgeschichte. Minutenlang halte ich Gelassenheit durch, meine Gedanken sind noch woanders. Dann beginne ich zu verstehen: Robert Enke ist tot. Ich muß mich setzen.

Schreiben ist Therapie, und so schreibe ich meine Gedanken auf, nicht weil sie irgendwie besonders oder weltbewegend sind, sondern weil es sich verbietet, jetzt das vorgeplante Programm abzuspulen, sich nicht die Zeit zu nehmen, traurig zu sein. Ich habe Robert Enke nicht besser gekannt als viele andere, aber halt so, wie man einen Spieler kennt von dem Verein, wo man ein und aus geht. Er war ein Mensch, ein Spieler für meinen Verein, ein in Wort und Tat überzeugender Sportler, ein vom Leben Geprüfter. Jedes dieser Attribute für sich allein ist ein Grund, wenigstens kurz innezuhalten.

Gleichzeitig ärgere ich mich kurz, denn mir kommen Szenen in Erinnerung, damals, 1999, die unschön waren und wo auch Enke manches zu hören bekam, das dem Frust des Abstieges entsprang. Wie unwichtig das nun alles ist (vielleicht aber mehr für uns als für den Adressaten, wie wir inzwischen lernen mußten?). Und so erinnere ich mich lieber an den gemeinsamen Weg, beginnend mit den Diskussionen bereits 1995, ob Enke zu Borussia kommen solle und würde. Wenn ich mich recht erinnere, blieb er dann noch ein Jahr in Jena, um eine Ausbildung zu beenden. Meine Begeisterung, daß wir ein bereits damals weithin geschätztes Talent verpflichten konnten, bleibt frisch im Gedächtnis. Er hat die hohen Erwartungen in allen Bereichen erfüllt, und ich habe deshalb seinen Werdegang auch nach 1999 intensiv verfolgt. Für mich war er immer einer von uns, auch wenn er - wie jeder andere - letztlich für den Verein ein „Passant“ war, um Hans Meyers Diktum aufzugreifen. Und er hat daher Respekt verdient, heute vielleicht mehr denn je. Die üblichen Phrasen über Mitgefühl und Andenken sind hier überflüssig, da selbstverständlich.

Ich erhoffe mir von Klub und Umfeld ein Zeichen - vielleicht mit dem nötigen Abstand am 12.12., wenn wir gegen Hannover spielen -, das der Größe unseres Vereins, vor allem aber der Größe der Lücke, die Robert Enke hinterläßt, angemessen ist.

Joachim Schwerin