Teil 2 unseres Bundesligachecks befasst sich mit den Teams, die in der abgelaufenen Saison mit Borussia Mönchengladbach auf Augenhöhe agiert haben – also leider im Mittelfeld der Tabelle:

VfB Stuttgart

Wo kommen sie her?

Als der VfB Stuttgart Ende Januar seinen Trainer Hannes Wolf entließ und den bisher nicht als Erfolgstrainer aufgefallenen Tayfun Korkut als Nachfolger präsentierte, zweifelten viele Beobachter – auch der Verfasser dieser Zeilen – lautstark an der Geistesverfassung der Verantwortlichen. Man habe sich mit dieser Panikreaktion wohl für den Abstieg entschieden, war eine der meistgelesenen Reaktionen. Deshalb ist Abbitte angesagt – die Kritiker hatten vollkommen Unrecht: Die Mannschaft startete eine kaum für möglich gehaltene Serie und landete am Ende der Bundesligasaison auf Platz 7. Nur der unerwartete Pokalsieg der Frankfurter verhinderte einen Einzug des Neulings in die Qualifikation zur Euro League.

Was passiert gerade?

Der VfB rüstet auf. Mit Didavi (Wolfsburg), Castro (Dortmund) und Kempf (Freiburg) kommen drei etablierte Bundesligaspieler, Didavi als Heimkehrer, Castro wohl, um nochmal durchzustarten, und Kempf, um „den nächsten Schritt zu gehen“. Dazu kommen eine Reihe von schwer einzuschätzenden Perspektivspielern aus diversen ausländischen Ligen. Auch nicht selbstverständlich ist, dass es dem VfB gelang, den gerade mit Frankreich Weltmeister gewordenen und zu den Shooting-Stars der WM zählenden Pavard noch für ein Jahr zu halten. Stammspieler hat der Verein dagegen nahezu keine verloren. Hier ist lediglich der Wechsel von Daniel Ginczek nach Wolfsburg zu vermelden, der aber angesichts der für Gomez bezahlten und der für Ginczek erlösten Ablösesumme eher in die Kategorie „Gutes Geschäft“ fallen dürfte.

Wo gehen sie hin?

Schwächer sind sie jedenfalls nicht geworden. Sollte es den Stuttgartern gelingen, die Rückrunde der letzten Saison zu bestätigen, sind sie – so schmerzlich das für die Schwabenhasser unter uns ist – ein klarer Kandidat für Europa. Unser Tipp: Irgendwas zwischen Platz 5 und 10.

UP

 

Eintracht Frankfurt

Wo kommen sie her?

In einer ansonsten eher öden Bundesliga-Landschaft 2017/2018 war die Frankfurter Eintracht eine vielleicht nicht unbedingt hübsche, aber doch interessante Pflanze. Vor einem Jahr hatte man die Saison 2016/17 als Letzter der Rückrundentabelle abgeschlossen und der neue Kader wirkte ein wenig wie ein wahllos zusammengewürfelte Multikultitruppe, die späte Verpflichtung von Kevin Prince Boateng eher wie ein wilder Verzweiflungskauf. Niko Kovac jedoch schaffte es, aus diese Horde eine taktisch sehr diszipliniert und vor allem enorm leidenschaftliche (und oft auch dem Gegner Leiden verschaffende) Truppe zu formen, die für jeden Kontrahenten äußerst unangenehm zu bespielen war. Noch am 27. Spieltag lagen die Hessen auf einem Champions-League-Platz, erst nach dem Bekanntwerden des Kovac-Wechsel zu den Bayern und vor allem der komplett misslungenen Kommunikation rund um diesen Wechsel, ging dem Team etwas die Luft aus: Mit nur noch 4 Punkten aus den verbleibenden 7 Spielen schien man die Saison schon verschenkt zu haben, bevor es mit dem Pokalsieg über die Bayern das nicht mehr erwartete Happy End gab.

Was passiert gerade?

Es ist das klassische Schicksal einer Überraschungsmannschaft, zur Belohnung von den etablierten Teams anschließend geplündert zu werden, Borussia hat dies 2011/12 ja auch erlebt. Nicht nur der Erfolgstrainer Niko Kovac ist weg, auch Marius Wolf, Prince Boateng oder Torhüter Hradecky haben den Verein verlassen. Eine mittlere und für die Eintrach erfreuliche Überraschung ist hingegen, dass WM-Finalist Ante Rebic zumindest ein weiteres Jahr in Frankfurt bleiben wird. Als Zugänge gibt es einiges aus der Rubrik Talente (Ndicka von Auxerre, Allan von Limmasol) bzw. aus der zweiten Reihe renommierter Clubs (Torro von Real Madrid). Als gestandene Profis konnte man 2 Portugiesen gewinnen: Stürmer Gonzalo Pacienca, der zuletzt vom FC Porto an Vitoria Setubal ausgeliehen worden war und Francisco Geraldes, der offiziell von Sporting Lissabon kommt, aber auch zuletzt verliehen war und auch in Frankfurt vorerst nur auf Leihbasis ist. Aus der Bundesliga (oder eben nicht mehr) kommt Angreifer Nicolai Müller vom HSV, bei dem aber abzuwarten ist, ob er nach langer Verletzungspause wieder Tritt fassen kann. Die vielleicht größte Änderung ist die auf der Trainerbank. Adi Hütter kommt immerhin mit den Meriten eines aktuellen Schweizer Meistertrainers nach Frankfurt, was – wie man in Mönchengladbach weiß – nicht unbedingt eine schlechte Referenz sein muss.

Wo gehen sie hin?

Es bedarf keines Prophetentums um vorherzusagen, dass es kein einfaches Jahr für die Hessen werden wird. Dazu muss man nur einen Blick darauf werten wie es vergleichbaren Überraschungsteams in den letzten Jahren erging. Der Verlust von Schlüsselspielern, die Doppelbelastung durch die Europa-League, gestiegene Ansprüche im Umfeld, all das erinnert ein wenig an den FC Köln vor 12 Monaten, aber mit Haller, Rebic und Jovic haben die Hessen zumindest offensive doch noch einiges zu bieten. So wird es wohl zwar nichts mit einem erneuten Rennen um Europa, aber mit dem Abstieg sollte die Eintracht im Normalfall auch nichts zu tun. Wir tippen auf irgendwas zwischen Platz 9 – 13.

CDM

 

Hertha BSC

Wo kommen sie her?

Deutscher Meister: Hertha BSC. Das klingt seltsam? Ist aber Realität. Während man sich in Mönchengladbach gerne als Ausbildungsverein sieht, in der Jugend aber mit Oberhausen und Münster konkurriert, hat man in Berlin in diesem Jahr die Früchte einer erfolgreichen Nachwuchsarbeit eingefahren. A-Junioren-Meister 2018. Für einen Verein, der jahrelang dafür belächelt wurde, teuer einzukaufen und seine Talente ziehen zu lassen, ist dieser Erfolg beachtlich und steht auch für ein neues Selbstverständnis der einst großkopferten alten Dame.

Was passiert gerade?

Es verwundert daher nicht, dass sich die Hertha in dieser Transferperiode vor allem beim eigenen Nachwuchs bedient hat. Hinzu kommen mit Klünter und Köpke zwei Perspektivspieler, die ein Versprechen in die Zukunft darstellen. Sie gesellen sich zu Talenten wie Maier, Mittelstädt, Torunarigha oder Dardai, die bereits in der letzten Saison auf sich aufmerksam gemacht haben. Längst hat sich herumgesprochen, dass die Hertha mittlerweile eine erstklassige Wahl für junge Spieler ist, die auch von Trainer Pal Dardei geduldig gefördert werden. 20 Jahre nach den legendären Hertha-Bubis hat man in Berlin wieder eine neue Rasselbande, die Lust macht auf mehr.

Wo gehen sie hin?

Natürlich birgt der Jugendwahn auch gewisse Risiken. Zwar ist es gelungen, den Kader weitestgehend zusammen zu halten und sich dabei von Altfällen wie Haraguchi und Schieber zu verabschieden. Auch der Abgang von Weiser wird zu verkraften sein, da dieser im Zeichen seines Wechsels nach Leverkusen nur noch selten motiviert wirkte und seine mangelnde Einstellung allzu offen auf dem Platz zeigte. Aber eine junge Mannschaft benötigt auch erfahrene Spieler, an denen man sich in kritischen Phasen orientieren kann. Und genau hier drückt der Schuh. Ibisevic und Kalou sind deutlich im Herbst ihrer Karriere angelangt. Darida, Selke und Lustenberger bleiben verletzungsanfällig. Ob Plattenhardt bleibt, ist zwei Wochen vor Saisonbeginn noch nicht geklärt. Klar ist, dass man ihm bei einem attraktiven Angebot den nächsten Karriereschritt nicht verbauen wird. Auch dies ist ein klares Zeichen an ambitionierte Spieler. Hertha als Entwicklungsverein und attraktiver Zwischenschritt für die ganz große Bühne.

Gewohnt problematisch bleibt das Umfeld. Pal Dardei hat in der vergangenen Saison trotz eines respektablen zehnten Platz Sympathien eingebüßt. Der ergebnisorientierte Spielstil wird von vielen als zu unattraktiv empfunden. Auch seine offene Art zum Leistungsvermögen einiger Spieler kommt nicht bei jedem gut an. Es deutet sich an, dass sich die bislang sehr erfolgreiche Zusammenarbeit langsam aber stetig abnutzt. Ein Dauerbrenner ist die Diskussion um eine neue Spielstätte. Das Olympiastadion wird als wenig stimmungsfördernd wahrgenommen, weshalb man gerne ein eigenes reines Fußballstadion hätte. Wo dies aber stehen soll ist ebenso fragwürdig, wie der hieraus entstehende wirtschaftliche Nutzen. Es besteht die Gefahr, dass man hier etwas die Fokussierung auf den sportlichen Weg verliert. Fraglich ist ebenso, ob man sich weiter damit begnügen wird, an die europäische Pforte anzuklopfen, um sich dann im Saisonfinale wieder auf einem Mittelfeldplatz wiederzufinden. Die Ansprüche in Berlin sind traditionell höher als die Möglichkeiten. Herthas jugendlicher Weg ist konsequent, wird aber weiter Geduld erfordern, will man die Früchte der Arbeit am Ende auch ernten.

Prognose: Die Hertha wird weiterhin für Überraschungen sorgen und Ansprüche wecken. Von Schwankungen wird sie aber auch in dieser Saison nicht verschont bleiben. Der Traum von Europa ist realistisch. Am Ende ist ein solider Mittelfeldplatz aber vermutlich etwas realistischer.

TH 

 

Werder Bremen

Wo kommen sie her?

Nach einer katastrophalen Hinrunde führte Florian Kohfeldt den SV Werder als fünftbeste Rückrundenmannschaft immerhin auf Platz 11. Dieser Trend soll in der neuen Saison fortgesetzt werden. Mit einigen spektakulären Transfers träumt man an der Weser nach acht Jahren Abstinenz insgeheim sogar von der Rückkehr auf die europäischen Plätze.

Was passiert gerade?

Mit Davy Klaasen haben die Bremer einen niederländischen Nationalspieler verpflichten können, der zukünftig im Mittelfeld die Fäden ziehen soll. Ersetzt werden müssen dort mit Thomas Delaney und Zlatan Junuzovic allerdings gleich zwei ehemalige Leistungsträger. Die größten Hoffnungen ruhen auf dem Sturm, wo Max Kruse zu alter Borussen-Form zurückgefunden hat und für Topqualität bürgt. Neben dem Kölner Osako wurden noch zwei Ex-Werderaner zurückgeholt, die primär die Quantität des Kaders erhöhen. Während der Wechsel von Martin Harnik relativ geräuschlos ablief, war das Medienecho auf die erneute Verpflichtung von Klublegende Claudio Pizarro gewaltig. Sportlich ist aber nicht damit zu rechnen, dass der inzwischen fast 40jährige Peruaner noch eine signifikante Rolle spielen wird, nachdem er zuletzt selbst für den 1.FC Köln nicht mehr gut genug war.

Wo gehen sie hin?

Bremen hat eine interessante Mannschaft, die von einem interessanten Trainer geleitet wird. Allerdings stand der Verein unter dessen Vorgängern Skripnik und Nouri nach ebenfalls starken Rückrundenergebnissen vor einer jeweils vergleichbaren Situation. Das Versprechen, die Leistung auch in die nächste Hinrunde mitzunehmen und eine ganze Saison auf hohem Niveau zu absolvieren, erfüllte sich beide Male nicht. Stattdessen rutschten die Hanseaten bald wieder in den Abstiegskampf ab. Dreimal ist aber bekanntlich Bremer Recht und es ist gut möglich, dass Kohfeldt der bessere Nouri ist. Damit es für Europa reicht, müsste alles passen. Wahrscheinlicher erscheint, dass sich Werder im gesicherten Mittelfeld etabliert.

MH

 

FC Augsburg

Wo kommen sie her?

Von dort, wo man sie erwartet hatte. Mit Platz 12 belegte der FC Augsburg in der vergangenen Saison erneut einen Platz im hinteren Mittelfeld, das nach einer für Augsburger Verhältnisse eher ruhigen Saison, in der man dank der Extremschwäche der letztendlichen Absteiger nie ernsthaft in Gefahr geriet. Augsburg war in der vergangenen Saison einmal mehr einer der Vereine, die ihr Potential – gemessen an den vorhandenen Mitteln – wohl mit am besten ausgeschöpft haben. Herausragende Figuren der letzten Augsburger Saison waren Philipp Max (lt. Statistikern der Verteidiger mit den meisten Torvorlagen in der Bundesliga), Michael Gregoritsch und Alfred Finnbogason, dessen Entwicklung im Nachhinein klar macht, warum der FC Augsburg am Anfang der letzten Saison gern bereit war, Bobadilla nach Gladbach abzugeben.

Was passiert gerade?

Bis auf Torwart Marvin Hitz konnten alle Stammspieler gehalten werden. Dessen Wechsel auf die Dortmunder Ersatzbank ist auf den ersten Blick schwer verständlich – möglicherweise ist jedoch das Gehaltsgefälle innerhalb der Bundesliga deutlich größer, als das manch Außenstehender meint, der Fußballprofis pauschal „als Millionäre in kurzen Hosen“ tituliert. Über einen Wechsel von Philipp Max wurde in den Medien verschiedentlich spekuliert, konkretes ist hier jedoch nicht zu vermelden. Als Zugänge bekannt sind neben Aufsteigern aus der eigenen Jugend und der Rückkehr von Leihspielern vor allem Julian Schieber (Hertha), Felix Götze (Bayern) und die Rückkehr von André Hahn nach einem völlig verkorksten Jahr in Hamburg. Dazu kommt mit dem 20jährigen Finnen Fredrik Jensen von Twente Enschede noch ein Talent, das in der holländischen Liga auf sich aufmerksam machte.

Wo gehen sie hin?

Dorthin, wo sie herkommen. Augsburg ist eine solide, eingespielte, gefestigte Bundesligamannschaft, gegen die insbesondere Borussia Mönchengladbach nicht gerne spielt. Für eine Entwicklung zur Überraschungsmannschaft der Saison – also den Ausreißer nach oben – fehlt ein wenig das Potential. Für einen Abstieg oder auch nur langanhaltenden Abstiegskampf müsste ziemlich viel schiefgehen. Deshalb spricht viel dafür, dass Augsburg erneut eine wenig auffällige Saison im unteren Mittelfeld der Tabelle verbringen wird: Platz 9-13.

UP