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Mit dem Stoßseufzer „endlich“ konstatiert Borussias offizielle Homepage das Ende der Hinrunde. Der Verein beendet eine seiner unerfreulichsten Halbserien seiner Geschichte und hat Nachjustierungen des Kaders eingeleitet. An der Position des Trainers soll aber weiterhin nicht gerüttelt werden. Je nach Standpunkt wird man die sportlichen Verantwortlichen für ihre Standfestigkeit bewundern oder für ihre Sturheit verwünschen. Aber auch wer sich eine andere Entscheidung gewünscht hätte, tut seinerseits gut daran, sich selbst in der Winterpause mental neu aufzustellen.

Sicher: Es gab gute Gründe, im Spiel der Borussia Mängel auszumachen, die sich durch Verletzungen und Sperren alleine nicht erklären ließen. Manche hätten es daher vorgezogen, auf die neuen taktischen und psychologischen Impulse zu setzen, die von einem Trainerwechsel ausgehen können. Auch innerhalb der Seitenwahl-Redaktion wird das mehrheitlich so gesehen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität und keineswegs von allen. Die Gründe sind auf dieser Seite wiederholt dargelegt worden; auch die Gegenposition kam zu Wort.

Immerhin in einer Hinsicht aber besteht redaktionsintern Konsens: Das Ende der Hinrunde wäre der letztmöglich sinnvolle Zeitpunkt für einen Trainerwechsel gewesen. Daher sollten Grundsatzdiskussion zu diesem Thema nun beendet werden. Kritische Anfragen an einzelne Entscheidungen oder Entwicklungen muss das ja nicht ausschließen.

Man kann in der Gesamtabwägung des Für und Wider zu einem anderen Schluss kommen als die Vereinsführung. Aber natürlich gibt es auch gute Argumente, die für das Festhalten an Michael Frontzeck sprechen. Zwar haben die Verantwortlichen das Argument der verletzten Spieler überstrapaziert. Aber man wird kaum ernsthaft bestreiten können, dass der langfristige Ausfall der beiden Stamminnenverteidiger die Defensive ganz erheblich geschwächt hat. Auf die unzureichende Balance im defensiven Mittelfeld hat der Trainer, wenn auch spät, mit einer neuen taktischen Ausrichtung reagiert. Im Offensivspiel schließlich hat die Mannschaft seit Frontzecks Amtsübernahme eine gute Entwicklung genommen. Ginge es nur nach erzielten Toren, die Borussia stünde in der oberen Tabellenhälfte. Statt abgefälschter Verzweiflungsschüsse waren die allermeisten Treffer das Produkt eines variablen und zumindest phasenweise sehr ansehnlichen Kombinationsspiels, das man so vorher bei der Borussia seit Jahren nicht gesehen hatte.
 
Kein Zweifel: Die bevorstehende Aufgabe ist riesig. Punkten Mannschaften wie St. Pauli und Kaiserslautern weiter wie bisher und fangen Bremen, Wolfsburg und Stuttgart an, ihr wahres Potenzial auszuschöpfen, dann wird für den Klassenerhalt eine europacupverdächtige Halbserie nötig sein. In Rekordzeit werden sich die Neuzugänge integrieren, werden Dante und Brouwers ihre Topform wiederfinden müssen. Im Mittelfeld werden Trainer und Spieler eine Ordnung finden müssen, bei der Risikopässe und Vorstöße in die Spitze besser abgesichert sind als bisher. Das engagierte Offensivpressing, das die Borussen eine halbe Stunde lang gegen die Bayern und zwanzig Minuten lang in Freiburg zeigten, wird ein viel festerer Bestandteils des taktischen Repertoires werden müssen. Das Verhalten bei Standardsituationen muss sich entscheidend verbessern, die Laufarbeit effektiver werden. Vor allem aber muss ein psychologischer Neustart gelingen, damit die Mannschaft das ablegt, was die Aachener Zeitung unlängst als „Verlierermentalität“ treffend kennzeichnete. Man wird es sich in Zukunft nicht leisten können, sich zu sechzig ordentlichen Minuten zu gratulieren, wenn denen am Ende ein Einbruch folgte.

Machen wir uns nicht vor: Die Chance auf den Klassenerhalt ist nicht groß, und sie wäre es auch unter keinem anderen Trainer. Aber sie ist da. Und sollte das Modell einer in dieser Form fast beispiellosen Treue zum Trainer am Ende doch Erfolg haben, die Borussia könnte auf Jahre hinaus als Vorbild für andere dienen. Damit könnten dann wohl auch diejenigen Anhänger bestens leben, die den Glauben daran zwischenzeitlich verloren hatten. Allen, die ihr Leben emotional mit diesem Club verwoben haben, sei deshalb geraten, eigene Vorbehalte zurückzustellen und den Verein auf dem gewählten Weg zu unterstützen. Er kann es gebrauchen.