Die Süddeutsche Zeitung fragte sich in der vergangenen Woche, wieso der Fußball in der Bundesliga so schlecht sei (zu lesen hier: http://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-schlechter-fussball-hat-in-der-bundesliga-system-1.3453758). In der Bundesliga werde größtenteils irrlichternder Chaosfußball geboten, was auf die Mode des Pressings, Gegenpressings und Gegen-den-Ball-Arbeitens zurückzuführen sei und einen geordneten Spielaufbau unmöglich mache.

Unter Bezugnahme auf ein schon älteres Interview mit Frank Wormuth wurde zudem konstatiert, es gäbe in der Bundesliga nur noch vier Mannschaften, die ernsthaft Spielaufbau betrieben und den Plan verfolgen, ihr Spiel von hinten heraus mit Flachpässen strukturiert nach vorn zu tragen: Bayern, Dortmund, Gladbach und Hoffenheim seit Julian Nagelsmann dort das sportliche Sagen habe.

Auf Borussia traf diese These im Jahr 2016 nur noch bedingt zu, hatte man sich doch zeitweise ebenfalls dem Pressingfussball verschrieben. Spiele wie die Hinrundenbegegnung gegen die Werksmannschaft des Salzburger Getränkekombinats waren in erster Linie ein Abnutzungskampf im Mittelfeld und boten wenig strukturierten Fussball. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass die Mannschaft unter Dieter Hecking zu einer strukturierten Spielweise und damit auch zu ansehnlichem Fußball zurückgefunden hat.

So gesehen sollte man sich um den Unterhaltungswert und das Niveau des vor uns liegenden Spiels keine Sorgen machen, wenn zwei der als positive Ausnahme genannten Mannschaften aufeinandertreffen. Abgesehen von der Aufgabe, ein schönes Fußballspiel zu liefern, müssen beide Mannschaften aber auch Ergebnisse liefern: Hoffenheim kämpft um die Qualifikation für die Champions League und muss den derzeit belegten dritten Platz verteidigen, um nicht ähnlich wie vor Jahren Borussia bereits in der Qualifikation vor unüberwindbare Hürden gestellt zu werden. Borussia braucht die Punkte ebenfalls dringend, um den Anschluss an die internationalen Plätze zu halten bzw. im besten Fall zu verkürzen. Beide Mannschaften werden sich also nichts schenken. Hinzu kommt bei einigen Akteuren das hoffentlich freundschaftliche und für die heutigen Borussen erfolgreiche Wiedersehen mit Ihren Ex-Vereinen: Bei Hoffenheim spielen die Ex-Borussian Rupp und Polanski, bei Borussia die Ex-Hoffenheimer Vestergaard, Strobl und Hofmann. Hinzu kommt auf Hoffenheimer Seite mit Chris Weigl noch der Fitnesstrainer, der Borussia früher und Hoffenheim heute zur nahezu verletzungsfreien Zone gemacht hat.

Borussia wird diese Aufgabe in jedem Fall ohne Johnson, Kramer, Jantschke, Doucouré und Marvin Schulz angehen, hinter Raffael steht ein so großes Fragezeichen, dass sein Einsatz eher unwahrscheinlich ist. Lars Stindl hatte unter der Woche ebenfalls Probleme. Wer auch immer spielt – große Änderungen an der Grundformation sind eher nicht zu erwarten, Borussia wird im unter Dieter Hecking wieder bewährten 4-4-2 antreten.

Hoffenheim muss auf Kaderabek verzichten, kann aber ansonsten aus dem Vollen schöpfen. Nagelsmann lässt dabei mit einer Dreierkette spielen, die sich gegen den Ball zu einer Fünferkette erweitert. Offensiv agieren Rudy, Amiri und Demirbay sehr flexibel, die Stürmer Wagner und Kramaric sind unbequem und sehr torgefährlich.

Erstaunlich ist die Tatsache, dass das Spiel trotz Osterferien und trotz eines saftigen Topzuschlages (welcher neben Borussia nur für Bayern, Dortmund und Schalke anfällt) ausverkauft ist – selten genug ist das in Sinsheim der Fall, weshalb man von dort im Laufe der Saison auch schon deutlich publikumskritische Töne vernehmen durfte. Wie auch immer – diejenigen, die es mit Gladbach halten, werden vermutlich nicht krass in der Minderheit sein.

Angesichts des Saisonverlaufs und der derzeitigen Platzierung muss Hoffenheim trotz der Niederlage gegen den HSV am letzten Wochenende als leichter Favorit für das Spiel gelten. Dennoch lassen die Kraichgauer jedenfalls in ihren öffentlichen Äußerungen eine ganze Menge Respekt vor der Borussia durchblicken. Hoffentlich zurecht! Borussia muss im Vergleich zum Derby gegen Köln eine ähnlich engagierte und vielleicht noch ein bisschen konzentriertere Leistung anbieten. Darauf, dass man zwei Gegentor durch drei eigene Treffer kompensieren kann, sollte man sich jedenfalls nicht verlassen.

 

Denkbare Aufstellungen

Hoffenheim: Baumann - Süle, Vogt, B. Hübner - Toljan, Zuber - Rudy - Amiri, Demirbay - Wagner, Kramaric

Borussia: Sommer - Elvedi, A. Christensen, Vestergaard, Wendt - Dahoud, Strobl - Herrmann, Hofmann - Hazard, Stindl

 

Der Seitenwahl-Tipp

Uwe Pirl: Lassen wir mal die Anspruchshaltung raushängen – ich bin im Stadion und will einen Sieg sehen. Borussia erfüllt mir den Wunsch und gewinnt 3:1.

Thomas Häcki: Gut gekämpft und dennoch verloren. Nach dem 1:2 bei den überlegenen Hoffenheimern wird es die wichtigste Aufgabe sein, die Köpfe oben zu halten. Denn noch ist das große Ziel nicht aus dem Blickfeld.

Claus-Dieter Mayer: Dass Hoffenheim Borussias Angstgegner war liegt lang zurück; seit 6 Ligaspielen ist man gegen den SAP-Verein ohne Niederlage. Diese Serie hält weiter an: Borussia holt mit einem 2:2 nach intensivem Spiel immerhin einen Punkt in Sinsheim.

Michael Heinen: In Sinsheim gibt es einen kleinen Rückschlag auf dem Weg nach Europa. Borussia verliert mit 1:2.

Christian Spoo: Hoffenheim ist in diesem Jahr einfach besser als Borussia und gewinnt folgerichtig mit 2:1.