Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 82

Man sollte ruhig noch mal genau hinschauen auf die Tabelle. Da, wo an zweiter Stelle der Vereinsname leuchtet. Da es der längste Vereinsname der Bundesliga ist, leuchtet er unübersehbar, Borussia Mönchengladbach. Er leuchtet auch deswegen so schön, weil er am kommenden Spieltag zum zweiten Mal in Folge am Spitzenspiel der Woche beteiligt ist. Da es sich um das Duell Zweiter gegen Vierter handelt, ist das wohl die Topbegegnung des Spieltages, selbst wenn es gegen die TSG aus Sinsheim geht.  Denn, wie wir völlig neutral und ohne diebische Schadenfreude konstatieren, Bayern gegen Dortmund ist jedenfalls kein Spitzenspiel.

Borussia Mönchengladbach schwebt. Im 16. Pflichtspiel der Saison unbesiegt, in Reichweite steinalter Vereinsrekorde. Nach dem rasanten Unentschieden gegen Bayern gab es am Mittwoch einen Pokalsieg auswärts gegen einen Bundesligisten, bei dem die spielerische Überlegenheit nicht deutlicher demonstriert werden konnte. Bemerkenswert, wie die Fohlen fünf Änderungen in der Mannschaft spurlos wegsteckten; beeindruckend, wie sie aus der Kontertaktik gegen Bayern ansatzlos zur Überlegenheit im Mittelfeld gegen Frankfurt übergingen. Und nach dem Spiel sollte Christoph Kramer noch zu Protokoll geben, man habe sich nicht mal richtig anstrengen müssen.

Der Weltmeister strotzt vor Selbstvertrauen

Dabei wirkt Kramer selber nie, als ob er sich nicht anstrengen würde. Seit er als Weltmeister aus Brasilien zurückgekehrt ist, scheint sein Selbstbewusstsein keine Grenzen mehr zu kennen. Die Pirouetten mit eingebautem Ballverlust gegen Bayern, der lässige Aussenristschieber zu Korb mit anschließendem Torschuss, wobei er den sich anbietenden Traoré großzügig übersah, Kramer probiert alles aus. Ein Weltmeister darf ja auch was.  Kramer kombiniert dabei diese unbekümmerte Selbstsicherheit mit einer dominanten Aggressivität auf dem Platz, die die Mitspieler mit Siegeswillen ansteckt und den Gegner beeindruckt. Kein Meter ist ihm zu weit, kein Zweikampf zu viel, kein gegnerischer Name ist zu groß, als dass Kramer ihn nicht bedingungslos niederfighten würde. Wenn er bald noch  Tore schießt, kann Schweinsteiger bei Löw weiter einen Gelben einreichen.

Wenn es irgendetwas zu verbessern gibt, dann wäre das die Chancenverwertung. Gegen Frankfurt hätte man sich die Nervosität der Schlussminuten sparen können, wenn es zur Halbzeit bereits verdientermaßen 3:0 geheißen hätte. Auch in der  Bundesliga und in der Europa League sind ein paar Punkte liegen geblieben, denn in Zürich und gegen Mainz hätte es nur einen Sieger geben dürfen. Das Problem: Hinter Max Kruse gibt es diese Saison keinen Toptorschützen bei den Borussen; im letzten Jahr kam von Raffael mehr Torgefahr. Andre Hahn wird seine Abschlussfähigkeiten wieder zeigen, bekommt aber auch rotationshalber seine Pausen. Bleibt Branimir Hrgota, dessen Stärke gerade der Abschluss sein sollte. Aber das muss er auf höchstem Niveau noch zeigen und das ist nicht der FK Sarajevo. Und Kruse läuft zuviel und spielt zuviel mit, als dass er am Ende eines jeden Spielzugs noch vorm Torwart auftauchen könnte.

Der schöne zweite Tabellenplatz der Borussen ist eigentlich ein 2. - 4. Platz, es ist eng hinter den Bayern. Eine Niederlage zu diesem Zeitpunkt könnte den Sturz auf einen hinteren EL-Qualifikationsplatz bringen. Vor allem Wolfsburg und Leverkusen sind Konkurrenten und irgendwann wird in dieser Saison auch das Ruhrgebiet mal in der oberen Tabellenregion vorbeischauen. Die Borussen können ihre guten Leistungen und ihre schöne Spielweise auf Dauer nur belohnen, wenn sie ihre Chancen auch regelmäßig verwerten. Sonst ist das vielleicht irgendwann der Punkt, der ihnen den Hauptpreis in Gestalt eines Champions League Platzes verwehrt.

Wegen ihnen wissen wir immerhin, was ein Kraichgau ist

Zwischen den Verfolgern hat sich auch die Turnsportgemeinschaft aus Nordbaden eingerichtet. Die Sinsheimer dürften zu den wenigen gehören, die auf einen Aufstieg von RB Leipzig hoffen, der sie in der Unbeliebtheitsskala einen Rang nach hinten verschieben würde. Nach Jahren von Stagnation und Turbulenzen, nach Träumen von "regionalen Talenten" und Tatsachen von verschleuderten Millionen, ist Hopps Zeitvertreib derzeit auf dem Weg nach oben. Damit ernten sie dort den Lohn für die durchaus mutige Entscheidung, Markus Gisdol in der Schlußphase der Saison 2013 und im dicksten Abstiegskampf als Cheftrainer zu installieren.


Nach sportlich befriedigenden aber sehr wechselhaften Resultaten in der Vorsaison konnte Gisdol nun die Abwehrseite stabilisieren und prompt stellt sich der Erfolg ein. Die Sinsheimer sind zusammen mit Borussia und den Bayern in dieser Saison noch ungeschlagen. Kleine Ironie am Rande: Gisdol stand bei Schalke bereits in den Startlöchern, um als Assistenztrainer von Huub Stevens nach dessen Vertragsende die Profimannschaft zu übernehmen. Er galt damals bereits als aussichtsreicher Trainer für die Bundesliga. Im regelmäßig wiederkehrenden Schalker Chaos entschloss man sich, Gisdol bei Stevens´ Abgang mit zu beurlauben, um den neuen Trainer Keller nicht zu schwächen und beißt sich jetzt vermutlich in den königsblauen Allerwertesten.

Die mittelmäßige Truppe vom Vorjahr wurde gar nicht mal groß umgebaut, auch wenn Oliver Baumann und Adam Szalai nicht zu den billigsten Transfers gehören, dazu Pirmin Schwegler. Trotzdem zeigt die Mannschaft jetzt eine Stabilität, die sie zusammen mit den individuellen Fähigkeiten einiger Spieler zu einem starken Gegner hat werden lassen. Für den Vortrieb ist dabei Roberto Firmino zuständig, der gerade dabei ist, brasilianischer Nationalspieler zu werden. Was vielleicht nicht ganz die Ehre von früher bedeutet, aber immerhin. Firminos Beweglichkeit und ausgezeichnete Technik lassen ihn in jeder Situation einen gefährlichen Pass herauszaubern, sein Abschluss ist ebenfalls beachtlich. Sollte Christoph Kramer wieder nicht wissen, wohin mit seiner überschüssigen Energie, hier wäre ein Objekt zum austoben.

Mit Szalai, Modeste und Schipplock kann Gisdol sich jedes Mal neu für die einzige Spitze entscheiden, mit der das Team meistens antritt. Da mit Volland noch ein torgefährlicher Spieler über außen kommt, sind die Nordbadener zu einer anständigen Probe für jede Abwehr geworden.

Wenn auch kein Schreckgespenst für die Borussen. Vermutlich kann man seit letztem Sonntag in Mönchengladbach für den Rest der Saison sagen "Da waren schon stärkere Mannschaften im Park". Mit einem Sieg könnten die Borussen einen Verfolger distanzieren und etwas Atem holen, bevor die Auswärtsspiele in Dortmund, Wolfsburg und Leverkusen anstehen. Selbst wenn man sich dafür auch mal etwas anstrengen müsste.

Aufstellungen:

Borussia: Sommer - Korb, Stranzl, Jantschke, Dominguez; Kramer, Nordtveit; Hahn, Herrmann; Raffael Kruse

Sinsheim: Baumann - Rudy, Süle, Strobl, Beck; Polanski, Schwegler; Volland, Firmino, Elyounoussi; Schipplock

SEITENWAHL-Meinung:


Christoph Clausen: Dauernd zu gewinnen, macht schon Spaß. Dauernd Siege tippen auch. Borussia gewinnt mit 3:1.

Michael Heinen: Es wird schwer, aber machbar. Offensiv sind beide Mannschaften stark. Hoffenheim ist defensiv zwar verbessert, aber noch lange nicht so gut wie Borussia derzeit. Von daher reicht es am Ende zu einem mühsamen 1:0-Heimsieg.

Christian Spoo: Ich denke von Spiel zu Spiel und erwarte in nahezu jedem die erste Niederlage. Weil das, was da im Moment passiert, fast unwirklich erscheint. Hoffenheim war immer ein sehr unangenehmer Gegner und ist gut drauf. Diesmal sind wir fällig. 1:2. Das entscheidende Tor macht natürlich Firmino.

Christian Heimanns: Der Tag mag kommen, Menschen des Westens, an dem die Schilde zerbrechen und Borussia verliert. Aber dieser Tag ist noch fern. Haltet stand und siegt mit 2:0.