45 Minuten – das ist die Zeit, die es heute braucht, aus einem graumäusigen Durchschnittsteam den neuen heißen Scheiß zu machen. 45 Minuten, eine Achtundsechzigstelsaison, machen aus einem Fehleinkauf den kommenden Deutschland-Achter, aus einem Übungsleiter auf Bewährung den Trainerfuchs des Jahres. 45 Minuten. Was sagt uns das? Die Medien dürsten nach Heldengeschichten genau wie die Fans von Borussia nach Erlösung von der bleiernen Zeit in der vergangenen Saison. Was sagt uns das für die Zukunft? Seien wir ehrlich: Erst einmal gar nichts. Nicht einmal für das Bundesligaspiel beim FC Augsburg. Das Leverkusenspiel ist hinreichend analysiert, wobei die erste Halbzeit im Rückblick schöner geredet wird, als sie war. Noch zur Pause waren viele Beobachter im Stadion und vor den Fernsehgeräten sich ziemlich einig, dass Borussia genau den gleichen Stiefel spielt, wie vor der Sommerpause. Die folgenden 45 Minuten bliesen den Staub von den Borussenseelen und es gilt nun zu beweisen, dass diese 45 Minuten keine Energieleistung waren, zu der sich eine Mannschaft alle Jubeljahre mal aufraffen kann, sondern dass das, was das Team dort auf den Platz brachte, tatsächlich in etwa dem entspricht, was Borussia in der neuen Spielzeit ausmachen wird. Eine gute Halbzeit gegen Leverkusen war, auch das sollte man nicht vergessen, sogar in der vergangenen Saison im Portfolio der Hecking-Truppe. 

Das Stadion des FC Augsburg war in der Vergangenheit für Borussia nie ein angenehmes Pflaster. Der einzige Sieg in der Fuggerstadt datiert aus Zweitligazeiten. In der Bundesliga gab es vier Unentschieden und drei Siege für Augsburg. In der vergangenen Saison war Borussia einem Dreier sehr nahe, führte lange Zeit mit 2:1 bevor Sergio Cordova kurz vor Schluss den seinerzeit verdienten Ausgleich erzielte. Es war der zweite Spieltag – genau wie jetzt. 

Der FC Augsburg wird in diesem Jahr kaum mehr zu den Abstiegskandidaten gezählt, was eine neue Entwicklung ist. Man hat sich offenbar daran gewöhnt, dass das Team aus bayrisch Schwaben (oder schwäbisch Bayern) auch ohne die ganz großen Namen in der Bundesliga bestehen kann. Auch in diesem Jahr stehen dem Abgang von Stammtorwart Hitz, der die Dortmunder Bank dem Augsburger Tor vorgezogen hat, Zugänge von Spielern gegenüber, die anderswo in der Liga nicht mehr gefragt sind: Julian Schieber, André Hahn, dazu Talente wie der Finne Fredrik Jensen oder Mariobruder Felix Götze, der vermutlich an seinem Namen und den damit verbundenen Erwartungen schwer zu tragen haben wird. Leistungsträger wie Gregoritsch, Max und Finnnbogason konnte der FCA halten, so dass die Mannschaft vermutlich nicht schlechter einzuschätzen ist, als in der vergangenen Spielzeit. Zum Saisonauftakt in Düsseldorf machte sich die Rückholaktion André Hahn direkt bezahlt. Der Mann, der in Augsburg zum Nationalspieler wurde danach in Gladbach anderthalb sehr ordentliche Jahre hatte, bevor er zunächst teamintern, und dann innerhalb der Bundesliga abstieg, köpfte den FCA zu Auswärtssieg. Augsburg bewies in diesem Spiel Moral, wie hoch ein Sieg bei er Fortuna einzuschätzen ist, kann zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison freilich noch niemand wissen. Gegen Gladbach fehlen mit Finnbogason und Schieber die etatmäßigen Zentralstürmer verletzt, der junge Marco Richter wird vermutlich wie schon in Düsseldorf auf dieser Position spielen. 

Bei Borussia gibt es keinen offensichtlichen Grund, das gegen Leverkusen erfolgreiche Team zu verändern. Genau wie der Sieg über Gebühr medial gefeiert wurde, machten sich die Beobachter schon jetzt Gedanken über die potenziell unzufriedenen Spieler auf der Bank oder gar auf der Tribüne. Der renommmierteste Bankdrücker vom vergangenen Wochenende, Christoph Kramer, steht in Augsburg womöglich aber gar nicht zur Verfügung, er schlägt sich mit einem Infekt herum und wird, wenn keine Blitzgenesung eintritt, nicht zum Kader gehören. Dafür könnte Laszlo Benes nach langer Pause wieder hineinrücken. Auch Nico Elvedi ist dem Vernehmen nach soweit fit, dass er die Reise nach Augsburg mitmachen könnte. 

Mögliche Aufstellungen

Augsburg: Giefer – Schmidt, Gouweleeuw, Hinteregger, Max – Khedira, Baier – Hahn, Gregoritsch, Caiuby – Richter

Borussia: Sommer – Beyer, Ginter, Jantschke, Wendt – Strobl – Neuhaus, Hofmann – Hazard, Raffael, Johnson

SEITENWAHL-Prognose

Uwe Pirl: Augsburg wird der erwartet eklige Gegner, Weil aber diese Saison sowieo alles anders wird und weil man in Gladbach die Löwsche These, dass Ballbesitzfußball Arroganz ausdrücke, beherzigt, überlässt man den Augsburgern den Ball und nimmt lieber die Punkte mit. 2:1 für Borussia.

Claus-Dieter Mayer: Warum das auf einmal einfach so geht, versteht keiner, aber die Borussia gewinnt in Augsburg souverän mit 3:0. Der zweifache Torschütze Jonas Hofmann wird daraufhin von Jogi Löw noch in die Nationalmannschaft nachgeladen und zur Symbolfigur für Umbruch aller Orten erklärt. 

Michael Heinen: Die Euphorie nach dem gelungenen Saisonstart wird wieder etwas gebremst. In Augsburg reicht es für die Fohlenelf immerhin aber zu einem 1:1 Unentschieden durch Tore von Hahn und Hinteregger.

Christian Spoo: 45 Minuten sind nur 45 Minuten. Borussia bringt zu wenig von dem auf den Platz, was am vergangenen Samstag spielentscheidend war. Augsburg ist zudem zurückhaltender als Leverkusen, macht weniger Druck und lässt sich im Mittelfeld nicht annähernd so den Schneid abkaufen. Es bleibt dabei: der FCA ist ein Gegner, der Borussia nicht liegt. Was die 1:2-Niederlage deutlich belegt.