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Ist es nötig, nach diesem Spiel über einen zu reden, der nicht mitspielen durfte? Diskussionen über die Startelf erübrigen sich – zu ungefährdet war der Gladbacher Sieg, zu begeisternd phasenweise das Offensivspiel. Ob Raffael, Kruse, Herrmann oder Arango – keiner von ihnen hatte an diesem Tag einen Platz auf der Bank verdient. Die Borussen zeigten gegen Hannover so attraktiven wie erfolgreichen Fußball und hätte noch deutlich höher gewinnen können. Das Sturmduo Raffael und Kruse war Herzstück des tempo- und ideenreichen Gladbacher Kombinationsspiel auf und an fast allen gefährlichen Aktionen beteiligt. Dass Luuk de Jong aber noch nicht einmal eingewechselt wurde, darf man ohne Übertreibung als Fingerzeig werten.

Es ist müßig, die 12 Millionen zu bemühen, die vor einem Jahr an Enschede gezahlt wurden. Ökonomen kennen den Begriff der entscheidungsrelevanten Kosten: Bei einer Entscheidung sind nur solche Kosten zu berücksichtigen, die sich durch die Entscheidung tatsächlich beeinflussen lassen. Bereits geleistete Ablösezahlungen gehören nicht dazu. Es ist also völlig richtig, wenn sich Lucien Favre bei seinen Entscheidungen über Aufstellung und Einwechslungen nicht von Ablösen der Vergangenheit leiten lässt.

Gleichwohl sendet die Nicht-Berücksichtigung de Jongs ein Signal. Ein Trainer, der einen Spieler nur schweren Herzens nicht in die Startelf stellt, der dessen Nicht-Berücksichtigung als Härtefall ansieht, der bringt ihn spätestens beim Stand von 3:0 gegen einen überforderten Gegner ins Spiel, auch als Zeichen an den Spieler. Dass de Jong am Samstag selbst nach Filip Daems' Elfmetertor nicht eingreifen durfte, sagt etwas über seinen Stellenwert beim Trainer aus.

Es ist davon auszugehen, dass der Niederländer vor gut einem Jahr nicht als bloße Kader-Ergänzung verpflichtet wurde. Wer die teuerste Verpflichtung der Vereinsgeschichte tätigt, hat einen designierten Schlüsselspieler im Auge. Sicher wurde dies in den Verhandlungen auch de Jong gegenüber so kommuniziert. Und die Vermutung liegt nahe, dass diese Aussicht ein wesentliches Argument war, das den umworbenen Niederländer zur Entscheidung für Gladbach bewog. In punkto Gehalt soll er ja, glaubt man den Borussen-Verantwortlichen, erhebliche Abstriche gemacht haben gegenüber dem, was anderswo möglich gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Umgang des Vereins mit de Jong zumindest unschön.

Nein, kein hochbezahlter Profisportler hat ein Anrecht auf Einsatzzeiten. Und natürlich ist de Jong in der letzten Saison deutlich hinter den hochgesteckten, durch langen Poker und Rekordablöse befeuerten Erwartungen geblieben. Aber immerhin: Trotz ausbleibender Zuspiele, trotz Verletzungen war de Jong gemeinsam mit Patrick Herrmann Borussias treffsicherster Angreifer – bei nur 23 Einsätzen.

In der Rückrunde schien er auch langsam in Gladbach angekommen zu sein. Endlich verletzungsfrei, stand er zehnmal in der Startelf und kam dabei auf sechs Scorerpunkte. Dann kam Stuttgart, eine schwache Partie de Jongs wie des gesamten Teams. Es sollte sein vorerst letzter Einsatz in der Startelf bleiben. Bis zum Ende der Saison wurde ihm der offiziell bereits aussortierte Mike Hanke vorgezogen. De Jong wurde höchstes noch kurz vor Schluss eingewechselt.

Konnte man damals noch anführen, dass es Borussias Kader an geeigneten Vorbereitern mangele, so hat dieses Argument nach der Verpflichtung von Kruse und Raffael an Kraft verloren. Es wäre spannend zu sehen, wie sich de Jong nun, körperlich fit und nach einem Jahr der Eingewöhnung, schlagen würde, wenn er sich im Zusammenspiel mit diesen beiden ein paar Spiele am Stück beweisen dürfte. Dass er gegen Hannover selbst dann nicht eingewechselt wurde, als das Spiel endgültig entschieden war, zeigt: Aktuell rangiert de Jong nur unter „ferner liefen“.

Einen Transfer noch in den nächsten Wochen schloss Max Eberl heute vehement aus. Ändert sich an de Jongs Lage aber in der Hinrunde nichts, sollte man spätestens im Winter eine ehrliche Grundsatzentscheidung treffen: Entweder man gibt dem Spieler eine ernsthafte Chance, sich in der neu formierten Offensive zu beweisen. Oder die Chance, das anderswo zu tun. Es wäre wirtschaftlich vernünftiger. Und dem Spieler gegenüber anständiger.