Mit dem Punktgewinn gegen Manchester City und dem sicheren Überwintern in Europa konnten Borussia und ihre Fans am Mittwoch endlich mal wieder ein echtes Erfolgserlebnis feiern. Der britische Emiratenklub hat zuletzt regelmäßig weit über 200 Mio. Euro pro Jahr in neue Spieler investiert und sich so eine internationale Topmannschaft zusammengekauft. Umso beeindruckender ist es, wenn ein deutlich finanzschwächerer Klub diesem Team ein verdientes Remis abtrotzen kann. Niemand sollte außer Frage stellen, welch imposante Leistung Borussia und ihre Verantwortlichen in den vergangenen Jahren auf die Beine gestellt haben, um den Verein aus eigener Kraft auf dieses hohe Level zu hieven. An vorderster Front ist hier Max Eberl zu nennen, der vor diesem Hintergrund jedes Recht hat, verärgert zu sein, wenn solche Erfolge wie am vergangenen Mittwoch nicht als solche gewürdigt werden.

Den vom Sportdirektor geäußerten Unmut muss man aber trotzdem differenziert betrachten. Konstruktive Kritik an einzelnen Handlungen von Spielern, Trainer oder auch Manager sind zu jeder Zeit legitim und sogar positiv zu werten. In einem traditionsreichen Verein mit einer solchen Vielzahl an fußballverrückten Fans ist es ebenfalls völlig normal, wenn Debatten – ob im Internet oder im Stadion – höchst emotional geführt werden. Trotzdem sind dabei Grenzen einzuhalten und Borussias Fangemeinde hat im Allgemeinen ein relativ feines Gespür, diese zumeist nicht zu überschreiten.

Im postfaktischen Internet-Zeitalter wird sich aber nie ganz vermeiden lassen, dass einzelne Menschen ihren Frust abladen und das Maß des Erträglichen verlassen. Bei aller berechtigter Kritik an André Schubert, die auch an dieser Stelle zuletzt geäußert wurde: Der Mann hat Borussia in einer höchst prekären Lage übernommen und zu Amtsbeginn einige hervorragende Entscheidungen getroffen, die den sensationellen Positivlauf ausgelöst haben. Es steht völlig außer Frage, dass er sehr großen Anteil an der erneuten Champions League Teilnahme gehabt hat. Alleine schon dafür sollte ihm zumindest so viel Respekt und Dank entgegengebracht werden, um ihn nicht persönlich oder gar ausfallend anzugreifen.

Ebenfalls ist es unschön, dass ein erfolgreicher Feiertag wie am Mittwoch durch Pfiffe und sonstige Unmutsäußerungen einiger Zuschauer überschattet wurde. Jahrelang wurde darauf hingearbeitet, in diesen europäischen Wettbewerb zu kommen. Mit Barca, Celtic und City wurden Fans und Verein sechs absolute Highlight-Spiele beschert, die in die glorreiche Vereinsgeschichte eingehen werden. Dies dann auf solche Weise zu verderben ist tatsächlich dumm. In diesen Punkten ist Eberls Wutausbruch nach der Partie verständlich.

Er sollte aber nicht den Fehler machen, alle Fans über einen Kamm zu scheren und jegliche Kritik am Trainer gleich als Generalangriff auf sich und den Verein missverstehen. Hier klangen seine Aussagen etwas zu verallgemeinernd, was sie ein Stück weit unsouverän wirken ließen. Ebenfalls erscheint es unklug, den Eindruck zu erwecken, sein eigenes Schicksal hänge an dem des Übungsleiters. Ähnlich war er bereits vor einigen Jahren bei Michael Frontzeck vorgegangen, dessen spätere Entlassung sich dann aber doch als goldrichtige Entscheidung herausstellte.

Es sollte Eberl aber zugutehalten werden, dass er bemüht ist, den Verein in dieser schwierigen Lage wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen und kein Chaos im Umfeld ausbrechen zu lassen. Die jeweils ersten Halbzeiten gegen Köln und City dürfen bei wohlwollender Sichtweise als Aufwärtstrend betrachtet werden, die den Weg aus der aktuellen Krise weisen könnten. Was die Mannschaft jetzt braucht, ist das nötige Selbstbewusstsein und ein Erfolgserlebnis. Dabei kann sie die Unterstützung der Fans sehr gut gebrauchen, damit möglichst schon am Samstag gegen Hoffenheim der Knoten platzt und Borussia ihre Erfolge wieder uneingeschränkt genießen kann.