dortmund

Am 17. Spieltag trifft der souveräne Tabellenführer aus Dortmund auf einen sehr stabilen Zweiten aus Mönchengladbach. Hätte man zu Saisonbeginn auf diese Konstellation gewettet, wäre die Quote vermutlich recht hoch gewesen. Zu übermächtig erschien Bayern München, deren Dominanz für quasi alle Beobachter für alle Zeiten festgeschrieben schien. Zu groß waren aber auch die Unsicherheiten bei den beiden Kontrahenten, die heute Abend aufeinander treffen.

Da waren beim BVB die andauernden Abgänge Hochbegabter, die andauernde Formschwäche von Götze, die Verletzungsanfälligkeit von Reus, die neue Zusammensetzung des Mittelfelds, die Unerfahrenheit der Abwehr, die Mittelmäßigkeit von Bürki. Da stand aber natürlich auch die Frage im Raum, ob der neue Trainer, der einerseits zwar alle von ihm bisher trainierten Mannschaften aus dem oberen Mittelfeld verschiedener Ligen signifikant besser gemacht hat, andererseits aber auch einen Ruf als von Selbstzweifeln geplagter Sonderling hat, auch zu einem Verein wie Borussia Dortmund mit den dort vorhandenen Ansprüchen passt. 17 Spieltage später sind diese Zweifel auf Dortmunder Seite ziemlich vergessen. Die Mannschaft ist Gruppensieger in der Champions League und Tabellenführer der Bundesliga, spielt guten Fußball und nahezu alle potentiellen Problemfelder haben sich jedenfalls bisher nicht realisiert. Daran kann auch die erste Saisonniederlage am Dienstag gegen Fortuna Düsseldorf nichts ändern. Insofern bleibt Dortmund auch heute Abend Favorit.

Bei der richtigen Borussia waren die Unsicherheiten eher noch größer. Die letzte Saison war eher schlecht gelaufen, der Trainer und die medizinische Abteilung angezählt, die Spielweise eine Wundertüte, das Umfeld unzufrieden, Neuzugänge außerhalb der Kategorie nur Lang aus der Schweizer Liga und der eher unbekannte Alassane Plea, der zudem noch das unbequeme Label „Rekordeinkauf“ aufgeklebt bekam. Und auch hier läuft es unerwartet gut: Zwar gab es zwischendrin mal eine deftige Pokalniederlage gegen Leverkusen. Auf der Habenseite stehen aber 8 ausnahmslos gewonnene Heimspiele, ein deutlicher Sieg in München, meistens schöner Fußball, eine sehr gelungene Integration der Neuzugänge, allen voran Lang, Neuhaus und Plea, und eine in den letzten Jahren unbekannte Stabilität.

So ist es ein legitimes Spitzenspiel, in dem es für den BVB darum geht, den Vorsprung in der Tabelle nicht auf überschaubare 3 Punkte schmelzen zu lassen und für Gladbach darum, sich mit einem Sieg die Fähigkeit zu erhalten, aus eigener Kraft – nämlich mit einem Heimsieg am letzten Spieltag – Deutscher Meister zu werden. Das klingt vermessen? Ist es vermutlich auch und deshalb spielt natürlich auch die Wahrung des Abstands nach unten – 6 Punkte auf Platz 5 und 9 Punkte auf Platz 7 – für den VfL eine große Rolle.

Wie man das angeht? Seit Lucien Favre Borussia Mönchengladbach trainiert hat, gehört es zur DNA des Teams, sich gegen tief stehende, kompakt und aggressiv verteidigende Gegner schwer zu tun. Dass das nicht nur für Borussia Mönchengladbach gilt, sondern auch für andere von Favre trainierte Mannschaften, hat Fortuna Düsseldorf am Dienstag bewiesen. Offensives Mitspielen dagegen – auch das haben Gegner beider Borussias in der Vergangenheit erfahren müssen – kann dagegen gefährlich werden. Aufgrund dessen sollte man als unparteiischer Zuschauer nicht darauf setzen, heute Abend im ZDF ein Offensivspektakel zweier wild stürmender Teams geboten zu bekommen. Viel wahrscheinlicher ist ein Leckerbissen für Taktikfreunde.

 

 

Denkbare Aufstellungen

Richtige Borussia: Sommer - Lang, Beyer, Elvedi, Wendt - Strobl - Zakaria, Neuhaus - Herrmann, Plea, T. Hazard

Falsche Borussia: Bürki - Hakimi, Piszczek, Toprak, Schmelzer - Witsel, Delaney - Sancho, Reus, Guerreiro - Paco Alcacer

 

Der SEITENWAHL-Tipp

Uwe Pirl: Wer aus eigener Kraft Meister werden will, muss in Dortmund gewinnen. Realistisch ist das aber nicht. Borussia Mönchengladbach freut sich dennoch über ein 2:2.

Michael Heinen: Nach einer Niederlage ist beim zuvor "sicheren Meister" in einigen Medien bereits eine Art "Krise" ausgerufen worden. Diese setzt sich am letzten Spieltag der Hinrunde leider nicht fort. Der BVB schlägt die echte Borussia relativ ungefährdet mit 2:0. Das kann die Freude über eine äußerst gelungene Hinrunde aber nur sehr kurzzeitig schmälern.

Christian Spoo: Keine Chance in Dortmund. Der BvB ist um Wiedergutmachung für Düsseldorf bemüht, Borussia fährt auf der Felge. Die 1:5-Niederlage ändert aber nichts daran, dass wir uns über eine hervorragende Hinserie freuen sollten.