wolfsburgEin Trainer über 50, der den Laptop vermutlich nur gelegentlich rausholt um eine veraltete Version von Pacman zu spielen, bei den Fans eher umstritten ist, und auch gar nichts ganz taktisch revolutionäres macht, aber damit aus einer der enttäuschenden Mannschaften der vergangenen beiden Jahre DAS Überrasuchungsteam der Saison geformt hat; klingt irgendwie bekannt? Nein wir reden nicht über Borussia und Dieter Hecking sondern über den VFL Wolfsburg und Bruno Labbadia. Wie der gebürtige Darmstädter die Relegationsexperten wieder auf den Erfolgswagen hievte, gehört zu den interessanteren Geschichten der Saison 2019/19. Dieser VFL Wolfsburg ist nun der erste von sieben verbleibenden Gästen im Borussiapark, die mit Ausnahme des SC Freiburg alle aus den Top 10 der Liga mit internationalen Ambitionen kommen, wohingegen die verbleibenden fünf Auswärtsspiele bei Teams zwischen den Plätzen 11-18 stattfinden.


Man kann diese ungewöhnliche „zu Hause schwer, auswärts leicht“ Spielplansituation unterschiedlich bewerten, aber zweifellos gibt sie der Borussia alle Möglichkeiten, um diese Saison so erfolgreich zu beenden wie nur wenige in den letzten Jahrzehnten. Für das Spiel gegen die Abgasschummlerwird es interessant sein zu sehen, wieviele seiner vier Startelfänderungen vom letzten Sonntag Dieter Hecking wieder rückgängig machen wird. In Frankfurt bekam z.B. Alessane Plea im Sturm eine Ruhepause, eine verständliche Reaktion auf zuletzt eher blasse Leistungen. Gut vorstellbar, dass der Franzose diesmal wieder eine Chance erhält und ins Team zurückkehrt, nicht zuletzt weil er geade im Abschluss Qualitäten hat wie kein anderer Gladbacher Spieler. Vielleicht könnte es ein Erwägung sein, Plea mal wieder zentral spielen zu lassen und dafür Stindl auf eine der Achterpositionen zurückzuziehen, eine Rolle die Hecking noch im Herbst als die natürliche Variante für seinen Kapitän bezeichnete, aber seitdem zumindest in der Startelf nie wählte. Diese Option könnte Patrick Herrmann in der Mannschaft halten, wahrscheinlicher scheint es aber, dass Hecking erneut mit dem Sturmtrio Plea-Stindl-Hazard beginnt. Da man davon ausgehen kann, dass Jonas Hofmann ins Team zurückkehrt bedingt dies wiederum die Frage ob Neuhaus oder Zakaria die zweite Acht bilden werden. Betrachtet man die gesamte Saison, so hat Neuhaus gerade in den Heimspielen dort mehr übereugt, war aber in den letzten Wochen nicht so auffällig wie im Herbst noch. Für Zakaria spricht nicht nur sein Tor in Frankfurt, sondern ingesamt die Tatsache, dass er letzten Sonntag wohl sein bisher bestes Spiel im offensiven Mittelfeld machte, eine Rolle mit der er lange Zeit fremdelte.
Auf der Sechs erhielt Christoph Kramer in Frankfurt den Vorzug vor Tobias Strobl, ein plausibler Wechsel nach dem Strobl beim letzten Auswärtsspiel in Schalke vom Gegner ziemlich aus dem Spiel genommen worden war und auch gegen Hertha nicht überzeugte. Mit seinem überragendem Pass zum 1:1 zeigte Strobl anderseits in Frankfurt wie wertvoll er für das Angriffsspiel der Borussia sein kann, so dass er vermutlich den Weltmeister wieder aus dem Team verdrängen wird.
Etwas überraschend kam der Einsatz Fabian Johnsons für Michael Lang am letzten Spieltag. Der Amerikaner hatte sich in der Vorbereitung verletzt und bislang in der Rückrunde überhaupt keine Rolle gespielt. Dass Hecking ihn jedoch durchaus als Alternative auf der rechten Verteidigerposition sieht hatten schon die letzten beiden Hinrundenspiele gezeigt, bei denen der Johnson Lang auf die Bank verdrängte. Da Johnson seine Sache bei seinem Comeback durchaus ordentlich machte und offensiv Vorteil gegenüber dem schweizer Nationalspieler hat, könnte sich dies am Samstag  wiederholen. Wie üblich kann aber auch das wahre Leben all diese Spekulationen nichtig machen; Alessane Plea musste am Mittwoch im Training wegen eines Magen-Darm Infekts fehlen; Denis Zakaria hatte wohl auch noch Fuβbeschwerden unter der Woche. Auf der positiven Seite kann man die Rückkehr von Raffael in den Trainingsbetrieb vermelden, auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass der Brasilianer schon am Samstag wieder zum Einsatz kommt.


Beim Gegner aus Wolfsburg beschränken sich die Parallelen zu den Fohlen  nicht nur auf den Trainer. Wie bei der Borussia war der Haupteinkauf im Sommer ein Zentralstürmer in Person von Wout Weghorst, der mit 9 Toren bislang auch ähnlich gut einschlug (ansonsten als Spielertyp aber wenig mit Plea gemein hat). Wie bei der Borussia spielt Wolfsburg in dieser Saison meist ein 4-3-3 und ist mit einer weitestgehend unveränderten Mannschaft auf einmal erheblich erfolgreicher. Fehlen wird den Gästen auf jeden Fall Daniel Ginczek, mit 5 Treffern bislang zweitbester Torschütze, der mit einer Bänderverletzung für längere Zeit ausfällt. Ansonsten kann Labbadia aber so ziemlich aus dem Vollen schöpfen.
Auch wenn die Wolfsburger eher durchwachsen in die Rückrunde gestartet sind (2 Siege, 1 Unentschieden, 2 Niederlagen), sollte die Borussia gewarnt sein, es mit einem Gegner zu tun zu haben, der bislang auswärts um einiges besser abgeschnitten hat als daheim. Mit bereits 6 Siegen auf fremden Platz ist Wolfsburg im Moment die drittbester Mannschaft in der Auswärtstabelle. Anders als beim letzten Gast Hertha BSC, ist das Spiel der Autostädter durchaus offensiv ausgerichtet und zeichnet dadurch aus, dass auch in defensiven Situationen stets der spielerische Ansatz bevorzugt wird, eine weitere Parallele zur Borussia. Insofern darf man ein attraktives Bundesligaspiel erwarten, dessen Ausgang die Lage der Borussia vorm letzten Saisondrittel entscheidend beeinflussen kann: Mit einem Sieg würde man einen potentiellen Konkurrenten um Championsleague-Plätze weit von sich halten, während sich bei einer Niederlage zumindest punktetechnisch die erste kleine Minikrise der Saison ergäbe und vor allem mit Blick auf das folgende Spiel gegen Bayern der vor kurzem noch so komfortable Vorsprung auf Platz 5 schnell dahin schmelzen könnte.

Mögliche Aufstellungen:

Borussia: Sommer - F. Johnson, Ginter, Elvedi, Wendt - Strobl - Zakaria, Hofmann - Plea, T. Hazard – Stindl

Wolfsburg: Casteels - William, Knoche, Brooks, Roussillon - Guilavogui - Gerhardt, Arnold - Steffen, Brekalo – Weghorst

 

Seitenwahltipps:

Claus-Dieter Mayer: Bei den letzten 8 Gastspielen im Park konnte Wolfsburg nur einmal gewinnen und verlässt nach dem 2:0 Sieg der Borussia den Niederrhein auch diesmal ohne Punkte.

Michael Heinen: Borussia kehrt zur alten Heimstärke zurück und belegt mit dem 2:1-Sieg über Wolfsburg, dass Berlin nur ein Ausrutscher war.

Uwe Pirl: Heckings Personalrochaden in Frankfurt haben allen die Sinne geschärft. Auch deshalb tritt eine bis in die Haarspitzen motivierte Borussia gegen Wolfsburg an und gewinnt 2:1.

Thomas Häcki: Die Borussen gewinnen vor dem Aufeinandertreffen mit den Bayern auch das dritte Spiel in Folge nicht. Nach dem 1:1 schmilzt der Vorsprung auf Platz 5 bedenklich.

Christian Spoo: Hertha reloaded, Borussia trifft das Tor nicht, Wolfsburg hält stark dagegen und geht in Führung. Immerhin folgt diesmal kein Einbruch, stattdessen gelingt der Ausgleich. Endergebnis 1:1.